Gladbeck. Im Rathaus-Café wird fürs Weihnachtsgeschäft gebacken. Die Konditormeisterin lässt sich über die Schulter schauen - sie verrät aber nicht alles.
Konditormeister Heiner Schwarte und seine Mitarbeiter sind im Stress. Neben dem normalen Geschäft läuft seit Anfang Oktober die Produktion für das Weihnachtsgebäck. Spekulatius, Marzipankartoffeln, Lebkuchen Printen, Knusperhäuschen und diverse Stollen sind in den zurückliegenden Wochen in der Backstube entstanden. Erst am Vortag ging das letzte Päckchen mit Zimtsternen im Rathaus-Café Schwarte am Willy-Brandt-Platz über die Ladentheke.
Die Teigmasse für die Zimtsterne von Schwarte muss einen Tag ruhen
Nun werden die Sterne noch einmal nachproduziert. Gegen zehn Uhr morgens ist Konditormeisterin Ria Jungblut in ihrem Element. Jeder Handgriff sitzt.
Die Teigmasse für die Sterne hat einen Tag lang geruht und ist durchgekühlt. Nun müssen zügig die nächsten Produktionsschritte erfolgen. Die Teigmasse kann sich nämlich durch die Umgebungstemperatur in der Backstube erwärmen und wird daraufhin wieder weich. Dann lassen sich die Sterne nur schwer ausstechen. Jungblut verstreicht mit einer Winkelpalette aus Edelmetall gleichmäßig die Eiweiß-Zucker-Glasur auf der hellbraunen Masse. Und das, ohne die Gleichmäßigkeit zu prüfen. Im Laufe der (Berufs-)Jahre hat sie ein Gefühl dafür entwickelt.
Bei dem Anblick, wie sich die beiden Schichten miteinander verbinden, kann einem Genießer von Weihnachtsgebäck schon mal das Wasser im Mund zusammenlaufen. „Das Rezept für die Zimtsterne bleibt ein Betriebsgeheimnis“, sagt Heiner Schwarte lächelnd. Nur die Zutaten gibt er preis: Die Teigmasse besteht unter anderem aus Mandelgrieß, Kakaopulver, Vanille, Gewürzen und, wie der Name schon verrät, natürlich Zimt. Die Hauptzutat ist Marzipan-Rohmasse.
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Hierfür verwendet Schwarte nur beste und hochwertige Qualität: Lübecker Marzipan. „Durch den hohen Anteil an Marzipan bleiben die Zimtsterne lange saftig“, sagt er. Nachdem die weiße Glasur aufgetragen ist, sticht Ria Jungblut Stern für Stern aus der Teigmasse heraus und legt das Gebäck auf einem Backblech mit Backpapier ab. Der Ausstecher wird von ihr nach jedem Stich in eine Schale, die mit Wasser gefüllt ist, getaucht, damit der Teig nicht kleben bleibt.
In der Backstube vom Rathaus-Café Schwerte ist alles Handarbeit
In der Backstube des traditionsreichen Rathaus-Cafés gibt es keine Fließbandarbeit. Eher das Gegenteil ist der Fall. „Das ist alles sehr aufwändig, eben echte Handarbeit“, sagt der 60-Jährige Konditormeister.
Just in dem Moment passiert das kleine Unglück. Der Ausstecher, der über Jahrzehnte hinweg so treue Dienste geleistet hat, geht kaputt. Eine der beiden Metallklemmen ist abgebrochen. Eigentlich soll die praktische Klappfunktion die leichte Entnahme der ausgestochenen Zimtsterne garantieren. Nun hält Schwarte eine der Klappen in der Hand. Aber ein erfahrener Konditor hat eben nicht nur einen Ausstecher für Zimtsterne zur Hand.
Allerdings seufzt Schwarte ein wenig, als er das kaputte Exemplar mit dessen Nachfolger vergleicht. „Die Neuen kommen alle aus China, das ist alles keine Qualität mehr“, sagt er und nimmt das Werkzeug aus dem Reich der Mitte genauer in Augenschein. „Nur ein paar Mal benutzt und schon verbogen.“ Es sei heutzutage schwer, vernünftiges Werkzeug zu finden. „Es gibt noch Ausstecher aus Kunststoff, aber das ist der größte Schrott“, sagt er. Er hofft deshalb, dass die abgebrochene Klappe wieder angeschweißt oder gelötet werden kann. Nur für den heutigen Produktionstag kann das Werkzeug leider nicht mehr verwendet werden. Also greift die Konditormeisterin stattdessen zur chinesischen Variante.
Der klassische Zimtstern ist oben weiß
Als das Backblech mit Zimtsternen belegt ist, folgt der nächste Schritt.
Die Arbeit in der Backstube
Der Produktionsplan in der Backstube von Schwarte ist eng getaktet: Nun werden zum Nikolausfest die Stutenkerle hergestellt. Danach gibt es kaum Verschnaufpausen für die Mitarbeiter.
Ungefähr eine Woche vor Heiligabend werden Baumkuchen frisch produziert. Schon Ende Januar/ Anfang Februar startet dann schon die Herstellung für das Geschäft zu Ostern.
Das Gebäck wird im Ofen „mit einer leichten Unterhitze“, wie Schwarte betont, bei Temperaturen um die 120 Grad circa 20 Minuten gebacken. Aber ohne Oberhitze, denn ansonsten würde die helle Glasur braun werden. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern entspricht optisch auch nicht dem Original. „Der klassische Zimtstern ist oben weiß“, so Heiner Schwarte. Anschließend holt er das Blech aus dem Ofen und lässt die Sterne auf einer Arbeitsfläche auskühlen. Danach landen die Stücke, natürlich wieder alles von Hand, in den einzelnen Päckchen.