Gladbeck. Ganz in Weiß gekleidet feiern mehr als 1000 Gladbecker bei einem Picknick das Stadtjubiläum auf dem Willy-Brandt-Platz.

„Ganz in Weiß“ picknickt Gladbeck zum 100. Geburtstag vor dem Rathaus. Bürger, Vereine, Institutionen – die ganze Stadtgesellschaft war eingeladen mitzufeiern. Alle hatten sich, dem Motto gemäß, zum Jubiläum schick und festlich in Weiß gekleidet. Die ersten Besucher machten es sich am Sonntag schon um kurz nach 10 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz gemütlich. Im Gepäck: Picknickkörbe gefüllt mit Brot, Salaten, Frikadellen, Kuchen und Kühltaschen mit Sekt und Selters.

Die Moltkesiedler hatten ihren Tisch stilecht mit Bergbau-Erinnerungen dekoriert.
Die Moltkesiedler hatten ihren Tisch stilecht mit Bergbau-Erinnerungen dekoriert. © Funke Foto Services | Lutz von Staegmann

Jeder deckte und dekorierte nach Herzenslust seine eigene Geburtstagstafel. Mehr als 1000 Leute saßen dicht nebeneinander an den 100 Tischen. Und von Tisch zu Tisch ging diese und jener auf Entdeckungsreise, es wurden Freunde und Bekannte begrüßt, miteinander geplaudert, gelacht und gegessen.

Am Samstagmorgen hatte bereits der Aufbau der Pavillons, Tische, Bänke und Bühne begonnen. Anke Nienhaus vom städtischen Kulturbüro, federführend für die Organisation des Picknicks, ließ dann am Sonntagmittag den Blick über das weiße Menschenmeer schweifen und war begeistert. „Wenn man so eine Veranstaltung plant, dann hat man ein Kopfkino, wie es aussehen soll“, sagte sie. „Genauso habe ich mir das vorgestellt.“

Gladbeck feiert 100. Geburtstag ausgelassen vor dem Rathaus

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    Geburtstagsfeier auf dem Rathausplatz

    Es waren die kleinen Geschichten, die dieses Stadtpicknick zu etwas ganz Großem machten. Wenn der Turmbläser, nicht wie gewohnt jeden Samstag seine Musikgrüße vom Rathaus sendet, sondern stattdessen ausnahmsweise am Sonntag vor dem Rathaus steht und in die Trompete bläst, dann muss Stadtjubiläum sein. „Ich begrüße ganz herzlich unseren Türmer, Philipp Littmann“, kündigte ihn Stadtsprecherin Christiane Schmidt an. Als die Melodie des Steigerliedes erklang, verstummten viele Gespräche und fast jeder Besucher bewies Textsicherheit beim Gesang.

    Die gebürtige Gladbeckerin Christina Mathiak feierte am Stadtgeburtstag mit ihrer Familie beim Picknick ihren 27. Geburtstag.
    Die gebürtige Gladbeckerin Christina Mathiak feierte am Stadtgeburtstag mit ihrer Familie beim Picknick ihren 27. Geburtstag. © Funke Foto Services | Lutz von Staegmann

    Den Sonntag wird Christina Mathiak ebenfalls nicht so schnell vergessen. Sie saß an Tisch 91 und feierte im Kreise ihrer Familie mitten auf dem Rathausplatz ihren 27. Geburtstag. Zur Feier des Tages setzte sie sich noch ein „Happy-Birthday-Krönchen“ auf.

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    Das Geburtstagskind wusste aber nichts von ihrem Glück und dem speziellen Ort der Festlichkeiten. Alle in der Familie hatten dicht gehalten. „Sie wusste heute Morgen nicht, wohin es geht“, so Mutter Angelika, die im Vorfeld für diesen Tag einen Tisch buchte und die Überraschungsparty plante. Christinas Schwester Jennifer zauberte außerdem zum Ehrentag noch einen Kuchen – ein süßer Traum aus Vanille und Erdbeeren, verziert mit einem Blumendekor. „Wir feiern mit der ganzen Stadt und das ist etwas ganz Besonderes für mich“, sagte das Geburtstagskind.

