Gladbeck. Vorsitzender Klaus-Dieter Parma rät Eltern von i-Dötzen, ihre Kids gründlich auf den Straßenverkehr vorzubereiten. Appell auch an Autofahrer.
Wenn Klaus-Dieter Parma über seine Erfahrungen in der Verkehrserziehung spricht, kommt er in Null-Komma-nichts in Fahrt. Zu negativ waren seine Beobachtungen in den vergangenen Jahren. Der Vorsitzende der Verkehrswacht Gladbeck stellt fest: „Aggression und Ungeduld haben zugenommen.“ Was auf Straßenpflastern laufe, wäre früher so kaum denkbar gewesen: „Ein Miteinander ist unheimlich schwer. Jeder denkt nur: ich, ich, ich!“
Der 77-Jährige kann auf Jahrzehnte Tätigkeit zurückblicken – zunächst als Polizeibeamter, spezialisiert auf Verkehrserziehung. „Das fing im Kindergarten an“, erzählt Parma. Hinzu kam dann sein Engagement im Verein.
Also genug Zeit, um seine Beobachtungen zu machen und daraus Schlüsse zu ziehen. Wie dieser: „An die Eltern kommt man nicht mehr heran.“ Das sei zwar eine pauschale Aussage, denn Ausnahmen gebe es immer. Doch es werde immer schwieriger, Mütter und Väter zu erreichen. Vorbild-Funktion? – Interessiere viele Erwachsene doch überhaupt nicht, meint der Fachmann. Im Gegenteil: „Eltern sind oft total uneinsichtig.“ Beispielsweise wenn sie ihre Schulkinder am liebsten bis ins Klassenzimmer fahren und dabei Bürgersteige zuparken oder auffallend rasant unterwegs sind. „Huschhuschhusch steht man dann mal eben im Halteverbot. Eltern sind unter Zeitdruck, müssen zur Arbeit“, berichtet Verkehrswacht-Experte Klaus-Dieter Parma. Und gerade so genannte „Helikopter-Eltern“ – also Väter und Mütter, die ihr Kind stets im Auge behalten (wollen) und ihm wenig bis keine Selbstständigkeit zugestehen – seien ein Problem in der heutigen Zeit.
Der Verkehrserzieher nennt Grundregeln und gibt Tipps
Die Grundregeln, die Parma bereits seit seiner Zeit als polizeilicher Verkehrserzieher zu vermitteln versucht, haben sich nicht geändert. Ein kurzer Überblick:
Enorm wichtig sei die rechtzeitige Vorbereitung eines i-Dötzchens auf den Schulweg. Und die solle schon vor dem ersten Schultag beginnen, da Routine Sicherheit bedeute. Wo befinden sich Fußgängerüberwege und Ampen? Wie verhalte ich mich richtig beim Überqueren einer Straße? Dabei sind Erwachsene, die sich korrekt und umsichtig verhalten, leuchtende Vorbilder. Diese Regeln sollten sitzen. Parma betont: „Der kürzeste Weg ist nicht gleich der beste.“
Ein gutes Training ermöglicht der Rollentausch. Das Kind führt den Erwachsenen zur Schule und erklärt, an welchen Stellen die Strecke gefährlich sein könnte und aus welchem Grund. Klar, dass auch Lösungswege genannt werden sollten.
Eltern sollten ihren Nachwuchs auf Gefahrenquellen hinweisen
Wichtig sei, Mädchen und Jungen auf Gefahrenquellen hinzuweisen. Beispielsweise parkende Autos, zwischen denen Kinder nicht hindurch auf die Straße laufen sollen. Autofahrer könnten die Kids übersehen. Besondere Gefahrenpunkte stellen auch Zebrastreifen dar.
Parma rät Eltern, dass ihr Nachwuchs gemeinsam mit anderen Kindern den Schulweg zurücklegt. Denn, so Klaus-Dieter Parma: „Gemeinsam ist man sicherer unterwegs als solo.“ Helle Kleidung und Reflektoren, auch am Tornister, machen Kinder (fast) unübersehbar.
