Gladbeck. Stadtbaurat Kreuzer plädiert dafür, Maßnahmen gegen Hitze und Starkregen zu entwickeln. Er empfiehlt, die Bauleitplanung entsprechend zu ändern.
Die Stadt will sich langfristig mit verschiedenen Strategien auf die zunehmenden Wetterextreme wie Hitze und Trockenheit auf der einen sowie Starkregen auf der anderen Seite einstellen. Baurat Dr. Volker Kreuzer empfahl der Politik im Haupt- und Finanzausschuss, die Stadtentwicklung mit vielerlei Maßnahmen anzupassen.
Der Baurat betonte, wie wichtig es angesichts einer deutlichen Zunahme von heißen Tagen und Tropennächten in künftigen Sommern sei, Grünzüge für dringend nötige Frischluftschneisen planerisch zu sichern oder auszuweiten. Kreuzer: „Grün stärkt die Lebensqualität.“ Zugute komme Gladbeck seine hohe Zahl von Bäumen – allein an den Straßenrändern stehen 12.000. Gladbeck habe außerdem die höchste Alleendichte in NRW. Aber auch sie können unter der Trockenheit leiden – und müssen dann gewässert werden.
Stadtbaurat äußert scharfe Kritik an Steinvorgärten
Das gelte es zu sichern, möglichst zu erweitern, denn „Bäume verdunsten Wasser, kühlen also, und binden Feinstaub.“ Ihre Wurzeln speichern Regenwasser – Kreuzer sprach von einer „Schwammfunktion“ im Erdreich. Widerstandsfähigere Bäume müssten gepflanzt werden, etwa die Hopfenbuche (für die Kortestraße geplant!) statt der Kastanie, die langfristig nicht mehr in der Region lebensfähig sei.
Scharf kritisierte Kreuzer den zunehmenden Trend, Vorgärten in Stein- und Schotterwüsten zu verwandeln. „Eine ökologische Katastrophe ist das.“ Solche Gärten heizten auf, Insekten verlören Quartiere, Wasser verdunste schnell. Die Flächen müssten aber atmen. Der Baurat empfahl, all diese Überlegungen in künftige Gestaltungen von Bebauungsplänen einfließen zu lassen (Begrünungszwang Vorgärten). Dazu gehöre, an Dachbegrünungen zu denken.
Nachverdichtungen in Wohngebieten werden skeptisch gesehen
Drei bis sechs Todesopfer im Jahr durch Hitze
Eindrucksvoll die Hinweise von Baurat Kreuzer zu Todesopfern durch Hitze: Rechnet man Landeszahlen herunter, so starben zwischen 1981 und 2010 drei bis sechs Gladbecker pro Jahr in Folge starker Hitze.
Bis 2050 rechnet man mit neun bis 13 Toten pro Jahr. Zum Vergleich, so Kreuzer, gebe es im Schnitt pro Jahr in Gladbeck einen Verkehrstoten.
Interessant auch: In den 30er Jahren gab es im Schnitt 3,4 Starkregentage in Gladbeck, heute sind es 4,8. Aber: Bis zu 80 Prozent mehr versiegelte Fläche gibt es heute in der Stadt.
Problematisch bewertet Kreuzer bauliche Nachverdichtungen in Stadtquartieren, was vor geraumer Zeit noch Leitlinie der Baupolitik war, um neuen Wohnraum zu schaffen. „Wir brauchen Freiflächen als Luftschneisen!“ Auch Bürgermeister Ulrich Roland empfahl künftig Zurückhaltung bei Verdichtungen. „Wir sind jetzt im oberen Grenzbereich.“ Große neue Baugebiete, auch Gewerbegebiete, könne es nicht mehr geben.
Einfließen in die Stadtentwicklung müssten auch Überlegungen, die Wassermengen bei Starkregen, wie es ihn auch in diesem Jahr gab, zu bewältigen, so Baurat Kreuzer. Frank Restemeyer, der Abwasserexperte der Verwaltung, sagte, es gebe Grenzen, was die Größe der Kanäle anbelangt. Wo es geht, würden schon Trennsysteme (für Oberflächenwasser und „richtige“ Abwässer) gebaut. „Aber das ist eine Generationenaufgabe.“ Privatflächen sollten ans Trennsystem angeschlossen werden. Restemeyer: „Da aber bitte keinen Zwang, wir haben auf freiwilliger Basis sehr gute Erfolge erzielt, Anschlussquoten bis zu 80 Prozent.“ In Bauplänen sollten Notwasserwege und Überflutungsbereiche verankert werden, so Kreuzer, der darauf hinwies, dass Straßen bei akutem Starkregen durchaus Überflutungsräume sein können.