Gladbeck. . Auch Gladbecker Unternehmen exportieren nach England. Unsicherheit belastet die Investitionsbereitschaft. Positiv: Einlagengeschäft läuft gut.

Was passiert, wenn es zum harten Brexit kommt? Diese Frage hören die Chefs der Sparkasse Gladbeck in diesen Tagen öfter von ihren Kunden, und sie sehen einem solchen Szenario mit Sorge entgegen. Denn auch in Gladbeck gibt es Unternehmen, die nach Großbritannien exportieren.

„Ein Betrieb macht 50 Prozent seines Umsatzes damit“, weiß Sparkassenchef Ludger Kreyerhoff. Der Austritt der Briten aus der EU kann direkte, aber auch indirekte Auswirkungen auf die Gladbecker Wirtschaft, auf Handelsvolumen, Investitionen und Arbeitsplätze lokaler Unternehmen haben.

Exportwaren können sich durch Zölle verteuern und länger dauern

Exportwaren können sich durch erhobene Zölle verteuern und Transport länger dauern, denn „England wird wie ein Drittland behandelt werden“, so Kreyerhoff. Das könnte sich auch auf den Zahlungsverkehr auswirken, weil die Briten beim Brexit auch aus der SEPA (mit dem EU-weiten einheitlichen Verfahren für den bargeldlosen Zahlungsverkehr) ausscheiden werden. „Überweisungen werden wieder deutlich teurer werden“, sagt Vorstandsmitglied Marcus Steiner. Die Sparkasse hat bereits Listen mit Kunden angelegt, die betroffen wären, um im Ernstfall, der am 29. März eintreten kann, schnell handeln zu können.

Vorstandschef Ludger Kreyerhoff ist vom Verwaltungsrat bis Ende 2020 im Amt als Direktor bestätigt worden.
Vorstandschef Ludger Kreyerhoff ist vom Verwaltungsrat bis Ende 2020 im Amt als Direktor bestätigt worden. © Oliver Mengedoht

Noch ist vieles nicht absehbar, aber allein die Unsicherheit, auch durch die USA, China und Italien verursacht, belastet. Das stellen Kreyerhoff und Steiner am Verhalten von Unternehmen fest. „Die Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, das ist nicht gut für die Wirtschaft.“ Und auch nicht für die Entwicklung des Arbeitsmarkts, der doch gerade auf einem guten Weg sei. „10,6 Prozent Arbeitslosigkeit, und das ist wenig im Vergleich, hatten wir lange nicht“, bemerken die Chefs der Sparkasse im WAZ-Gespräch. Als größtes Geldinstitut am Ort haben sie auch diese Daten genau im Blick, um die Konjunkturaussichten und die Finanzkraft der Gladbecker einschätzen zu können.

Mit „Kwitt“ per Handy Geld überweisen

Bei Kwitt handelt es sich um eine digitale „Mini“-Überweisungen übers Handy mit der Sparkassen-App. Bis zu 30 Euro (täglich bis 100 Euro) können ohne TAN und Kontonummer des Empfängers gesendet oder angefordert werden.

Eine positive Entwicklung: Die Kunden legen Geld nicht nur im Tagesgeldbereich an, sondern auch im Wertpapiergeschäft: 2018 waren es zusätzliche 12,8 Millionen Euro. Die Gladbecker haben knapp 100 Millionen Euro in Wertpapieren investiert.

Jahres-Bilanz fällt ganz zufriedenstellend aus

Apropos Finanzsituation: Nach wie vor steht die Sparkasse Gladbeck ganz solide da, die Bilanzsumme stieg erstmals über 800 Millionen Euro – nämlich exakt auf 801,2 Millionen gegenüber 772,5 Millionen im Jahr davor, freuen sich Kreyerhoff und Steiner über ein Plus von 3,7 Prozent. Das Resultat basiere vor allem auf dem guten Einlagengeschäft, so Kreyerhoff. Die Sparkasse verzeichnete hier – trotz Nullzinsen – ein Wachstum 16,8 Millionen (plus 2,9 Prozent) und verwaltet Einlagen Sicht- und Tagesgeldkonten sowie im Bereich des traditionellen Sparbuchs von insgesamt 594,2 Millionen Euro.