Verkehrswacht und ADFC bieten Trainings für Kinder an
Ein weiterer Tipp des Experten lautet: Organisationen wie die Verkehrswacht und der ADAC bieten Trainings für Kinder an. Dort bekommen Eltern Unterstützung von Profis.
Auch manche Schulen wollen zur Sicherheit ihrer neuen Schützlinge beitragen: Sie haben Schulwegpläne in petto, auf denen die sichersten Routen verzeichnet sind.
An Autofahrer appelliert Parma: „Runter vom Gaspedal!“ Wer am Steuer sitzt, sollte gerade zu Schulbeginn mit verschärfter Aufmerksamkeit unterwegs sein. Um diesen Aufruf möglichst präsent zu halten, bringt die Verkehrswacht Spannbänder im Stadtgebiet an und hängt Plakate auf: „Brems Dich – Schule hat begonnen“!
Die Polizei hat i-Dötzchen und Eltern-Taxis besonders im Fokus
Die Polizei, die sich natürlich auch regelmäßig der Schulwegsicherung zuwendet, hat „i-Dötzchen besonders im Fokus“, sagt Ramona Hörst, Sprecherin des Präsidiums Recklinghausen, in dessen Zuständigkeitsbereich auch Gladbeck gehört: „Unsere Bezirksbeamten stellen sich besonders an Knotenpunkte und Wege rund um die Schulen.“ Dabei haben die Polizisten insbesondere „Elterntaxis“ im Blick. Ramona Hörst sagt: „Eine klassische Situation ist: Eltern stellen sich ins absolute Halteverbot und versperren anderen die Sicht.“ Ein weiteres typisches Beispiel für eine Gefahrenquelle: „Einer aus einer Gruppe tritt bei Rot auf die Fahrbahn und alle laufen los.“
Auch das Leben kleiner Pedalritter birgt Gefahren. „Ein Autofahrer biegt in eine Straße ein, obwohl dort gerade ein Schüler auf seinem Fahrrad unterwegs ist“, schildert Hörst eine ganz alltägliche Szene. Deswegen, so empfiehlt die Verkehrswacht, sollten Eltern ihrem Kind anhand eines stehenden Autos vor Augen führen, was ein „toter Winkel“ ist und wie er sich vermeiden lässt.
Im Jahr 2018 sind nach Polizeiangaben neun Schulweg-Unfälle (zu Fuß und per Fahrrad) für Gladbeck registriert worden. Das sind zwei mehr als im Jahr davor. Anno 2015 waren es vier, 2014 hingegen wiederum sieben. Polizeisprecherin Hörst: „Die Anzahl dieser Unfälle bewegt sich immer in diesem Rahmen.“ Und sei ähnlich mit der Statistik vergleichbarer Städte wie Dorsten und Datteln im Kreis Recklinghausen.
Verkehrswacht sucht Freiwillige
Vor etwa 15 Jahren, so der Gladbecker Verkehrswacht-Vorsitzende Klaus-Dieter Parma, ging das Pilotprojekt Schulwegbegleiter an den Start: „20 Ehrenamtliche des Seniorenbeirats waren anfangs im Einsatz.“
Sie sind mit speziellen Jacken gut erkennbar. Doch die Anzahl der freiwilligen Schulwegbegleiter sei „total runtergegangen“. Nur noch an gefährlichen Stellen seien sie sporadisch präsent. Aber Parma hat sich vorgenommen: „Ich werde wieder versuchen, Schulwegbegleiter zu finden.“
Er verteilt eigenhändig zum Schulbeginn Informationen der Verkehrswacht mit Tipps für einen sicheren Schulweg. Weitere Informationen über Telefon 02043/35434 oder info@verkehrswacht-gladbeck.de
Über neue und vor allem aktive Mitglieder freut sich der Verein. Der Jahresbeitrag (inklusive Zeitschrift der Verkehrswacht) beträgt 12,78 Euro.