Gladbeck. Der Arbeitskreis „Bildung für Neuzugewanderte“ hat geflüchtete Menschen nach Gladbeck eingeladen. Ziel: Ihnen Wege in den Job aufzuzeigen.
Zur speziellen Infoveranstaltung „Bildung in Deutschland – mein Weg, mein Job“ war jetzt eine besondere Gruppe Gladbecker Neubürger ins Foyer des Berufskollegs Gladbeck eingeladen. Konkret waren dies junge geflüchtete Menschen im Alter zwischen 15 und 27 Jahren, die in der letzten Zeit nach Gladbeck gekommen sind. Verschiedene Akteure des Arbeitskreises „Bildung für Neuzugewanderte – Arbeit, Beschäftigung, Ausbildung“ standen ihnen Rede und Antwort, um möglichst passgenaue Wege zur Integration in Arbeit aufzuzeigen.
„Denn der Zugang in unser Bildungssystem kann gerade Menschen, die hier nicht aufgewachsen sind, schon verwirren“, sagt Nadine Müller, Bildungsberaterin der Stadt Gladbeck. Der Großteil der jungen Zugewanderten sei hoch motiviert, wolle arbeiten, „hat den Wunsch etwas zu tun, anzukommen, zu verstehen und verstanden zu werden“. Frustrierend sei für sie, wenn zuvor dann aber, aufgrund der Anzahl der vielen Geflüchteten, erst einmal Zeit vergehe, bis etwa der Aufenthaltsstatus geklärt ist.
Eine Multiproblemlage durch viele Menschen mit unterschiedlichsten Bildungsniveaus
Für die Fachstellen im kommunalen Bildungs- und Jobsektor habe sich zudem eine Multiproblemlage ergeben, „da sie sich quasi von jetzt auf gleich mit vielen Menschen unterschiedlichsten Bildungsniveaus, vom Analphabeten bis zum Akademiker, konfrontiert sahen“. Bei diesem Klientel müssten dann die vorhandenen Kompetenzen geklärt, die Schul- oder Universitätsabschlüsse ermittelt sowie überprüft werden – „auch, inwieweit diese in Deutschland anerkannt werden“.
Organisatorin Nadine Müller ist Mitglied des Arbeitskreises „Bildung für Neuzugewanderte“, der die Infoveranstaltung veranstaltete, dem u. a. der Kreis Recklinghausen, das Jobcenter, die Arbeitsagentur, Handwerkerschaft, Caritasverband oder der Jugendmigrationsdienst der Diakonie angehören. Nach einem kurzen Impulsvortrag, was auf der Veranstaltung angeboten wird, absolvierten die rund 52 Teilnehmer in fünf Gruppen einen „Gallery Walk“. Sie wanderten zur groberen Orientierung von Stellwand-Station zu Stellwand-Station, auf denen Themenfelder zum Weg in die Arbeit umrissen waren wie Studium, Ausbildung, Frauen in Arbeit, Teilzeit- oder Helferjob.
Experten berichteten als Jobwegweiser Wissenswertes und beantworten Fragen
An jeder Station berichteten Experten als Jobwegweiser Wissenswertes und beantworteten Fragen. Etwa, dass für ein Studium an einer deutschen Hochschule ein C1-Sprachzertifikat, also fast Muttersprachenniveau, Voraussetzung ist. Dass das Beherrschen der deutschen Sprache eine Schlüsselqualifikation ist, wurde aber auch an der Ausbildungsstation deutlich. Für eine erfolgreiche Bewerbung sollten Kandidaten mindestens über B1, besser noch B2-Kenntnisse verfügen.
Fördermittel des Bundes
Experten zur kommunalen Koordinierung der Bildungsangebote für Neuzugewanderte im Kreis Recklinghausen werden über das Bundesbildungsministerium gefördert. Damit soll die Integration von geflüchteten Menschen unterstützt werden. Denn Bildung sei Voraussetzung dafür, „dass zugewanderte Menschen in der Zukunft eigene Beiträge für unser Land und unsere Gesellschaft leisten können“, so das Ministerium.
Hierbei komme den Kommunen eine maßgebliche Rolle zu. Gefördert werden Koordinatoren und Koordinatorinnen. Ihre Aufgabe ist die Koordinierung der relevanten Bildungsakteure auf kommunaler Ebene. Dadurch sollen für neu zugewanderte, geflüchtete Menschen die Zugänge zum Bildungssystem verbessert, Bildungsangebote aufeinander abgestimmt und datenbasiert gesteuert werden.
Dass viele Geflüchtete mit Hochdruck bereit sind, die Fremdsprache zu erlernen, belegten Teilnehmer wie Alla. Der 16-Jährige erzählt in erstaunlich gutem Deutsch, dass er erst vor gut einem Jahr „aus dem Irak geflohen“ ist. Jetzt sei es zunächst sein Ziel, „einen deutschen Schulabschluss zu machen“ und es am liebsten bis zum Abitur zu schaffen, „um studieren zu können“. Denn, so sagt er mit hoffnungsvollem Lächeln: „Elektro-Ingenieur zu werden, das ist mein Traum“. Hiba, ebenfalls 16, ist auch aus dem Irak geflohen. Sie möchte „gerne in einem Krankenhaus arbeiten“ und will „den Hauptschulabschluss schaffen“. Die Aufnahmeprüfung zu bestehen, sagt sie, „das ist aber ganz schön schwer“. Die deutsche Sprache schon recht gut zu sprechen ist halt etwas anderes, als sie auch noch in Schriftform zu beherrschen.
In Workshops konnten sich die Teilnehmern ausführlicher mit ihrem Job-Ziel befassen
Nach dem Gallery-Walk konnten die Teilnehmer 45-minütige Workshops besuchen, um sich mit dem für sie anvisierten Job-Ziel ausführlicher zu befassen. Um etwa zu erfahren, dass ein Helferjob zunächst dazu beitragen kann, um ins weitere Berufsleben hinein zu kommen und dass für Helfertätigkeiten zurzeit gute Aussichten in der Bau- oder der Reinigungsbranche bestehen. Die Teilnehmer sollten auch gegebenenfalls vorhandene Dokumente zu den im Ursprungsland erworbenen Schulabschlüssen oder Ausbildungen mitbringen. Die konnten dann wieder für Erstaunen bei den Job-Experten sorgen, wie ein vorgelegtes imposantes Diplom für den Friseurberuf. Jetzt müsse man sehen, in welchen Teilen das gegebenenfalls vom hiesigen Handwerk anerkannt werde.
Die Neubürger Alla und Hiba gaben der Veranstaltung abschließend eine gute Note. Die Informationen hätten ihnen weiter geholfen, „denn es ist für uns schwierig zu wissen, wo man hier genau hingehen muss, um das arbeiten zu können, was man möchte“.