Gladbeck / Kreis Recklinghausen. Michael Hübner geht für die SPD im Kreis Recklinghausen bei der Kommunalwahl ins Rennen. In Workshops wurden wichtige Wahlkampfthemen erarbeitet.
Die Delegiertenkonferenz des SPD Kreisverbandes Recklinghausen hat ihren Landratskandidaten in ungewöhnlicher Umgebung gewählt. Michael Hübner präsentierte sich vor dem Urnengang in der Kulisse einer Baustelle. Der Gladbecker erhielt 97 Prozent der Stimmen und geht damit für die Kommunalwahl ins Rennen. Mit dem Ziel, am 13. September Cay Süberkrüb als SPD-Landrat für den Kreis Recklinghausen nachzufolgen
Dass es dafür jetzt gilt, kräftig die Ärmel hochzukrempeln, um die Wähler in den zehn kreisangehörigen Kommunen zu überzeugen, wurde an der ungewöhnlichen Gestaltung des Tagungsortes deutlich. Das Team um Hübner hatte in einem Teil der Marler Vesthalle am Chemiepark Bauzäune aufgestellt. In den so geschaffenen vier Einzelbereichen leiteten Experten Workshops mit für Hübner zentralen Themen, deren Ergebnisse mit dem jetzt ersten Input der Genossen in das aufzustellende Wahlprogramm der Kreis-SPD einfließen.
Vier wichtige Themenfelder für den Wahlkampf benannt
Konkret ging es um die Themenfelder Kommunalfinanzen, mit u.a. dem Experten Frank Baranowski, Bürgermeister der Stadt Gelsenkirchen und Vorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik NRW; um Wirtschaft und Arbeit, mit Anke Strüber-Hummelt, Betriebsratsvorsitzende von Evonik in Marl; um Mobilität und die Verkehrswende, mit Ulrich Syberg dem Bundesvorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) sowie um den Bereich Pflege und Gesundheit, mit Claudius Hasenau, Geschäftsführer Ambulante Pflegedienste Gelsenkirchen.
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Mit den Impulsen der Experten erarbeiteten die Workshop-Teilnehmer drängende Fragen, Lösungsansätze und politische Herausforderungen für die vier Kernthemenfelder der Kommunalwahl. Mit folgenden Ergebnissen:
Kommunalfinanzen - Experte Baranowski unterstrich, dass alle kommunalen Handlungsspielräume der Politik vor Ort letztlich von den finanziellen Möglichkeiten abhängen. Die zur Verfügung stehenden Einnahmequellen, kommunaler Gebühren wie Grund- und Gewerbesteuer, könnten aber kaum weiter ausgereizt werden, um als Wohn- und Firmenstandort attraktiv zu bleiben. Viel zu wage sei auch, wenn der städtische Haushalt von der Gewerbesteuer einzelner großer Unternehmen abhinge. Denn würden durch Abwanderung oder eine Insolvenz plötzlich 50 Millionen Euro fehlen, „funktioniert der städtische Haushalt nicht mehr“. Anderseits hätten die Städte viele steigende Soziallasten zu schultern, etwa bei der Eingliederungshilfen, bei den Hilfen zur Erziehung oder der Unterbringung und Versorgung geflüchteter Menschen. Die Delegierten waren sich einig, dass Bund und Land hier nicht nach dem Gießkannenprinzip bezuschussen können, sondern die Städte durch eine strukturell neu gegliederte Finanzierung der Kommunen handlungsfähig erhalten müssen. Michael Hübner forderte zudem den Altschuldenschnitt mit einer Kappung von 50 Prozent, damit die Städte von den Zinsen ihrer aufgelaufenen Verbindlichkeiten nicht weiter erdrückt werden.
