Gladbeck. Bedürftige Gehbehinderte aus Marrakesch erhalten einen gebrauchten Rollstuhl oder Rollator. Junge Männer werden vor Ort beruflich qualifiziert.

Während die große Politik über die Bekämpfung von Fluchtursachen in den Herkunftsländern (immer noch) diskutiert, ist die Gladbeckerin Lis Hühnerbach mit viel privatem Engagement schon weiter. Die Marokko-Liebhaberin hatte im Vorjahr das Projekt „Miteinander in Marokko“, kurz „Mit-i-Ma“, gegründet. Mit dem Ziel, einerseits bedürftige Menschen in Marrakesch mit medizinischen Hilfsmitteln zu versorgen und andererseits, um junge, arbeitslose Marokkaner beruflich zu qualifizieren. Jetzt erwartet sie sehnlichst die Ankunft des ersten Großcontainers, mit gespendeten gebrauchten Rollatoren und Rollstühlen aus Gladbeck, damit das Projekt endlich praktisch anlaufen kann.

 Erwarten in Marrakesch die erste Hilfslieferung (v.l.): Die Praktikanten Abdelhaq, Mohamed, Rabie (Anleiter), Othman und Anass.
 Erwarten in Marrakesch die erste Hilfslieferung (v.l.): Die Praktikanten Abdelhaq, Mohamed, Rabie (Anleiter), Othman und Anass. © Mit-i-Ma | Hühnerbach

„Diesen Mittwoch oder Donnerstag müsste der Container ankommen“, so die Gladbeckerin am Telefon, die jetzt den Großteil des Jahres in Marokko ist, um „Mit-i-Ma“ vor Ort zu koordinieren. Die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau, die sich zuvor lange in der evangelischen Flüchtlingshilfe in Gladbeck engagierte, berichtet, wie sie es wieder Mal zu schätzen gelernt hat, dass viele hohe Hürden durch die Hilfe ehrenamtlicher Unterstützer genommen werden konnten. Denn eigentlich waren genügend Hilfsmittel durch private Spenden und von Institutionen wie der Awo, Diakonie und Seniorenheimen wie Cura oder Luisenhof, bereits im September 2018 gesammelt, um auf die Reise Richtung Nordafrika zu gehen.

Die Bürokratie in Marokko ist sehr umfangreich und langwierig

„Die Bürokratie hier in Marokko ist aber sehr umfangreich und langwierig, was für die Geduld zeitweise eine Herausforderung bedeutet“, so Lis Hühnerbach. Aber durch die Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit, das Entgegenkommen und die Aufgeschlossenheit der Menschen, „ob von Mitarbeitern in unterschiedlichen Ämtern, den Nachbarn um die Ecke, oder den Leuten auf der Straße“, sei Vieles neutralisiert worden, „und wiegt nur noch ein Viertel so schwer“, so Lis Hühnerbach.

Landesregierung fördert das Projekt

Die gemeinnützige Trägerschaft für „Mit-i-Ma“ hat die renommierte Jürgen Wahn Stiftung übernommen, die seit den 1980er Jahren weltweit spendenbasierte Hilfsprojekte betreut. Den Kontakt stellte die Vorsitzende des Gladbecker Sozialausschusses, Müzeyyen Dreessen, her.

Die CDU-Ratsfrau nutzte auch ihre Verbindungen zur NRW-Landesregierung, die das Projekt mit einer Anschubfinanzierung von fast 100.000 Euro über ein Jahr fördert. Räumlichkeiten für die Reparaturwerkstatt in Marrakesch konnten so angemietet und eingerichtet werden.

Es sei nicht immer einfach gewesen, „die unterschiedlichen Arbeits- und Vorgehensweisen von zwei Kulturen unter einen Hut zu bringen“. So habe zum Beispiel ein in Marokko ansässiger Verein als Partner gefunden werden müssen, „der auch bestimmte gesetzliche Voraussetzungen erfüllen muss, um mit einem deutschen Projekt kooperieren zu können“. Ein Problem, das mit persönlichem Engagement von Abdelghani Essinnou, Mitarbeiter des marokkanischen Generalkonsulats in Düsseldorf, gelöst werden konnte.

International bekannter Kickboxer hilft bei der Bürokratie

„Er knüpfte den Kontakt zu dem marokkanischen „Sportverein der Unterstützungsbrüder für die Jugendlichen O.C.S“,

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dessen Vorsitzender der international bekannte Kickboxer Abu Bakr Azaitar ist“, erzählt Lis Hühnerbach. Der auch im sozialen Bereich engagierte Sportler, der in Köln aufgewachsen ist, sei sofort bereit gewesen, das Projekt zu unterstützen, „als er von den Verwaltungshürden bei der Umsetzung hörte“. Mit seiner direkten Hilfe konnte der Transport der Hilfsmittel endlich mit den benötigten Papieren auf die Tour nach Marokko gehen.

Durch dieses Engagement erhalten arme, körperlich eingeschränkte Menschen in Marokko einen Rollator oder einen Rollstuhl, die bisher kaum Möglichkeit hatten das Haus oder Bett verlassen zu können. Junge Männer, die bei einer Arbeitslosenquote von 37 Prozent in ihrer Altersgruppe bislang ohne berufliche Perspektive waren, erhalten eine Qualifizierung. Sie warten und reparieren unter fachlicher Anleitung die gespendeten Hilfsmittel, können beruflich Fuß fassen und haben so keinen Anlass, ihr Glück in der Fremde zu suchen und ihr Heimatland zu verlassen.

Weitere Spenden sind herzlich willkommen

„Allen Unterstützern ein herzliches Dankeschön“, sagt Lis Hühnerbach. Jeder, der das Projekt „Mit-i-Ma“ vor Ort in Augenschein nehmen möchte, sei dazu herzlich willkommen. Weitere Hilfsmittel-Spenden können zudem in Gladbeck abgegeben werden, die in einer angemieteten Großgarage gesammelt werden. „Das Lager ist wieder leer und kann gefüllt werden - vielen Dank!“, so Lis Hühnerbach. Kontakt zur Terminabsprache per Mail: Mit-i-Ma@Protonmail.com