Gladbeck. Der Gladbecker Markus Diegmann kämpft gegen die Verjährungsfrist für Täter bei Kindesmissbrauch. Er hat ein Schutzkonzept für Schulen entwickelt.
Der Gladbecker Markus Diegmann, selbst traumatisiertes Opfer und Aktivist zur Aufklärung über die Gesetzeslücke im Thema Kindesmissbrauch, ist entsetzt. „Da ist das Versagen der Polizei in Sachen Kinderporno-Ring in Lügde, bei der wichtige Beweise verschwinden und Anzeigen nicht an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet wurden. Oder da ist das Schweigen des Papstes zu konkreten Maßnahmen gegen Kindesmissbrauch von Klerikern.“ Aktuelle Diskussionen, die zeigten, „wie wichtig es ist, dass die Politik endlich handelt“.
Denn es sei doch klar, „dass Kindesmissbrauch nicht nur die katholische Kirche sondern auch andere Konfessionen, Vereine und letztlich alle Bereiche der Gesellschaft betrifft“. Die Gesetzesgrundlage müsse endlich geändert werden, die Straftat des Kindesmissbrauches dürfe nicht nach 30 Jahren verjähren. „Die Täter müssen wie bei Mordfällen stets ohne Frist juristisch zur Verantwortung gezogen werden können“, so der heute 52-Jährige, der als Fünfjähriger erstmals selbst missbraucht wurde. Denn wie bei ihm auch, würden die schrecklichen Erlebnisse meist tief in der Kinderseele vergraben, um dann erst Jahrzehnte später im Erwachsenenalter aufzubrechen.
Eine Million Unterschriften für die Bundesregierung
Wie berichtet, tourt Diegmann seit bereits zwei Jahren mit seinem Wohnmobil kreuz und quer durch Deutschland, um in Innenstädten zum Thema zu informieren und auf seiner „Tour der Hoffnung“ Unterschriften für die Gesetzesänderung zu sammeln. „Aktuell bin ich bei 250.000 angelangt“, sagt er. Sein Ziel, eine Million Unterschriften der Bundesregierung vorzulegen, ist also noch nicht erreicht.
Die Dunkelziffer der Opfer sei hoch und die eine Million Signaturen sollen auch Fanal sein. Diegmann: „Denn die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass allein in Deutschland aktuell so viele Kinder im Alter von null bis zwölf Jahren sexuelle Gewalt erfahren.“ Das bedeute, „dass auch in jeder Schule ein bis zwei Kinder sitzen, die betroffen sind.“
Schulkonzept gegen sexuelle Gewalt entwickelt
Hier setzt Diegmann mit dem von ihm initiierten Verein „Tour41“ (so viele Kindesmissbrauchsfälle werden täglich in Deutschland angezeigt) mit einem neuen Projekt „Präventionscoachs“ für Schulen an: „Wir setzen mit Unterstützung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bundesregierung, im Rahmen seiner Kampagne ,Schule gegen sexuelle Gewalt’, jetzt das von uns erarbeitet Schutzkonzept an einer Gesamtschule zum ersten Mal um.“
Damit werde ein Bewusstsein für das Thema in der Schulgemeinde geschaffen, Präventionscoachs ausgebildet und so auch ein nachhaltiges wie niederschwelliges Angebot für ratsuchende Schüler installiert. Im zweiten Teil des Kurses wird gemeinsam ein Konzept zur altersgerechten Vermittlung an die unteren Jahrgänge und Erleichterung von Ansprechbarkeit im Bedarfsfall erarbeitet. Diegmann: „Auch jede interessierte Gladbecker Schule kann sich an uns wenden, einen Termin ausmachen oder Infomaterial anfordern.“