Gladbeck. Das Amtsgericht Gladbeck verurteilt einen Asylbewerber (28). Er hatte mit mehreren EC-Karten Einkäufe bezahlt, obwohl die Konten ungedeckt waren.
Naivität? Oder doch eine gehörige Portion kriminelle Energie? Vor dieser nicht ganz leichten Entscheidung stand jetzt das Schöffengericht am Amtsgericht Gladbeck beim Verfahren gegen einen 28-Jährigen gebürtigen Mazedonier. Angeklagt war der Mann, der 2013 nach Deutschland kam und jetzt in Wuppertal wohnt, des gewerbsmäßigen Betrugs in 28 Fällen.
Im Tatzeitraum, zwischen März 2013 und April 2014, lebte der Asylbewerber unter anderem in einer Sammelunterkunft in Gladbeck. Hier und in anderen Städten ging er immer mal wieder auf Einkaufstour, bezahlte die Ware, in den meisten Fällen Kleidungsstücke, mit EC-Karten, obwohl seine Konten nicht gedeckt waren. In den Einzelfällen handelte es um relativ geringe Beträge, am Ende aber summierte sich der Schaden auf rund 2500 Euro Euro.
Der Angeklagte besaß EC-Karten von mehreren Geldinstituten
Seine Erklärung überraschte – bis auf seinen Verteidiger – alle Prozessbeteiligten. Ein Bekannter in der Notunterkunft habe ihm erzählt, bei den Banken gebe es Karten, mit denen man einkaufen könne. Er habe sich eine solche Karte besorgt und sei damit shoppen gegangen. Wenn eine Karte nicht mehr funktionierte, besorgte er sich eine andere. Insgesamt hatte der Vater zweier kleiner Kinder am Ende vier „Shoppingkarten“ – von der Volksbank Ruhr Mitte, der Sparkasse Gladbeck, der Postbank und der Commerzbank – in der Tasche. „So etwas kannte ich aus Mazedonien nicht.“
„Aber auch in Mazedonien muss man doch bezahlen, wenn man etwas kauft“, hielt ihm der Staatsanwalt entgegen. Die Erklärung des Angeklagten: „Da haben wir bar bezahlt, und wenn man keine Geld hatte, eben später. Man kannte sich.“ „Was haben Sie denn gedacht, wie das mit den Karten hier funktioniert?“, wollte der Staatsanwalt wissen. Antwort: „Ich dachte, dass ich Geld auf dem Konto hätte, von der Stadt oder so. Die anderen Asylbewerber haben doch auch mit den Karten bezahlt.“ Dennoch bedauere er, „dass es sich so entwickelt hat“, beteuerte der Mann. Die geschädigten Firmen müssten ihn doch angeschrieben haben, meinte eine Schöffin. Auch dazu eine „plausible“ Erklärung: „Ich kann nicht lesen.“
Der Verteidiger warb um Verständnis für seinen Mandanten: „Er war sicher geschäftsunerfahren.“
Sein Verteidiger warb um Verständnis für seinen Mandanten: „Er war er ganz kurz in Deutschland, hatte keine Ahnung, wie das hier funktioniert und sich von anderen Leuten in der Unterkunft etwas erzählen lassen. Das mag sehr naiv und eine Dummheit gewesen sein, aber er hat nach meiner Überzeugung nicht mit dem Vorsatz gehandelt, jemanden zu betrügen.“
Das Schöffengericht sah es eher wie der Staatsanwalt: „Er war sicher geschäftsunerfahren“, räumte der Vorsitzende Richter Markus Bley in der Urteilsbegründung ein. „Dass man Waren bezahlt, musste er aber trotzdem wissen, und im Zweifel hätte er eben nachfragen müssen.“
Das Gericht folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft: ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung
Auch mit seinem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Es verurteilte den 28-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten, die für zwei Jahre zur Bewährung ausgesetzt wurde. Eine Bewährungsauflage: 200 Stunden gemeinnützige Arbeit, die er allerdings nicht leisten muss, wenn sie der noch ausstehenden Arbeitserlaubnis entgegenstehen sollten. Denn arbeiten möchte der 28-Jährige, der mit seiner Frau und den beiden Kindern nach eigenen Angaben von 1000 Euro im Monat lebt, unbedingt – auch „um den Schaden wieder gutzumachen“, wie er versicherte.