Kurzzeit- und Tagespflegeplätze fehlen im Kreis Recklinghausen
Gesundheit und Pflege - Claudius Hasenau merkte an, dass der demografische Wandel mit einer älter werdenden Gesellschaft die Politik der Zukunft weiter herausfordere. Michael Hübner stellte klar, dass es gelte, Pflegeberufe als attraktive Beschäftigung mit Aufstiegsmöglichkeiten aufzustellen und dies Berufsanfängern besser zu vermitteln. Um Fachpersonal zu erhalten, müssten in der Emscher-Lippe-Region aber auch die schulischen wie universitären Ausbildungskapazitäten ausgebaut werden. Land und Bund dürften die Kommunen zudem mit den Kosten für einkommensschwache, pflegebedürftige Menschen nicht alleine lassen. Auch die pflegenden Angehörigen gelte es zu entlasten, in dem mehr Einrichtungen mit Kurzzeit- und Tagespflegeplätzen im Kreis geschaffen werden. Hier will die SPD die kommunalen Pflegekonferenzen weiter stärken. Auch moderne Quartiersansätze, mit generationenübergreifenden Wohnformen, gelte es politisch zu fördern.
Mobilität - Ulrich Syberg insistierte, dass es für eine Verkehrswende und dem verstärkten Umstieg vom Privatauto auf das Rad oder in den Linienbus gelte, dafür die Infrastruktur zu schaffen. Hier sei die Kreispolitik „als Kümmerer“ gefordert, „damit der Linienverkehr nicht an der Stadtgrenze ausgedünnt wird“, sondern kreisweit und darüber hinaus gute Anbindungen bestehen,- was ebenso für den Ausbau des Radwegenetzes gelte. Für letzteres stünden 1,5 Milliarden Euro des Bundes bereit, die teils nicht abgegriffen würden, „weil Kommunen keinen Planer dafür haben“. Hier gelte es auch im Kreis stärker interkommunal zu denken, „und sich personell auszuhelfen und gegenseitig zu unterstützen“. Syberg mahnte, dass Fahrverbote durch zu hohe Abgaswerte weiter eine Thema für die Region bleiben: „Es liegt an uns Städten, das zu ändern, dass die Grenzwerte eingehalten werden.“
Die Menschen im Kreis sollen ein gutes Einkommen haben
Arbeit und Wirtschaft - Michael Hübner erklärte, dass es wichtige Aufgabe der Politik sei, sich weiter dafür stark zu machen, „dass die Menschen im Kreis eine gute Einkommenssituation haben“. Nach dem Ende des Bergbaus sorgten Chemieunternehmen mit ihren Standorten etwa in Marl, Gelsenkirchen oder Gladbeck für Arbeitsplätze. Dass BP und Ineos insgesamt drei Milliarden Euro investierten, sei auch klares Signal, dass die Unternehmen auf eine stabile Arbeitsplatzsituation und Infrastruktur an ihren Standorten Wert legen. Hier gute Bedingungen zu schaffen, daran müsse die Kreispolitik weiter mitwirken. Anke Strüber-Hummelt mahnte dazu, dass es gelte, Genehmigungsprozesse zum Ausbau von Industrieanlagen zu beschleunigen, - gerade im Konkurrenzkampf mit ausländischen Unternehmen, die da geringere Hürden hätten, etwa in China. Die Betriebsrätin forderte zudem, dass es für die Kommunalpolitik selbst gelte, bei Vergaben darauf zu achten, „dass tarifgebundene Arbeitgeber den Zuschlag erhalten“.
Vor der Wahl der Delegierten dankte Kandidat Hübner für das Engagement der Anwesenden. Er verwies auf den weiteren Fahrplan, dass es mit den Ergebnissen aus den Workshops nun bis zum 6. Juni gelte, das Wahlprogramm der Kreis-SPD zu erstellen. Und er warb darum, mit diesen Inhalten, Botschaften und „viel Lust“ dann in den Wahlkampf in den Kreisstädten zu gehen. In geheimer Wahl erhielt der Gladbecker von den 78 anwesenden Stimmberechtigten letztlich 76 Ja- und zwei Nein-Stimmen. Michael Hübner dankte unter anhaltendem Applaus der Genossen für das Vertrauen und die breite Unterstützung seiner Kandidatur als Landrat für den Kreis Recklinghausen.