Gladbeck. Gedenkstättenfahrer Georg Liebich-Eisele war mit 24 jungen Menschen in Israel. Im Mittelpunkt stand die Beschäftigung mit dem Holocaust.
Mit vielen neuen Eindrücken und bleibenden Erinnerungen sind 24 Gladbecker Jugendliche von einer Gedenkstättenreise mit dem Holocaust-Experten Georg Liebich-Eisele aus Israel zurückgekehrt. Die gemeinsame Zeit im Nahen Osten sei eine sehr intensive und emotionale Erfahrung für alle gewesen, hieß es nach der Rückkehr.
Die Reise, an der Studenten, Berufstätige und Schüler im Alter zwischen 17 und 25 Jahren teilnahmen, stand unter dem Motto „Erinnern für eine gemeinsame Zukunft”. Im Vordergrund der Gedenkstättenfahrt stand die Auseinandersetzung mit der Shoah, aber auch mit dem Judentum sowie mit der aktuellen politischen und gesellschaftlichen Situation in Israel beschäftigten sich die Gäste. Einen kleinen Berührungspunkt mit der Politik hatten sie allein schon durch die Hotelwahl in Jerusalem: Es befand sich nur rund 200 Meter vom Haus des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu entfernt. „Jeden Morgen sind wir von den Polizeisirenen der Begleitfahrzeuge geweckt worden, wenn Netanjahu losfuhr“, so Liebich-Eisele.
Gespräch mit Holocaust-Überlebenden war total beeindruckend
In Jerusalem informierte sich die Reisegruppe bei der Hilfsorganisation Amcha, dem nationalen Zentrum für psychosoziale Unterstützung von Holocaust-Überlebenden, über die Situation der Holocaust-Betroffenen. Bei einer interreligiösen Stadtführung waren sie beeindruckt vom Blick auf den Tempelberg, wo sich der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee befinden. An der Klagemauer steckten die Jugendlichen kleine Zettel mit persönlichen Wünschen in die Ritzen der Westmauer. Natürlich stand auch der Besuch der Ausstellung und der Gedenkstätte Yad Vashem, die für die von den Nationalsozialisten ermordeten Juden errichtet wurde, auf dem Reiseplan. Dort fand auch ein Treffen mit dem Zeitzeugen Saul Oren statt, der den Jugendlichen seine persönliche Geschichte erzählte. Er war als 14-Jähriger mit seinem Bruder nach Auschwitz deportiert worden, überlebte Auschwitz, Sachsenhausen und den Todesmarsch.
Im Seminarzentrum Givat Haviva diskutierten die Jugendlichen über das Thema „Arabische Minderheit und Jüdisch-Arabische Koexistenz“. Bei einer Tour entlang der „Grünen Linie“ besichtigten sie die Sperranlagen sowie das Dorf Barta´a. Liebich-Eisele: „Das Dorf wird durch die Grüne Linie getrennt und zeigt deutlich die schwierige Lebenssituation der palästinensischen Bevölkerung.“
Stadtführungen durch Jaffa und Tel Aviv gehörten zum Programm
Stadtführungen in Jaffa und Tel Aviv standen ebenfalls auf dem Programm. Hier wurden die Jugendlichen über geschichtliche und aktuelle Ereignisse informiert. Mit Bethlehem besuchten die Gladbecker die Geburtsstadt Jesu und sahen sich die Geburtsgrotte an, die von Kaiser Konstantin erbaut wurde und bis heute alle Kriege überstanden hat. Dort hatten die Jugendlichen noch Zeit, die Altstadt auf eigene Faust zu erkunden.
Der letzte Programmpunkt war, so Liebich-Eisele, gleichzeitig auch der emotionalste. Im Kulturzentrum Beit Lehiyot – ein Begegnungsort für Holocaust-Überlebende südlich von Tel Aviv – erhielten die Jugendlichen die Möglichkeit, sehr intime Einblicke in die Seelenwelten der Holocaust-Überlebenden zu bekommen. Sie sprachen mit Herta Goldmann, Chava Wolf und Batsheva Dagan.
Mit beeindruckender Offenheit ihr Schicksal erzählt
Fahrten auch 2019 wieder
Eine wichtige Erkenntnis der Gedenkstättenfahrer war, dass sie in ein Land reisten, in dem trotz aller Probleme auch ein ganz normales Leben stattfindet.
Auch im nächsten Jahr werden, so Georg Liebich-Eisele, wieder Gedenkstättenfahrten nach Berlin und Israel stattfinden, außerdem ist eine Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz geplant; diese Fahrt wird von einer Zeitzeugin begleitet.
Mit beeindruckender Offenheit erzählten sie von ihren sehr persönlichen Schicksalen, die sie während der Naziherrschaft erlitten. Ganz besonders wird den Jugendlichen der Appell von Batsheva Dagan in Erinnerung bleiben, die sie aufforderte mitzuhelfen, dass sich diese Zeiten der Unterdrückung, Verfolgung und Ermordung von Menschen nicht wiederholt.
Viele Wahrheiten hätten sie in Israel erfahren, jedoch würden sie noch viele Wahrheiten benötigen, um das Land und seine Menschen noch besser verstehen zu können, sagten die Jugendlichen am Ende ihrer Reise.