Gladbeck. Einige ambulante Pflegedienste in Gladbeck können keine neuen Patienten aufnehmen. Es fehlt Fachpersonal. Das hat Konsequenzen für die Kunden.

Der Personalmangel in der häuslichen Pflege ist so groß, dass einige Pflegedienste in Gladbeck von enormen Schwierigkeiten betroffen sind. „Es ist bereits vorgekommen, dass wir Versorgungen im hauswirtschaftlichen Bereich absagen mussten“, sagt Stefan Horn. Er betreibt zwei Pflegedienste, einen in Gladbeck und einen in Dorsten. Die Ambulante Kranken- und Altenpflege Curita kann keine neuen Kunden aufnehmen. „Wir haben einen Aufnahmestopp“, so Carsten Lach, stellvertretender Pflegedienstleiter, auf WAZ-Anfrage.

Angehörige, die bei Curita anfragen und eine Absage bekommen, seien oftmals verzweifelt. „Vor allem, wenn es der siebte Pflegedienst ist, den sie anrufen“, weiß Lach. Aber auch von Krankenhäusern und anderen Pflegediensten bekomme er Anfragen, die er regelmäßig ablehnen müsse.

Mehr Patienten könnten locker aufgenommen werden – wenn denn Personal da wäre

Der Grund: „Fachpersonal zu bekommen, ist im Moment schier unmöglich.“ Fast jede Woche schalte Curita auf der Suche nach Mitarbeitern Annoncen. „Auf zehn Stellenausschreibungen meldet sich vielleicht ein Bewerber. Früher bewarben sich zehn Menschen auf eine Anzeige.“ Die Nachfrage nach ambulanter Pflege sei so groß, dass Curita rund 60 Patienten zusätzlich aufnehmen könnte, schätzt Lach. Wenn denn nur genügend Personal auf dem Markt wäre.

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„Der Markt ist leer“, sagt aber Stefan Horn, dessen Mitarbeiter allein in Gladbeck rund 270 Patienten versorgen. Zudem stelle er auch einen Konkurrenzkampf verschiedener Anbieter um geeignetes Personal fest. „Im vergangenen Jahr mussten wir auf Mitarbeiter einer Zeitarbeiterfirma zurückgreifen, da wir sonst die Versorgung unserer Kunden nicht hätten sicherstellen können“, so der Inhaber des gleichnamigen Pflegedienstes. Für die Zukunft sieht Stefan Horn nicht, dass sich die Situation entspannen wird. „Es gibt zu viele Menschen, die versorgt werden müssen.“ „Die Bevölkerung wird immer älter, daher wird auch der Bedarf immer größer“, unterstreicht Lach.

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Der Personalmangel hat Konsequenzen für die Kunden

Auch er ist mit der Situation unzufrieden. „Man kann den Patienten nicht mehr gerecht werden.“ Das hat Nadine Hutzel, Pflegedienstleitung bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo), ebenfalls erlebt. Auch wenn die Awo derzeit „zum Glück“ kein Personalproblem mehr habe, kann sich Nadine Hutzel gut an die Zeiten vor rund eineinhalb Jahren erinnern. „Da mussten wir viele Touren zusammenlegen, da es sonst nicht zu stemmen war.“ Mit Konsequenzen für die Kunden: Statt morgens um halb acht, konnte der eine oder andere erst um zehn Uhr versorgt werden. „Das ist nicht angenehm für die Patienten, wenn sie so lange warten müssen, bis sie am Morgen geduscht werden.“ Inzwischen kann die Awo wieder neue Kunden aufnehmen.

Wandel in der Arbeitsmoral

Stefan Horn, Inhaber des gleichnamigen Pflegedienstes, bemängelt einen Wandel in der Arbeitsmoral. „Früher haben die Menschen den Beruf aus Berufung gemacht. Heute erlebe ich oft, dass viele nicht mehr am Wochenende oder im Schichtdienst arbeiten wollen; und wenn um 13 Uhr Feierabend ist, ist um 13 Uhr Feierabend.“

Auf der Suche nach geeigneten Bewerbern gelte es einiges zu beachten. Denn: „Nicht jeder kann Pflege. Es muss auch passen, ich stelle nicht jeden ein.“

Termine abzusagen, konnte auch die Caritas bisher zwar vermeiden, aber: „Wir sind auf die Flexibilität der Mitarbeiter angewiesen“, sagt Lars Brinkbäumer. Derzeit ist er Einrichtungsleiter des Johannes-van-Acken-Hauses und des St.-Alfried-Hauses, hatte zeitweise aber die ambulante Pflegedienstleitung inne. Die Mitarbeiter in der ambulanten Pflege leisten da auch schon mal die eine oder andere Doppelschicht. Morgens und abends stehen dann kurze Touren an. „Natürlich unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen“, betont Brinkbäumer.

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Es gibt mehrere Gründe für den Personalmangel

Einen Grund, warum es immer weniger Fachkräfte gebe, sieht Carsten Lach darin, dass noch vor rund 20 Jahren fast jedes Krankenhaus in der Region eine eigene Pflegeschule gehabt habe, heute gebe es eine zentrale Krankenpflegeschule in Gelsenkirchen-Ückendorf. „Dort werden maximal 50 Menschen pro Jahr ausgebildet, das sind für Gladbeck, Bottrop und Gelsenkirchen rund 200 Frauen und Männer weniger als noch vor einigen Jahren“, berichtet Carsten Lach.

Brinkbäumer sieht es ähnlich: „In den vergangenen Jahren wurden zu wenige Menschen ausgebildet.“ Zudem sei der Ruf der Branche schlecht. „Die Arbeitsbedingungen werden oft in einem falschen Licht dargestellt.“ Hinzu komme: „Viele, die sich für den Pflegeberuf entschieden haben, bleiben nicht am Kunden, sondern studieren etwa Pflegewissenschaften, um dann in die Forschung zu gehen“, sagt Nadine Hutzel.