Gladbeck. Leser protestieren, dass das Verbot, grünes Hinterland in Wohngebieten zu bebauen, wegfällt. Dies passe nicht zum ausgerufenen Klimanotstand.
Die Lockerung der Bebauung von grünen Hinterlandgrundstücken in geschlossenen Gladbecker Wohngebieten führt zu einigem Unverständnis bei Bürgern. Auch die betroffenen Anwohner an Voß- und Lange Straße hatten im Gespräch mit der WAZ dazu den von der Stadt ausgerufenen Klimanotstand angemerkt. Wie das denn damit zusammenpasse, „dass jetzt die Versiegelung von Grünland in dichter Wohnbebauung vorangetrieben werde?“, fragten sie.
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Denn mit der neuen Haltung des Bauamtes werde begünstigt, „dass klimaausgleichende Flächen verschwinden“, so Protestführer Bernd Weber. Auf dem Baugrundstück in ihrem grünen ‘Innenhof’ seien bereits „acht große Bäume gefällt worden“, die über Jahrzehnte Schatten gespendet, Kohlendioxid gebunden und Sauerstoff produziert hätten.
Mehr als 250 Bäume haben den zweiten Hitzesommer nicht überstanden
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Diese Kritik greift auch Leser Wolfgang Magath auf WAZ.de auf: „Derart verdichten in einer erklärten Klimanotstand-Stadt? Wir können doch nicht nur auf grüne Baum-Alleen stolz sein und diese in den Vordergrund stellen. (Kranke) Bäume mussten auf Grund von Klimawandel und erlebten vergangenen Hitze-Sommern schon genug gefällt werden. Leider haben mehr als️ 250 Bäume den zweiten Hitzesommer in Folge nicht überstanden. Ein ZBG-Experte appelliert an die Bürger zu helfen. Und was macht diese Gladbecker-Politik: sie verdichtet!“ Unverständnis äußert auch eine weitere Leserin auf WAZ.de: „Klimanotstand ist nur eine Worthülse. Nachdem die City mit Pflaster versiegelt wurde, werden jetzt die Grünflächen vernichtet. Besser kann die Stadtverwaltung von Gladbeck ihre Inkompetenz in Bezug auf den Klimanotstand nicht beweisen.“
Grünen wollen über das Thema im Planungsausschuss sprechen
Grünen-Fraktionsvorsitzende Simone Steffens versucht, das Thema Hinterlandbebauung zu versachlichen. Grundsätzlich müsse man sich fragen, „ob es besser ist, Baulücken in der Innenstadt zu schließen oder neue Flächen am Rand der Stadt zu bebauen und damit zu versiegeln.“ Denn viele Bauflächen stünden in der Stadt nicht mehr zur Verfügung. Optimal wäre die Bebauung in die Höhe, „allerdings wollen die meisten Menschen auch ein Einfamilienhaus.“
Die Grünen fordern daher, dass die Politik das Thema im Stadtplanungsausschuss im März diskutiert und die bestmögliche Regelung findet, um die Flächen zu nutzen. Steffens: „Dabei darf auch das Kleinklima in der Stadt nicht vergessen werden, wo es im Sommer in Zukunft immer heißer werden wird. Bebauung muss auf jeden Fall im Sinne des ausgerufenen Klimanotstandes und zur Zufriedenheit der Bürger optimiert werden.“
Sandy Glavač macht die Entwicklung traurig. Sie schreibt auf der Facebook-Seite der WAZ Gladbeck: „Es war genau dieses viele Grün, das ich so mochte. Wir sind, als ich in der vierten Klasse war, von Gelsenkirchen nach Alt-Rentfort gezogen. Wir Nachbarskinder waren den ganzen Tag in Wäldern und Feldern, haben versucht, uns Hütten zu bauen, es war eine schöne Zeit. Leider wird alles nur noch zugebaut. (...) Warum dann nicht endlich Druck auf Schandflecken ausüben, anstatt aus einem netten, kleinen grünen Städtchen einen Betonklotz zu machen?“ Letzteres schlägt auch Facebook-Nutzerin Jessica Jordan vor: „Anstatt die Grünstreifen und Grünflächen, die ein wenig Abkühlung an den heißen Tagen zwischen den Häusern gebracht haben, zuzubetonieren.“
Wie passt das Vorhaben mit dem Ziel zusammen, Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen?
Ein weiterer Nutzer fragt, wie das Vorhaben denn mit dem Ziel zusammenpasse, „Klimaneutralität bis 2050 in Gladbeck zu erreichen? Wenn die grünen Innenbereiche auch noch zugebaut werden, mögen vielleicht die Werte dieser Flächen steigen, aber die Wohnqualität auf allen umliegenden Grundstücken nimmt doch drastisch ab.“