    Zeitzeugen genießen das Fest

    Ehrengast zum 100. Geburtstag der Stadt: Bürgerin Johanna Kanacher, die 105 Jahre alt ist.
    Ehrengast zum 100. Geburtstag der Stadt: Bürgerin Johanna Kanacher, die 105 Jahre alt ist. © Funke Foto Services | Lutz von Staegmann

    In seiner Ansprache begrüßte Bürgermeister Ulrich Roland zwei außergewöhnliche Gäste, die an einem Ehrentisch der großen weißen Kaffeetafel Platz genommen hatten. Walter Gielau, der in diesem Jahr genau so „jung“ wird wie die Stadt – nämlich 100. Und Johanna Kanacher, die fröhlich winkte und mit 105 Jahren die älteste Besucherin des Picknicks war. In der Gelassenheit des Alters verfolgten beide den Trubel und genossen die Atmosphäre. „Ich finde das toll. Es wäre schade, wenn ich heute nicht hier gewesen wäre“, sagte die gebürtige Gladbeckerin, die noch immer gelegentlich Spaziergänge im Wittringer Wald unternimmt. „Man muss aus allem, das Gute herausfinden“, empfahl sie mit einem Lächeln auf den Lippen.

    Spektakuläre Torte in Telegrammform

    Die Geburtstagstorte zum Stadtjubiläum war in Telegrammform gefertigt und wurde von Bürgermeister Ulrich Roland angeschnitten.
    Die Geburtstagstorte zum Stadtjubiläum war in Telegrammform gefertigt und wurde von Bürgermeister Ulrich Roland angeschnitten. © Funke Foto Services | Lutz von Staegmann

    Ehre, wem Ehre gebührt. Deshalb erhielten sie und Walter Gielau die ersten Stücke der spektakulären Geburtstagstorte, die die Mitarbeiter des Rathaus-Cafés Schwarte zum Stadtjubiläum gebacken hatten. Jeder der Gäste erhielt ein Stück und durfte genüsslich probieren. Die Form der Torte erinnerte an ein Telegramm. So wie damals, als Gladbeck im Jahr 1919 offiziell zur Stadt wurde. Deshalb zierte die Torte neben dem Stadtwappen auch den Text „Preußische Staatsregierung hat Gladbeck am 21. Juli die Städteordnung verliehen.“

    Launiges Gespräch auf der Bühne: Erster Beigeordnete Rainer Weichelt als Dr. Michael Jovy (l.), dem ersten Bürgermeister der Stadt Gladbeck, unterhielt sich moderiert von Stadtsprecherin Christiane Schmidt mit Bürgermeister Ulrich Roland.
    Launiges Gespräch auf der Bühne: Erster Beigeordnete Rainer Weichelt als Dr. Michael Jovy (l.), dem ersten Bürgermeister der Stadt Gladbeck, unterhielt sich moderiert von Stadtsprecherin Christiane Schmidt mit Bürgermeister Ulrich Roland. © Funke Foto Services | Lutz von Staegmann

    Und sicher ein Höhepunkt zum Abschluss des Jubiläums war das besondere Interview mit Zeitsprüngen zwischen dem damaligen und heutigen Gladbeck. Ein launiges Gespräch, charmant moderiert von Christiane Schmidt, zwischen Bürgermeister Ulrich Roland und seinem Amtsvorgänger und Stadtgründer Dr. Michael Jovy. Letzterer mit großer Sachkenntnis und jovial dargestellt vom Ersten Beigeordneten und einstigen Stadthistoriker, Rainer Weichelt. Der auf viele planerische Entscheidungen um 1919 verwies, die noch heute das Stadtbild prägen – wie den Erwerb des Hauses Wittringen und das Anlegen der Naherholungsstätte mit Stadion und Freibad.

    Blieb noch zu klären, was sich der amtierende Repräsentant seiner Stadt, für die nächsten 100 Jahre im Besonderen wünscht. „Frieden und Zufriedenheit für alle Menschen unterschiedlichster Herkünfte und Nationen, die hier miteinander leben“, so die schöne Antwort von Ulrich Roland.