Gladbeck. Nicht die schlechte Ausbildung sei schuld an der Durchfallquote der Prüflinge, sagt ein Fahrlehrer aus Gladbeck. Er zählt andere Gründe auf.

„Richtig schlechte Laune“ habe er bekommen, sagt Fahrlehrer Stefan Wulfekotte, nachdem er die Leserkommentare zum WAZ-Bericht „Immer mehr Prüflinge in NRW fallen beim Führerschein durch“ gelesen hat. Was der Gladbecker meint, sind Vorwürfe, „dass wir Ausbilder schuld sein sollen, weil wir angeblich unfähig sind, gut auszubilden, nur unsere Prüfungsquoten voll machen und möglichst viel abkassieren wollen“. Pauschale Kritik, „die einfach nicht stimmt“, sagt Wulfekotte und nennt aus seiner Sicht die Gründe für die weiter angestiegene Durchfallquote.

Zunächst sei es richtig, dass die Durchfallquoten kontinuierlich angestiegen seien. „Vor acht Jahren lag diese bei etwa zehn Prozent, mittlerweile fallen 25 bis 30 Prozent der Kandidaten bei der praktischen Fahrprüfung durch“, so Wulfekotte.

Qualität der Ausbildung hat sich nicht verschlechtert

Das liege aber nicht an der Qualität der Ausbildung, die sich bei ihm und den Kollegen, die seit Jahrzehnten Fahrschüler unterrichten, ja nicht plötzlich total verschlechtert habe. Vielmehr gehe man mit der Zeit, setze auch auf moderne Schulungsmedien am Computer oder via Fahrschul-App für das Smartphone.

Stefan Wulfekotte hat 20.000 Euro in einen Fahrsimulator investiert.
Stefan Wulfekotte hat 20.000 Euro in einen Fahrsimulator investiert. © Lutz von Staegmann

Zudem investierte Stefan Wulfekotte kräftig zur Unterstützung seiner Schüler. Seit 2018 steht Gladbecks erster, fast 20.000 Euro teurer Fahrschul-Simulator im Trainingsraum an der Horster Straße. So kann schon realitätsnah auf einem Fahrersitz am Steuer die virtuelle Fahrt am Bildschirm geübt werden, bevor es im richtigen Fahrschulwagen auf die Straße geht.

Fahrsimulator für 20.000 Euro

Und warum ist auch bei ihm trotzdem die Durchfallquote so hoch? Das liege an mehreren Faktoren, sagt Wulfekotte. Ein ausschlaggebender Grund sei aber sicherlich die gestiegene Anzahl der neu in Gladbeck lebenden Flüchtlinge und Migranten, „die auch gerne einen Führerschein machen wollen“. Einige würden angeben, bereits über ausreichende Fahrpraxis zu verfügen, da sie bereits einen Führerschein vor 20 Jahren, etwa in Syrien gemacht hätten. Die erste Fahrstunde zeige dann aber meist schnell, „dass die Grundlagen der Verkehrsregeln, wie sie in

Der Verkehr auf der Straße ist deutlich komplexer

Die Durchfallquote bei den Pkw-Führerscheinprüfungen in NRW ist im vierten Jahr hintereinander angestiegen. Bei der Theorie fielen 35 Prozent (2016: 32,9) der Kandidaten durch und 28,9 Prozent (2016: 27,1) schafften die Praxis nicht.

Der Straßenverkehr ist nach Ansicht von TÜV, ADAC und Fahrlehrern dichter und deutlich komplexer geworden als früher. Der frühe Weg über den Führerschein mit 17 sei von Vorteil. Diese Kandidaten fielen seltener durch und führen später sicherer.

Deutschland gelten, nicht bekannt sind“. Hinzu kämen Sprachprobleme, die auch das Verstehen beziehungsweise Beantworten der Fragen für die theoretische Prüfung oder der Anweisungen und Fragen des Prüfers in der Praxis erschwerten.

Aber auch bei Jugendlichen aus deutschen Familien beobachtet Wulfekotte, „dass da oft nicht der richtige Biss und Eifer vorhanden ist, den Führerschein zügig durchzuziehen“. Sich ein Jahr oder länger dafür Zeit zu lassen, „wenn die Eltern entsprechend bereit sind, weiter den Privatchauffeur zu machen und die Fahrschule zu zahlen“, sei nicht ungewöhnlich. Damit steige freilich meist auch die Anzahl der Fahrstunden, so dass heutzutage der Führerschein im Schnitt rund 2000 Euro kostet.

Schüler haben oft wenig Ehrgeiz

Ein anderes Problem seien Fahrschüler, die das, auch vor den Freunden vollmundig propagierte, Ziel hätten, „möglichst wenig Fahrstunden zu machen – und sich dabei selbst überschätzen“. Kandidaten, die dann auch auf einen Termin für die praktische Prüfung drängten, „obwohl sie noch gar nicht ausreichend zuverlässig fahren“. Der gute Rat des Lehrers, „lieber bis zum Termin noch fünf, sechs Fahrstunden zu machen“, werde ausgeschlagen und erhöhe unnötigerweise die Durchfallquote.

Viele Fahrschüler scheiterten zudem bereits an der theoretischen Prüfung, „deren Bestehen ja Zulassungsvoraussetzung für die praktische Prüfung ist“. Hier seien die Wissens-Anforderungen mit zurzeit rund 1100 Fragen, deren Antworten gelernt und teils über das Ansehen von Video-Verkehrsszenen beantwortet werden müssen, auch gestiegen. Wulfekotte: „Vor zehn Jahren waren das noch 300 Fragen weniger.“

Zu guter Letzt: Extra die Kosten durch unnötige Fahrstunden hochzutreiben, „das hat sicher auch kein Fahrlehrer in Gladbeck nötig“, sagt Wulfekotte. „Alle Fahrschulen haben genug zu tun, könnten teils mehr Fahrlehrer beschäftigen – aber Nachwuchs ist in der Branche kaum zu bekommen.“ Das sei aber ein anderes Problem.