Gladbeck. Das Ingenieuramt prüft die Brücken regelmäßig. Aber die Sperrung der Winkelstraße ist laut Experten unumgänglich. Nur zwei weitere marode Brücken
Trotz Ankündigung zeigten sich viele Zweckeler am Mittwoch von der Sperrung der Brücke im Verlauf der Winkelstraße überrascht. „Die ist aber nötig, weil wir bei der routinemäßig anstehenden Sonderprüfung vergangene Woche festgestellt haben, dass der Stahlunterbau verrostet ist“, so Baurat Dr. Volker Kreuzer zur WAZ. Die Sperrung sei eine Vorsichtsmaßnahme. Kreuzer: „Die Brücke ist aber keineswegs einsturzgefährdet, deshalb können sie Fußgänger und Radler auch weiter nutzen.“
Das Bauwerk im Zweckeler Norden sei eine von drei städtischen Brücken, die besonders marode sind und die die Stadt speziell fest im Blick habe, so Kreuzer. Hier fänden neben den üblichen Hauptuntersuchungen alle sechs Jahre mit externen Gutachtern sowie Zwischenkontrollen, die immer drei Jahre nach der jeweiligen Hauptuntersuchung durchgeführt werden, zusätzlich halbjährlich Sonderprüfungen statt. Schon im August nach dem Einsturz der Genua-Brücke in Italien erläuterte Baurat Kreuzer das städtische Vorgehen.
Brücke Winkelstraße hat die schlechteste Zustandsnote
Die Brücke Winkelstraße, die 110 Jahre alt ist, weise in der Bewertungsliste der Stadt (mit Noten zwischen 1 und 4) zuletzt mit einer 3,9 die schlechteste Benotung auf. Die beiden anderen maroden Brücken sind die im Verlauf der Beethovenstraße in Zweckel-Mitte (Note 3,5), die in Kürze für rund 4 Millionen Euro neu gebaut wird, sowie die Brücke Burgstraße in Wittringen (ebenfalls Note 3,5), die schon lange für Busse und Lkw gesperrt ist. Kreuzer: „Beide Brücken, Winkel- und Burgstraße, werden wir auch neu bauen.“ Nur wann das geschehen wird, das sei völlig offen.
Unweit der Winkelstraße liegt die Brücke Scheideweg, die genau auf der Stadtgrenze liegt und zu 50 Prozent der Stadt Gelsenkirchen gehört. Sie ist auch 110 Jahre alt, habe derzeit die Zustandsnote von 2,5. „Wir erwarten nicht, dass da kurzfristig etwas passiert, aber bei einer so alten Brücke kann man nie wissen.“ Die Brücke im Verlauf der Bülser Straße (nahe Kotten Nie), die seit geraumer Zeit eingeengt ist, um die Belastungen zu reduzieren, hat derzeit die Belastungsnote 2,7. Die Brücke wurde 1967 gebaut.
Rechnungsprüfungsausschuss bescheinigt gute Brücke-Management
Die Prüfungs-Ergebnisse seien in einem Brückenbuch vermerkt. Der Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt habe attestiert, dass das Ingenieuramt ein „funktionierendes Erhaltungsmanagement“ durchführe, nach entsprechender DIN-Norm handele und ermögliche, zeitnah auf Schäden zu reagieren.
Grundsätzlich bereiteten die 47 städtischen Brücken (plus zehn Durchlässe und Stege) keine Sorgen, so Kreuzer auch mit Blick auf die Situation im Kreis Recklinghausen, wo eine heftige Debatte über Missstände bei Brückenprüfungen und dem Umgang mit Schäden entstanden ist.
53 von 77 Kreisbrücken wurden jahrelang nicht überprüft
Investitionen in Infrastruktur „alternativlos“
Der Rechnungsprüfungsausschuss weist in seinem Bericht über das Brücken-Management darauf hin, dass angesichts der Altersstruktur der Gladbecker Brücken künftig „erhebliche Investitionen“ für Sanierungs- bzw. Erneuerungsmaßnahmen erforderlich werden“. Zur Erhaltung der Infrastruktur seien sie „mehr oder weniger alternativlos“.
Vor diesem Hintergrund komme einem funktionierenden Erhaltungsmanagement eine entscheidende Bedeutung zu.
Im Kreis Recklinghausen sind bei 53 von 77 Brücken, für die die Kreisverwaltung verantwortlich ist, seit Jahren die üblichen Überprüfungen nicht durchgeführt worden. Das geht aus einem internen Bericht des Kreis-Rechnungsprüfungsamtes hervor.
Der Kreis habe Probleme, entsprechendes Fachpersonal zu finden, heißt es zur Begründung aus der Kreisverwaltung. In einer Stellungnahme betont der Kreis gleichzeitig, dass keine dieser Brücken ein Sicherheitsproblem darstelle. Allerdings gebe es „acht Problem-Bauwerke im kritischen Zustand“. Davon befinde sich aber keines in Gladbeck, so Kreissprecher Jochen Manz. Unterhalten werden vom Kreis im Gladbecker Stadtgebiet drei Brücken – an der Hegestraße und an der Feldhauser Straße.
Linke-Fraktion will Auskünfte über Gladbecker Brücken
Die Linken im Kreis sprechen von Einem „Brückenskandal“, Linke-Kreistagsfraktionschef Ralf Michalowsky fragt angesichts der Sperrung auf der Winkelstraße, ob der „Brückenskandal“ Gladbeck erreicht habe.
Aufgeschreckt richtete die Linke-Fraktion im Gladbecker Rat eine entsprechende Anfrage über den Zustand der Brücken und die Prüfungsdichte an Bürgermeister Roland. Die Linken wollen die Zustandsnoten aller Brücken erfahren und sorgen sich darum, ob Handlungsbedarf bestehe, so Fraktionschef Olaf Jung.