Folgen der Niedrigzinsphase sind aber weiterhin spürbar

Allerdings sei für die Sparkasse bei weiter anhaltender Niedrigzinsphase, so Kreyerhoff und Steiner, das Anlagengeschäft, eine der drei Säulen des Geschäftsmodells, weggebrochen. Hier müsse die Bank sogar Strafzinsen für Geld, das bei der Zentralbank geparkt wird, Minuszinsen entrichten. „Geld verdienen wir nur noch im Kredit- und Provisionsgeschäft. Jedes Jahr fehlen drei Millionen Euro an Erträgen“, schildert der Vorstand die Situation.

Marcus Steiner ist Mitglied des Vorstands der Sparkasse Gladbeck.
Marcus Steiner ist Mitglied des Vorstands der Sparkasse Gladbeck. © Oliver Mengedoht

Im Kreditbereich generierte die Sparkasse Gladbeck 2018 zwar ein „erhebliches Neugeschäft“, das aber unterm Strich nicht so viel erbracht hat, weil gleichzeitig kräftige Rückzahlungen erfolgten. Auch durch Sondertilgungen, sei das Kreditgeschäft nur um 1,0 Prozent oder 6,4 Millionen Euro auf 603,9 Millionen Euro gestiegen.

Auf dem Weg in die digitalisierte Arbeitswelt

Unterm Strich sei die Sparkasse seit langem gezwungen, „effizient zu arbeiten.“ Was mit der zunehmenden Digitalisierung der Abläufe möglich ist, so die Sparkassen-Chefs. Das hat auch Auswirkungen auf den Personalbedarf. Aktuell arbeiten in der Gladbecker Sparkasse 170 Beschäftigte. Noch. Bei jedem Wechsel in den Ruhestand wird geprüft, ob die Stelle wieder besetzt werden muss. 2014 hatte die Sparkasse noch 40 Mitarbeiter mehr. Tätig sind sie in der Hauptstelle in Stadtmitte und in den vier verbliebenen Filialen Zweckel, Rentfort, Brauck und Rosenhügel.

Mit der Digitalisierung ändere sich vieles, so die Sparkassenchefs. Akten gehören fast der Vergangenheit an, das papierlose Büro ist schon Realität. Alle Altbestände des Kreditgeschäfts sind mittlerweile digitalisiert, per Knopfdruck kann ein ganzer Vorgang am PC eingesehen werden. „Allein für die Suche nach einer Akte, die womöglich noch in einer anderen Abteilung lag und per Hauspost weiter geschickt wurde, ging vorher viel Zeit drauf“, schildert Ludger Kreyerhoff. Aber mit der Software und dem Onlinearchivsystem muss man umgehen können.

Anforderungen an die Mitarbeiter sind enorm gestiegen

Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind enorm gestiegen, sagen Kreyerhoff und Steiner. Das erfordert eine große Veränderungsbereitschaft, „denn der Wandel vollzieht sich immer schneller“. Zwischen dem, was ein Sparkassenmitarbeiter vor 40 Jahren können musste, und dem, was heute abverlangt wird, „liegen Welten“. Um alle auf dem Weg in digitale Zukunft mitzunehmen, hat die Sparkasse in jeder Abteilung Digitalisierungsbeauftragte eingesetzt, die sich darum kümmern, dass alle immer auf dem aktuellen Stand sind.

Schließlich müssen sie ja auch die Kunden in die digitale Bankenwelt mitnehmen. Viele sind dort längst angekommen. Sie erhalten keine Briefe ihrer Bank mehr, sondern finden Kontoauszüge oder Informationen im elektronischen Postfach. Und dass Geldüberweisungen heute von Handy zu Handy möglich sind – Stichwort „Kwitt“ – wer hätte das vor zehn Jahren gedacht?