Gladbeck. Katja Schierenberg macht in Gladbeck eine Ausbildung in Teilzeit. Sie hat zwei Kinder, ist alleinerziehend. Die Möglichkeit ist noch unbekannt.
Organisieren, das kann Katja Schierenberg besonders gut. Schließlich hat die 31-Jährige zwei Kinder, ist alleinerziehend. Da geht es gar nicht ohne Organisation. Und seit September ist die Bottroperin auch noch Auszubildende. In Teilzeit. Beim Gladbecker Pflege-, Betreuungs- und Hauswirtschaftsdienst Rapid mit dem Slogan „Käthe kommt“ macht sie eine Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement.
„Es gibt unwahrscheinlich viele Mütter, die keine Ausbildung haben und nicht wissen, dass sie die auch in Teilzeit machen können“, sagt Dunja Kawall, Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt bei der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen. Das war auch bei Katja Schierenberg so, die nach der Schule keine Ausbildung machte, bald zwei Kinder bekam und zuletzt in einem Sonnenstudio im Schichtdienst arbeitete. „Das war ein Brotjob.“ Doch die junge Frau strebte nach mehr.
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Viel zu oft seien Eltern mit Vorurteilen konfrontiert
Auch für Arbeitgeber biete die Ausbildung in Teilzeit Vorteile. Denn: Gerade Mütter und Väter brächten Schlüsselqualifikationen mit, die mehr und mehr an Bedeutung gewinnen würden. „Sie sind sehr interessiert, empathisch und stressresistent“, so Kawall. Viel zu oft seien Eltern mit Vorurteilen konfrontiert: Was ist, wenn das Kind krank wird? „Die Flexibilität ihres Einsatzes wird in Frage gestellt.“
Unternehmen mit 250 Mitarbeitern
Das Unternehmen Rapid wurde 2012 gegründet, hat sich seitdem erweitert und inzwischen 250 Mitarbeiter sowie Service-Büros in Bottrop, Marl, Gelsenkirchen, Duisburg und Mülheim. In Gladbeck ist die Hauptverwaltung. Um weitere Menschen ausbilden zu können, sucht das Unternehmen einen neuen Standort in Gladbeck.
„Wir haben immer Auszubildende genommen, die auf dem Arbeitsmarkt nicht allzu gute Chancen haben“, sagt Geschäftsführer Berthold Schmidt. Zum einen sehe er in diesen Menschen Potenzial, habe aber auch eine soziale Verantwortung.
Dabei hat Helga Grzanna, Verwaltungsleiterin bei Rapid, bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Dort ist Katja Schierenberg die zweite Auszubildende in Teilzeit. Die erste Auszubildende leitet heute den Bereich Betreuung und Hauswirtschaft. „Die Verlässlichkeit bei älteren Auszubildenden ist höher“, stellt Helga Grzanna einen der Vorteile heraus. Auch Katja Schierenberg weiß, dass sie übernommen wird, wenn sie alle Prüfungen besteht.
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Die junge Frau will auch ein Vorbild für ihre Kinder sein
Und danach sieht es im Moment ganz und gar aus. „Ich schreibe bislang nur Einsen und Zweien“, erzählt sie stolz. Da sie als junge Mutter nicht so viel Zeit zum Lernen hat wie etwa ihre Kollegen in der Berufsschulklasse versucht sie, die Inhalte direkt im Unterricht gut aufzusaugen.
Und auch auf der Arbeit hat sie schon Gelegenheit bekommen, die Theorie zu vertiefen. Zeitgleich will sie mit ihrem Engagement auch ein Vorbild für ihre Kinder sein. „Letztens stand mein Sohn Leon vor mir und sagte, wie stolz er auf mich ist.“ Solche Momente machen für die junge Frau alle Anstrengung wett. Denn die gibt es allemal. „An manchen Tagen könnte ich mir die Haare raufen.“
Der Beginn der Berufsschule ist eine Herausforderung
Seit dem Beginn ihrer Ausbildung muss sie noch mehr organisieren als ohnehin schon. Etwa die zwei Tage in der Woche, an denen die Berufsschule stattfindet. Beginn ist um 7.30 Uhr, die OGS ihrer Tochter aber beginnt erst um 7.45 Uhr. Für eine halbe Stunde bringt sie die Siebenjährige dann zu Freunden und Bekannten, weil sie sonst nicht pünktlich zum eigenen Unterricht käme. Das ist bisher nur einmal passiert. „Das war, als der große Sturm war.“
Ganz anders sei es hingegen bei ihren Klassenkameraden. „Ein Großteil der Klasse schafft es nicht, pünktlich zu kommen. Und die haben keine zwei Kinder zu versorgen. Sie nehmen es einfach nicht so ernst“, beobachtet Katja Schierenberg. „Das beweist auch wieder das große Organisationstalent von Müttern“, sagt Dunja Kawall.
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Hilfe bekam die Bottroperin von der Initiative RE/init
Über die Initiative RE/init, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschen bei der Entwicklung von beruflichen Perspektiven zu unterstützen, erfuhr Schierenberg von der Möglichkeit, eine Ausbildung in Teilzeit machen zu können. „Dieses Wissen kann Berufsbiografien verändern“, ist Kawall überzeugt. „Und mit der ersten Bewerbung bei Rapid hat es gleich geklappt“, freut sich Schierenberg noch immer.
30 Stunden in der Woche ist sie im Betrieb und in der Berufsschule. „Inzwischen ist es möglich, dass jeder eine Ausbildung in Teilzeit macht, bis vor kurzem konnten dass nur Menschen, die alleinerziehend sind oder einen Angehörigen pflegen“, sagt Angela Leimmecke, Jobcoach bei RE/init. Die Initiative unterstützt auch, wenn es etwa um Geld-Fragen geht. Unterstützung kann es für Auszubildende in Teilzeit in Form eines Kinderzuschlages oder auch der Berufsausbildungsbeihilfe geben.