Gladbeck / Recklinghausen. Landratswahl: Michael Hübner wurde auf dem SPD-Kreisverbandsparteitag einstimmig nominiert. Der Gladbecker (46) benannte seine Wahlkampfthemen.

Michael Hübner hat die wichtigste interne Hürde mit Bravour genommen: Die SPD-Basis im Kreis Recklinghausen nominierte den 46-Jährigen Gladbecker einstimmig als ihren Kandidaten für das Rennen um den Posten des Landrates für den Kreis Recklinghausen.

Der erste Weg nach der Nominierung: Michael Hübner überreicht seiner Frau Jessica mit einem Kuss den Blumenstrauß, den er soeben auf der Bühne zur Gratulation erhalten hat.
Der erste Weg nach der Nominierung: Michael Hübner überreicht seiner Frau Jessica mit einem Kuss den Blumenstrauß, den er soeben auf der Bühne zur Gratulation erhalten hat. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Von 179 Stimmberechtigten aus den SPD-Stadtverbänden im Kreis und dem Kreisverbandsvorstand waren am Samstagvormittag 148 zum Parteitag in das Bürgerhaus Süd nach Recklinghausen gekommen. Und alle hielten bei der Akklamation ihre grüne Stimmkarte deutlich in die Höhe. Keine Gegenstimme, keinerlei Enthaltung. „Mit dieser 100-prozentigen Zustimmung habe ich trotz aller Zuversicht nicht gerechnet“, zeigte sich Hübner danach gegenüber der WAZ überwältigt.

Der nominierte Landratskandidat holt sich zunächst einen Kuss von Ehefrau Jessica ab

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Nachdem ihm Kreisverbandsvorsitzender Frank Schwabe mit einem Blumenstrauß beglückwünscht hatte und Hübner den anhaltenden Applaus, die Bravorufe und Standing Ovations der Kreis-Genossen nach einer Minute mit dem Gang von der Bühne beendete, hatt er zunächst ein Ziel: Ehefrau Jessica zu umarmen, zu küssen und ihr die Blumen zu übergeben. Sie war mitsamt der Kinder Paul und Malu zur Wahl gekommen. Damit unterstrich Hübner, was er zuvor auf der Bühne gesagt hatte, dass er Familienmensch sei und er viele Dinge nur machen könne, „weil meine Frau so fest hinter mir steht“.

Der Wahl war Hübners Bewerbungsrede vorausgegangen, in der der Landtagsabgeordnete und Fraktionschef der Gladbecker SPD seine Wahlkampfthemen benannte. Er sehe den Kreis Recklinghausen „als eine Region der Chancen und Potenziale“. Er wolle dafür kämpfen, „dass Geld in unsere Schulen oder den öffentlichen Nahverkehr gesteckt wird“, und darum, „Arbeitsplätze in einer neuen, grünen wie nachhaltigen Industrie zu schaffen und um für bessere Bedingungen in Krankenhäusern und Pflegeheimen, auch der dort Beschäftigten, zu sorgen“.

Fürsprecher des Kreises, der mutig die Region gestalten und nach vorne bringen will

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Nich alles lasse sich vor Ort lösen, dafür brauche es Unterstützung von Land und Bund und dafür wolle er als Fürsprecher des Kreises streiten. Als jemand, „der mutig diese Region gestalten und nach vorne bringen will“. Bei allen Notwendigkeiten der Veränderung wolle er auf das aufbauen und fortsetzen, was seine sozialdemokratischen Vorgänger geleistet haben, so Hübner. Er verstehe sich als Landrat auch als Dienstleister für die Städte, „der die Unterstützung und Vernetzung im und über den Kreis hinaus organisiert“. Er wolle aber auch auf dem Boden sozialdemokratischer Werte „regieren, entscheiden und umsetzen“.

Vor seiner Nominierung diskutierte Michael Hübner angeregt mit seinen Gästen, um Impulse für den anstehenden Wahlkampf zu setzen.
Vor seiner Nominierung diskutierte Michael Hübner angeregt mit seinen Gästen, um Impulse für den anstehenden Wahlkampf zu setzen. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Vor seiner Rede hatte der Kandidat eine Podiumsdiskussion mit Gästen aus Verbänden, Gewerkschaft und Industrie initiiert, „um Impulse für die Politik von morgen zu erhalten“. Konkret waren dies Nina Frense, Gladbecks ehemalige Kultur- und Ordnungsdezernentin sowie jetzige Beigeordnete im Regionalverband Ruhr; Gewerkschafter und langjähriger Geschäftsführer Josef Hülsdünker (DGB); Martin Murrack, Stadtdirektor der Stadt Duisburg und einstiger Büroleiter von Ex-Finanzminister und aktuellem SPD-Bundsesvorsitzendem Norbert Walter-Borjans sowie Anke Strüber-Hummelt, Betriebsrätin und Aufsichtsratmitglied der Evonik Industries AG.

