Gladbeck. Strikte Besuchsbeschränkungen gibt es auch in den Caritas-Seniorenheimen. Apotheken arbeiten „bis zum Anschlag“. Gaststätten drohen Verluste.

Von Gesundheit bis Gastronomie: Gladbecker Dienstleister kämpfen gegen die Ausbreitung des Coronavirus’. Mechtild Eckholt, Leiterin des Eduard-Michelis-Hauses, sitzt an diesem Wochenende persönlich an der Rezeption im Eingangsbereich „ihrer“ Einrichtung: „Ich will sehen, wer hier rein möchte“, sagt sie, denn auf der Website steht der eindeutige Hinweis, das Seniorenheim sei seit dem 13. 3. für ALLE geschlossen.

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„Das ist verantwortungsvoll und bringt Klarheit“, ist die Einrichtungsleiterin überzeugt, „und die haben wir dringend nötig, um den Menschen Orientierung zu geben.“ Am Freitag hatte sie zur Mitarbeiterversammlung gerufen, um die weiteren Schritte in der Bekämpfung des Coronavirus für die ihr anvertrauten Menschen und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu besprechen. Was dort noch im Konjunktiv formuliert wurde, war am gleichen Tag ab 14.30 Uhr schon Realität, nachdem Ministerpräsident Armin Laschet verkündet hatte, dass ab heute alle Schulen und Kindertagesstätten geschlossen bleiben.

Seniorenhaus will eigene Kinderbetreuung für die Mitarbeiter anbieten

Michelishaus-Chefin Mechtild Eckholt sitzt persönlich am Empfang im Eingangsbereich des Seniorenhauses, um Besucher abzuhalten. Hier ein Archivbild mit den Mitarbeiterinnen Michaela Knittel (li.) und Sandra Kuhlmann.
Michelishaus-Chefin Mechtild Eckholt sitzt persönlich am Empfang im Eingangsbereich des Seniorenhauses, um Besucher abzuhalten. Hier ein Archivbild mit den Mitarbeiterinnen Michaela Knittel (li.) und Sandra Kuhlmann. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

„Wir haben etliche Mitarbeiterinnen mit Kindern“, sagt Mechtild Eckholt, „aber warum sollten wir hier nicht eine Betreuung organisieren können?“ Die Idee dahinter: Eine Mitarbeiterin passt auf einige Kinder ihrer Kolleginnen auf, während diese ihren Dienst an den Bewohnern versehen, die besonders schutzbedürftig sind. „Außerdem haben wir die Küche hier und könnten so auch die Kinder versorgen“, lautet ihr pragmatischer Ansatz, der bereits von einigen Mitarbeiterinnen positiv aufgenommen worden sei, wie Eckholt berichtet.

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Im Eduard-Michelis-Haus kümmern sich 170 Kräfte um 120 Bewohner und elf Gäste in der Kurzzeitpflege. Eckholt betrachtet die jetzige Krisensituation auch als Bewährungsprobe: „Wenn wir solidarisch sind, kann das funktionieren.“ Auch die Angehörigen der Bewohner hätten viel Verständnis gezeigt, denen wolle sie ein „Dankeschön“ übermitteln, so die Einrichtungsleiterin.

Caritas sagt alle Freizeitangebote und Ausflüge für Senioren ab

Im Van-Acken-Haus der Caritas gelten Beschränkungen beim Besuch.
Im Van-Acken-Haus der Caritas gelten Beschränkungen beim Besuch. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Als „Krisenmanager“ sieht sich Rainer Knubben, Vorstand des Caritasverbandes Gladbeck. Er muss seine Augen überall haben, bei den betreuten Werkstätten liefe der Betrieb „mit Stand von heute“ (Freitag) unter Berücksichtigung der Hygienestandards „normal weiter“, aber die Situation ändere sich stündlich, so Knubben. „Wir müssen sowohl für die Sicherheit der uns anvertrauten Personen als auch unserer Mitarbeiter sorgen“.

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So habe man alle Freizeitangebote ausgesetzt und Ausflüge für Senioren abgesagt. Doch nach wie vor werde mit „Besonnenheit und Augenmaß“ vorgegangen. Am Samstag vermeldet er: „Der Regelbetrieb in unseren Seniorenheimen ist ausgesetzt. Laut Erlass des Ministeriums sollen Besuche eingeschränkt und auf eine Stunde und eine Person täglich begrenzt werden.“ Ähnlich geht auch das Elisabeth-Brune-Zentrum der AWO in Rentfort-Nord vor.

Apotheken im Stress – Gasthausbetriebe blicken sorgenvoll nach vorn

Das Gasthaus Alte Post hat schon viele Absagen.
Das Gasthaus Alte Post hat schon viele Absagen. © WAZ FotoPool | Oliver Mengedoht

„Wir arbeiten bis zum Anschlag“, sagt Dorothee Pradel von der Elefanten-Apotheke. Bisher haben sie ihr Desinfektionsmittel selbst hergestellt, jetzt geht es zur Neige. „Die Menschen sind sehr verunsichert, wenn sie in die Apotheke kommen“, hat Pradel festgestellt, „ aber wenn sie etwas ganz dringend wollen, dann lassen sie alle Vorsichtsmaßnahmen außer Acht, lehnen sich über den Verkaufstresen und wahren nicht den nötigen Abstand.“ Dies als Appell an die Kunden.

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Eine weitere Branche, bei der das soziale Miteinander im Mittelpunkt steht, ächzt: Die Gladbecker Gastronomie. Während Wolfgang Thesing vom Marktstübchen hofft, „dass sich das im Rahmen hält“, gibt es im Haus Wittringen böse Vorahnungen. „Alle Familienfeiern wurden abgesagt“, sagt Goran Kosevic. „Wir wollten die Fußball-EM feiern und ein Sommerfest, das ist alles vorbei. Ich fürchte, wir müssen Kurzarbeit anmelden.“ Er hoffe, bald etwas von Seiten der Stadt zu hören.

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Unsicherheit wächst

In vielen Betrieben und Behörden herrscht zunehmend Unsicherheit. Amtsgerichtsdirektor Bernd Wedig geht aber davon aus, dass auch in der neuen Woche alle Prozesstermine stattfinden können.

Stefan Schellewald, Chef des gleichnamigen Gartencenters, fürchtet, dass die Kunden wegbleiben, auch wenn alles bisher noch normal läuft. Er hat überall Schilder aufgestellt mit Hinweisen, möglichst nur mit der EC-Karte zu bezahlen und Abstand zu halten.

Gelassen reagiert Thomas Cramer, Chef des „Pflegedienst Hope“ in Gladbeck: „Ich sehe das nicht so dramatisch, wie es gemacht wird.“

Anela Numanovic, Pächter des Gasthauses Alte Post, sieht das ähnlich. Er hat rund 100 Absagen erhalten und das Hotel stehe leer. Das habe auch damit zu tun, dass seine Gastronomie sehr viel Platz für große Gesellschaften biete: „Das schreckt viele ab“, ist er überzeugt. Das Coronavirus trifft in erster Linie die Älteren und Schwächeren in unserer Gesellschaft. Hier ist Solidarität gefragt, aber auch die lokale Wirtschaft ist stark betroffen. Ein „Bleibt tapfer“ reicht da nicht aus.