Gladbeck. . Seit einigen Jahren lebt der Niederländer Marnix Muurmans mit seiner deutschen Frau Monika Jans in Gladbeck. Sie wollen nicht wieder weg.

Wenn Marnix Muurmans und seine Frau Monika Jans sich unterhalten, bemerken sie oft gar nicht, dass sie mal deutsch, mal niederländisch reden. Irgendwie fühlen sie sich in beiden Sprachen zu Hause. Kein Wunder: Er ist Niederländer, sie Deutsche, und zusammen haben sie fast 25 Jahre in Eindhoven gelebt, bevor sie 2014 nach Gladbeck zogen.

Hamburgerin und Niederländer lernten sich in Altenahr kennen

Die gebürtige Hamburgerin (74) und der selbstständige Rechtsanwalt und Jura-Lehrer (70) aus Nijmegen lernten sich 1984 beim Weinfest im Rheinland-Pfälzischen Altenahr kennen. Zu der Zeit wohnte Monika Jans mit ihrem damaligen Mann und Tochter Melanie schon einmal in Gladbeck. Es dauerte zwei Jahre (und ein weiteres Weinfest), bis Marnix und Monika ein Paar wurden, und 1991 brach Monika Jans ihre Zelte in Deutschland ab und zog zu ihm nach Eindhoven. „Heiraten wollte ich eigentlich nicht noch einmal“, erzählt sie, aber 1994 gaben sie sich dann doch das Ja-Wort – in Altenahr.

Monika Jans: „In den Niederlanden lebt man freier“

In Eindhoven wohnten sie im Eigenheim, und in Gladbeck hatten sie eine „Ferienwohnung“, wie Marnix Muurmans das kleine Appartement an der Sandstraße schmunzelnd nennt, das sie gemietet hatten, um Monikas Tochter und die drei Enkel häufiger zu sehen. „Da konnte ich mich mit Gladbeck schon vertraut machen, obwohl zu diesem Zeitpunkt von einem Umzug noch lange nicht die Rede war“, sagt Marnix Muurmans.

Marnix Muurmans kann auch hier seiner Leidenschaft frönen und sich im nahen Dorsten um Pferde kümmern.
Marnix Muurmans kann auch hier seiner Leidenschaft frönen und sich im nahen Dorsten um Pferde kümmern. © Lutz von Staegmann

Das änderte sich, als der Anwalt in den Ruhestand ging. „Da wollte ich unbedingt weg aus Eindhoven, wo mich jeder kannte und viele immer noch mal juristische Ratschläge von mir wollten.“ Dass schließlich Deutschland ihre neue Heimat wurde, war sein Wunsch. „Wir wollten kein eigenes Haus mehr, und in den Niederlanden sind die Mieten extrem hoch.“ Sie wäre lieber dort geblieben: „Man lebt dort freier als hier.“

Das digitale Entwicklungsland Deutschland macht ihn sprachlos

Als sich das Paar letztendlich doch auf Deutschland geeinigt hatte, lag Gladbeck natürlich nahe. Schließlich kannten beide die Stadt. Und dennoch: „Ich habe zwei Jahre gebraucht, um hier wirklich anzukommen“, sagt nicht etwa der Niederländer, sondern seine Frau. „Ich habe die Kneipenszene vermisst, die es dort gibt, die verräucherten Cafés, in die man als Frau selbstverständlich auch allein gehen kann, um einen Sherry oder Portwein zu trinken. Und ich konnte mich auch nur schwer wieder an die vielen Gesetze und Vorschriften hier gewöhnen.“

Mehr als 100 Nationen in einer Stadt

In Gladbeck leben Menschen aus mehr als 100 Nationen. Zum Stadtjubiläum stellen wir Männer und Frauen vor, die hier ihre neue Heimat gefunden haben.

Wenn auch Sie uns ihre Geschichte erzählen möchten, melden Sie sich bitte in der WAZ-Redaktion, 299838, Mail: redaktion.gladbeck@waz.de

Da stimmt ihr Mann zu: „Wenn ich zum Beispiel sehe, dass die jungen Leute, die freitags für den Klimaschutz auf die Straße gehen, in Deutschland mit Strafen bedroht werden, gerät mein niederländischer Blut in Wallung.“ Auch das „digitale Entwicklungsland“ Deutschland macht ihn manchmal sprachlos: „Wie kriegen die kleinen Niederlande das denn so viel besser hin?“ Und dann ist da noch das Fernsehprogramm. Marnix Muurmans schaut häufig übers Internet niederländische Sender, „weil hier jeden Abend Krimis laufen. Die kann ich nicht mehr sehen.“

Das deutsche Körnerbrot hat es dem Niederländer angetan

Doch trotz mancher Kritik: Das Ehepaar lebt gern in Gladbeck. In der Parterre-Wohnung in einem Hochhaus an der Berliner Straße, mit eigenem Eingang und Garten, fühlen sich beide „wie in einem Bungalow mit sieben Stockwerken oben drüber“. Beim Blick aus dem Fenster können sie jenseits der Kirchhellener Straße häufig Rehe beobachten, und der sportliche Marnix Muurmans, der jeden Morgen um 6 Uhr zu seiner dreistündigen Wanderung aufbricht, liebt das viele Grün rund um das Wohnquartier. Und er liebt deutsches Körnerbrot: „Ich musste mich daran gewöhnen, aber jetzt mag ich das niederländische Einerlei beim Brot überhaupt nicht mehr.“

Seine Frau hat viele Bekannte von früher wiedergetroffen, fährt gern mit dem Bus in die Innenstadt, und beide schätzen es, dass sie vom Bahnhof West bequem in die ehemalige Heimat fahren können, um seine Tochter und die Enkelkinder zu besuchen.

In Gladbeck wollen sie bleiben, darüber sind sich beide einig. Für ihn gäbe es nur einen Grund, wieder in die Niederlande zu ziehen: „Wenn meine Frau vor mir sterben sollte, ginge ich vielleicht zurück, um näher bei meiner Tochter zu sein.“ Dann müsste er allerdings wieder niederländisches Brot essen.