Vest. . KFZ können künftig auch online angemeldet werden. Leiter der Zulassungsstelle Marl ist skeptisch. Nur 75 KFZ-Abmeldungen per PC seit 2015.
Keine Menschenschlangen, keine Wartenummern, keine Fahrt zum Straßenverkehrsamt in Marl: Die Kfz-Zulassung soll künftig komplett online möglich sein. Der Bundesrat billigte am Freitag eine entsprechende Verordnung der Bundesregierung. Ist das der Durchbruch? Hermann-Josef Lücke, Leiter der Zulassungsstelle der Kreisverwaltung Recklinghausen in Marl, wo auch Gladbecker ihre Fahrzeuge an- oder abmelden müssen, warnt vor zu hohen Erwartungen.
Von dem, was bislang schon funktioniert, haben die Fahrzeughalter im Kreis Recklinghausen jedenfalls wenig Gebrauch gemacht. Seit 2015 können Fahrzeuge bereits über das Internet abgemeldet werden. 75 Bürger haben seitdem diese Möglichkeit genutzt – bei insgesamt 62.000 Abmeldungen, die jährlich im Straßenverkehrsamt des Kreises abgearbeitet werden.
Die Wiederzulassung per PC ist überhaupt nicht gefragt
Seit 2017 gibt es auch die Online-Wiederzulassung. Sie ist interessant für Bürger, die ihr Sportwagen-Cabrio, ihr Motorrad oder ein Wohnmobil nach der Winterpause wieder auf die Straße bringen wollen. Nachfrage im Kreis Recklinghausen: null!
Weniger Wartezeiten
Die Zulassungsstelle des Straßenverkehrsamtes in Marl ist nach Angaben der Kreisverwaltung die sechstgrößte in Deutschland. 200.000 Vorgänge rund ums Kfz werden dort jährlich abgewickelt.
2014 war „Land unter“ in der Zulassungsstelle. Verärgerte Bürger mussten teilweise stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen. Als Reaktion auf die Missstände hat der Kreis das Personal in der Zulassungsstelle verstärkt, vor allem aber das System geändert. Jetzt kann sich jeder Bürger telefonisch unter 02361 53 77 77 oder über das Internet (www.kreis-re.de) einen Termin geben lassen. Seitdem hat sich die Lage deutlich entspannt.
Demnächst soll die dritte Stufe gezündet werden. Und da könnte es für manchen interessanter werden. Denn jetzt wird auch die Neuzulassung von Fahrzeugen sowie der Halter- und Wohnsitzwechsel in das Online-Paket eingeschlossen. Hört sich besser an, als es wirklich ist, findet Hermann-Josef Lücke. Denn möglich ist der Vorgang nur für Autos, die sich bereits in einem zugelassenen Zustand befinden, und auch nur dann, wenn die alten Kennzeichen übernommen werden. Hinzu kommt, dass lediglich Privatpersonen von dem Angebot Gebrauch machen können. Firmen wie Autohäuser oder Zulassungsdienste sind (erst einmal) außen vor. „Das ist der Sicherheit im deutschen Zulassungssystem geschuldet“, erläutert der Chef der Marler Zulassungsstelle.
Wer nicht technikaffin ist, steigt schnell aus
Wer vom heimischen PC aus einen Pkw anmelden möchte, muss sich persönlich identifizieren, das geht nicht über Dritte. Für den Vorgang benötigt derjenige einen Personalausweis mit Online-Funktion (e-ID). Die ist zwar mittlerweile bei allen neuen Ausweisdokumenten automatisch freigeschaltet, doch nur eine Minderheit der Bürger sieht darin einen Nutzen. Denn erstens ist die Auswahl an verfügbaren Bürgerdiensten in Verbindung mit dem E-Perso noch sehr überschaubar und zweitens benötigt man ein durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziertes Lesegerät oder ein kompatibles Smartphone mit NFC-Chip und die AusweisApp2. Da steigen die meisten, die mit Technik nichts am Hut haben, bereits aus.
„So lange sich der E-Ausweis nicht durchsetzt, wird sich die Online-Zulassung nicht durchsetzen“
Möglicherweise wird die dritte Stufe der Online-Zulassung im Herbst dieses Jahres freigeschaltet, meint Lücke. Die Bundesregierung rechne damit, dass langfristig 65 Prozent aller Zulassungsgeschäfte online abgewickelt werden.
„Aber was heißt langfristig?“, fragt er zum einen. Zum anderen hält er die Prognosen für sehr optimistisch: „So lange sich der E-Ausweis nicht durchsetzt und keine Lösung für Autohändler und Zulassungsdienste gefunden wird, wird sich auch die Online-Zulassung nicht durchsetzen.“