Ein Nahverkehrsplan mit einheitlichen Tarifstrukturen für die Fahrgäste im Kreis

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Frense sprach das Mobilitätskonzept für den Kreis an. Sie wolle sich beim Nahverkehrsplan für einheitliche Tarifstrukturen einsetzen und dafür, dass ein besserer Anschluss der Mittelstädte in der Region an die Schiene erfolgt. Michael Hübner ergänzte, dass es wichtig sei „den Öffentlichen Personennahverkehr weiter auszubauen“. Hierzu sei es von Vorteil, die Vestische als eigenen Verkehrsbetrieb in der Region zu haben, die sich gegen private Mitbewerber durchsetzen konnte, um den ÖPNV in den kommenden zehn Jahre weiter zu bedienen, so dass auch Arbeitsplätze vor Ort gesichert seien.

Anke Strüber-Hummelt plädierte für eine Novellierung des Betriebsverfassungsgesetzes, wobei die Digitalisierung mit aufzunehmen sei. Zudem sei es ihr wichtig, „darauf zu achten, dass wir nachhaltig produzieren“. Sie setze sich für industrielle Arbeitsplätze ein, „diese müssen aber auch sozialverträglich gestaltet sein“. Hübner sagte den Arbeitgebern der Region politische Unterstützung zu. Es gelte den Kreis auch „als die Wasserstoff Region“ zu stärken und das Gewerbegebiet Newpark als Greenpark zu denken, etwa, um dort Solarzellenproduktion anzusiedeln.

Altschuldenschnitt, damit die überschuldeten Städte wieder Handlungsspielraum erhalten

In der Region geboren und aufgewachsen

Am 30. April 1973 wurde Michael Hübner in Kirchhellen geboren. Er ist in Gladbeck aufgewachsen, wo er 1992 das Abitur absolvierte, um dann sein Studium (Politik, öffentliches Recht, Geschichte) in Duisburg abzuschließen. Von 2009 bis 2015 war Hübner Geschäftsführer eines pharmazeutischen Herstellungsbetriebes in Castrop-Rauxel (Steinweg Medical).

In die SPD trat Hübner 1993 ein. Er ist seit 2000 Vorsitzender des Ortsvereins Gladbeck-Butendorf, seit 2004 Stadtrat und Fraktionsvorsitzender der SPD. Seit 2010 wurde der Gladbecker drei Mal in den Landtag gewählt (Schwerpunkte Haushalt und Finanzen, Europa und Medien sowie Wirtschaft, Mittelstand und Energie). 2015 bestimmte ihn die SPD-Landtagsfraktion zum stellv. Vorsitzenden

Martin Murrack kritisierte die über Bundesgesetze zu tragenden finanziellen Lasten für Kreise und Kommunen. Es brauche einen Altschuldenschnitt, damit die überschuldeten Städte wieder mehr Handlungsspielraum erhalten. Michael Hübner forderte dazu auch eine gerechtere Steuerpolitik. Josef Hülsdünker appellierte für einen wieder engeren Schulterschluss zwischen Gewerkschaften und Sozialdemokraten. Dies sei ein „Erfolgsgarant im Wahlkampf“ auch gegen rechte Parteien. Michael Hübner unterstrich, dass es für ihn klar sei und er dafür auch als Landrat einstehen werde, „dass wir die Partei der Arbeit sind und dass wir uns darum kümmern“.

Kreisverbandsvorsitzender Frank Schwabe wies darauf hin, dass die Kreis-SPD „mit den Impulsen von heute“ im Februar weiterarbeiten wolle, um im Mai 2020 dann den Inhalt des Wahlprogramms auf Kreisebene zu verabschieden. Am 29. Februar folgt noch der formale Wahlakt der SPD-Delegierten, um dann den Landratskandidaten Hübner an den Wahlleiter weiter zu melden.