Gladbeck. Hans-Christoph Pocha leitet seit 2013 das Ratsgymnasium. Ende Januar geht er in den Ruhestand. Mit der WAZ sprach er u.a. über seine Pläne.

Hans-Christoph Pocha, Leiter des Ratsgymnasiums, hat am kommenden Freitag seinen letzten Arbeitstag und geht in den Ruhestand. Die WAZ sprach mit dem 65-Jährigen über seine Pläne, Inklusion und seine Akzente, die er als Rektor setzen konnte.

Herr Pocha, freuen Sie sich auf den Ruhestand?

Ja, sicher. Ich habe meinen Beruf die ganzen Jahre über gerne gemacht. Aber nach so langer Zeit ist es jetzt gut. Ich freue mich auf die Zeit und bin froh, wenn morgens nicht mehr der Wecker klingelt. Ich habe mein Dienstalter erreicht, und Schulleiter zu sein, ist auch ein sehr anstrengender und fordernder Beruf.

Was haben Sie sich für den Ruhestand vorgenommen?

Voraussichtlich werde ich im Sommer für vier Wochen nach Indien gehen und dort in 3000 Meter Höhe im Himalaya in einer buddistischen Bildungseinrichtung Englisch-Lehrer ausbilden. Ich habe mich bei einer Organisation beworben, die Führungskräften im Ruhestand über solche Austausche anbietet, ihr Wissen weiterzugeben. Meine Tochter hatte von dieser Möglichkeit auf einer Reise in Asien erfahren und mir davon erzählt. Ich war gleich begeistert. Das ist allerdings noch nicht zu 100 Prozent in trockenen Tüchern. Neben diesem Projekt freue mich auf mehr Zeit für meine Familie und meine Rolle als Opa. Angst vor Langeweile habe ich jedenfalls nicht. Ich habe auch zu Hause einiges zu tun, Arbeitszimmer aufräumen, den Garten machen … Im Laufe der Zeit bleibt genug liegen.

Wenn Sie auf Ihre Zeit am Ratsgymnasium zurückblicken, welche Akzente haben Sie gesetzt?

Als ich hier 2007 ins Amt kam, haben wir begonnen, ein Leitbild zu entwickeln: Mut. Miteinander. Lernen. Diese drei Säulen sind als zentrale Orientierungspunkte daraus hervorgegangen. Das waren zunächst Ziele und Soll-Vorstellungen, über die Zeit haben sie aber Eingang ins Schulleben gefunden. Die Punkte haben wir auch als Werte dokumentiert und sind zum Beispiel an den Glastüren in unserem Gymnasium zu finden. Wir haben eine Corporate Identity geschaffen und mit einem Logo sowie einer neuen Homepage auch das Bild der Schule nach außen hin verändert. Inhaltlich habe ich eine stärkere Hinwendung zum Individuum umgesetzt und Begabungen etwa durch Teilnahmen an Akademien und Wettbewerben gefördert und stärker fokussiert. Zudem haben wir die Verwaltung digitalisiert, die Anmeldung zum Elternsprechtag geschieht längst online über eine von einem Schüler entwickelte App, es gibt einen professionellen Newsletter für Eltern. Ich habe viel in die technische Ausstattung gesteckt und dazu Drittmittel von Förderern und Unterstützern akquiriert.

Was waren die gravierendsten Veränderungen, die Sie erlebt haben?

Ein großes Thema war der Umstieg von G8 auf G9. Ich war nie gegen G8. Ich habe gedacht, dass es möglich ist. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass es die Lebensweise der Schüler so sehr verändern wird. Ich bin froh, dass mit der Rückkehr zu G9 jetzt Druck rausgenommen ist. Das führt zu Entspannung für alle Seiten: Schüler, Lehrer und Eltern.

Ein großes Thema war auch die Inklusion ...

Hans-Christoph Pocha mit dem Schullogo auf dem Schulhof des Ratsgymnasiums.
Hans-Christoph Pocha mit dem Schullogo auf dem Schulhof des Ratsgymnasiums. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Das Kollegium hat die Inklusion stets konstruktiv mitgetragen. Dass wir inklusive Schüler aufnehmen sollen, wurde von der Stadt und der Bezirksregierung auch immer mit unserer besonderen Sozialkompetenz begründet. Das hat sich bestätigt. Und wir sind stolz darauf, dass wir Lebenschancen für Förderschüler ermöglicht haben. Es war aber nicht immer leicht. Es war ein Spagat, allen Schülern gerecht zu werden. Es sind schließlich zwei unterschiedliche Bildungsgänge. Seitdem wir seit dem vergangenen Sommer keine Schüler mehr mit dem Förderbedarf Lernen annehmen, können wir uns wieder stärker darauf konzentrieren, unsere Schüler auf die Hochschulreife vorzubereiten.

Wie schauen Sie auf die Entwicklung der Schülerzahlen?

Wir sind über die Jahre ein kleines System geworden. Aber in sich stabil und mit Sicherheit für Schüler und Eltern in einer persönlichen Atmosphäre. Weniger Anmeldungen sind eine Sorge, die jeden Schulleiter umtreibt. Doch damit muss man umgehen und im Wettbewerb bestehen. Unter unseren Schülern haben wir sehr hohe Zufriedenheitswerte, wie wir in einer Umfrage herausgefunden haben. Dass die Anmeldezahlen nicht mehr so stabil waren, hängt auch damit zusammen, dass die potenziellen Übergänge ans Gymnasium weniger geworden sind. Auch die Konkurrenz der anderen Gymnasien ist über die Jahre stärker geworden. Drei Gymnasien für eine Größe dieser Stadt sind viel, es bietet aber für Eltern den Luxus der Auswahlmöglichkeit.

Was werden Sie in Ihrem Ruhestand am meisten vermissen?

Die menschlichen Kontakte. Gerade als Schulleiter kommt man mit so vielen Menschen zusammen – und das hält auch jung.

>>> Nachfolger-Frage ist ungeklärt

Wer Hans-Christoph Pocha als Schulleiter des Ratsgymnasiums an der Mittelstraße nachfolgen wird, steht noch nicht fest. „Über die Besetzung der Stelle soll zeitnah entschieden werden“, teilt Ulla Lüthkehermölle von der zuständigen Bezirksregierung Münster auf WAZ-Anfrage mit. Das werde allerdings nicht bis zum nächsten Start des neuen Halbjahres am 3. Februar sein. Die Vorschläge, insgesamt gibt es fünf Bewerber, befinden sich noch in der Anhörungsphase beim Schulträger und der Schulkonferenz. „Die Schulkonferenz hat kein Votum für einen der Kandidaten abgegeben“, sagt Pocha.

Am Ratsgymnasium ist seit dem Tod der bisherigen Stellvertreterin auch diese Stelle unbesetzt. „Anfang Januar ist die Bewerbungsfrist abgelaufen“, sagt Lüthkehermölle. Nun werden noch Beurteilungen angefordert, um eine Entscheidung treffen zu können. Damit das Gymnasium nicht komplett ohne Leitung ist, werde es eine kommissarische Schulleitung geben, so Lüthkehermölle. Wann und wer das sein wird, konnte die Bezirksregierung am Freitag noch nicht mitteilen.