Gladbeck. Die große alte Dame der Awo leitete 20 Jahre den Stadtverband und prägt das Erscheinungsbild der Arbeitswohlfahrt in Gladbeck bis heute.
Sie war viele, viele Jahre der Motor, die Motivatorin und die Macherin der Gladbecker Arbeiterwohlfahrt, erst unter ihrer Ägide wurde die Awo zu dem, was sie bis heute ist: Gisela Dyhringer, die „große alte Dame“ der Awo, die „ihre“ Arbeiterwohlfahrt prägte wie kaum jemand anders, feiert am heutigen Samstag, 2. Februar, im Rentforter Awo-Zentrum ihren 90. Geburtstag.
Als Gisela Dyhringer 1973 den Vorsitz der Awo übernahm, war die Arbeiterwohlfahrt nicht viel mehr als eine Art sozialistischer Mütterverein und Veranstalter großer Stadtranderholungen für Jungen und Mädchen. Mit dem Engagement Dyhringers wuchs nicht nur die Awo um viele hundert Mitglieder (vier Ortsvereine hat der Stadtverband) und der Aufgabenbereich um viele soziale Tätigkeiten, sondern die Awo wurde zu einer der großen Bauherren in der Stadt.
Rüstige Seniorin blickt mit Dankbarkeit zurück
Die rüstige und hellwache Seniorin, heute Ehrenvorsitzende und gute Seele der großen Awo-Familie, blickt mit Stolz, mit ein wenig Wehmut, aber vor allem mit viel Dankbarkeit zurück: „Es war eine schöne Zeit, die mich ausgefüllt hat. Vor allem die familiären Verhältnisse haben mich immer motiviert“, sagt sie im WAZ-Gespräch. „Man musste aber auch Durchsetzungskraft und mitunter ein breites Kreuz haben.“
Dabei war der Butendorferin das alles so gar nicht in die Wiege gelegt: Als Flüchtling kam sie mit ihrer Mutter und ihrem Bruder, mit Opa, Tante und Cousine im Nachkriegsdeutschland 1946 von Breslau nach Gladbeck – der Bruder der Mutter wohnte an der Wielandstraße. Butendorf wurde der 17-Jährigen zur neuen Heimat, hier fand sie ihren Mann, hier blieb sie mit der eigenen Familie wohnen. Als gelernte Friseuse arbeitete sie fast 20 Jahre bei Fritz Bohn im einstigen Marktpavillon.
Nachbarinnen überredeten sie zum Awo-Frauennachmittag
Nachbarinnen überredeten sie in den 60er Jahren, mit zum Awo-Frauennachmittag zu kommen, der im damals einzigen Awo-Stützpunkt an der Erlenstraße (heute Jugendtreff Maxus) stattfand. Bei Kaffee und Kuchen wurde geplaudert und gestrickt. 1967 trat Dyhringer der Awo bei. Als Anfang der 70er Jahre die langjährige Awo-Chefin Elisabeth Brune krank wurde, guckte man die Butendorferin als Nachfolgerin aus. „Ich habe nie im Sinn gehabt, Vorsitzende zu werden, hab’ mich dann aber breit schlagen lassen.“
1973 wurde sie gewählt – 20 Jahre sollte sie an der Spitze bleiben. Der damalige OB Norbert Aust war anfangs ihr Stellvertreter. „Die Aufgaben wuchsen ständig, und wir hatten den Mut, es anzupacken“, erinnert sich die Altersjubilarin. Wichtig sei die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung und immens hilfreich die Unterstützung der Kommunalpolitik gewesen. So erkannte die Awo bald Handlungsbedarf im Bereich der Seniorenfürsorge.
Dyhringer wurde mit zwei Stadtplaketten geehrt
Jetzt in Rentfort-Nord
Gisela Dyhringer managte die Awo all die Jahre von ihrem Büro in der Awo-Begegnungsstätte Zweckel. Sie blieb aber ihrem Stadtteil Butendorf treu, wo sie bis 2012 wohnte.
Vor bald sechs Jahren zog sie in eine Awo-Seniorenwohnung in Rentfort-Nord, trat dort dem Ortsverein bei und ihr regelmäßig Besucherin des Awo-Treffs.
Unter der Regie Dyhringers wurden nacheinander drei große Begegnungsstätten gebaut – Zweckel (1977), Rentfort (1978) und Brauck (1979). 1977 wurde auch der Haushaltshilfsdienst gestartet, 1979 – „gegen Widerstand“ – in Zweckel die Sozialstation eröffnet. Auch das Engagement der Awo in Sachen „Mobiler Sozialer Dienst“ und „Essen auf Rädern“ in den 80er Jahren wurde kritisch beäugt. Dyhringer, die lange die Stadtranderholungen leitete und das Ferienhilfswerk managte, saß ab 1973 auch mehrere Jahr als sachkundige Bürgerin im Jugendhilfeausschuss der Stadt.
Für ihr Engagement wurde sie mit den Stadtplaketten in Bronze und Silber geehrt. Mit ihrem Abschied 1993 aus dem Amt der Vorsitzenden ernannte sie ihre Awo-Familie zur Ehrenvorsitzenden.