Gladbeck. . Am Wasserschloss verfolgten viele Landsleute das Spiel. Auch in der Alten Post schauten sie gemeinsam. Das Ergebnis für die meisten: zweitrangig.
Sie waren dabei, im Endspiel einer Fußball-Weltmeisterschaft. Den Stolz über diesen Erfolg konnte den Kroaten niemand nehmen – auch nicht die Niederlage gegen Frankreich. „Wir sind sowieso Gewinner“, sagte Michelle Barać. Die Essenerin war eine von Hunderten, die am Sonntagabend im Schlosshof Wittringen bis zuletzt mit ihrer Mannschaft mitfieberte.
Aus dem ganzen Ruhrgebiet waren sie gekommen, um vor der Kulisse des Wasserschlosses die kroatische Elf anzufeuern– die Farben blau, weiß und rot dominierten den Schlosshof an diesem Abend. Das Pächter-Paar Goran und Marijana Koscevic hatte eine Großleinwand aufgebaut, auf den bereitgestellten Bänken saß schon bald niemand mehr.
Das Erreichen des Finales war der größte Erfolg
Dass die Mannschaft überhaupt das Finale erreicht hatte, war für die Fans der größte Erfolg. „Wenn man mit dem Herzen dabei ist, kommt so etwas dabei heraus“, war sich Silvia Pujic sicher und meinte nicht nur die Leidenschaft der Spieler, sondern auch die der Fans. Und die waren sich einig: „Wir erreichen den zweiten Platz, wir haben also schon was gezeigt“, sagte Adrian Toplak.
Neben den überwiegenden Fans des Balkanlandes waren auch die ein oder anderen Deutschen nach Wittringen gekommen. „Wirklich stark, dass sich die Mannschaft so durchsetzen konnten“, fand Bottroperin Bianca Rochmann, die gemeinsam mit ihren kroatischen Freunden das Spiel verfolgte.
Spiel mit weichen Knien verfolgt
Auch im Hotel-Gasthaus Alte Post schauten viele Kroaten das WM-Finale gegen Frankreich. Familie, Freunde und Mitarbeiter von Inhaber Vlado Sucic saßen dort gebannt vor den Fernsehern. „Egal wie es ausgeht, wir werden trotzdem feiern“ sagte Sucic noch in der ersten Halbzeit. Denn: „Wir sind im Finale und das ist unglaublich.“
Mit rasendem Herzen und weichen Knien verfolgte er das Spiel. Auch als nach wenigen Spielminuten Kroatien ein Eigentor schoss, blieb er gelassen. „Es ist ja noch Zeit.“ Der Jubel über den kurz darauf folgenden Ausgleich – bis auf die Straße zu hören.
Raunen bei jeder Torannäherung
Bei jeder Annäherung an das französische Tor ging auch ein Raunen über den Schlosshof. In einer Ecke schminkten sich zwei Frauen Flaggen auf ihren Wangen nach, andere schwenkten die Fahnen in ihren Händen. „In drei, vier Minuten ist Frankreich Weltmeister“, tönte es trotz allen Hoffens der Kroaten schließlich aus den Boxen.
Einige Gäste wurden wieder nach Hause geschickt
Die Schloss-Pächter hatten für das WM-Finale einen Sicherheitsdienst engagiert, der am Eingang zum Schlosshof u.a. Taschen kontrollierte.
Es kamen so viele Besucher nach Wittringen, dass viele wieder weggeschickt werden mussten. Der Sicherheitsdienst sperrte zwischenzeitlich die Tore des Schlosses. „Mit so einem Andrang hatten wir nicht gerechnet“, sagte Schloss-Pächter Goran Koscevic.
„Die Sicherheit geht vor“, begründete er die Entscheidung, keine weiteren Zuschauer hereinzulassen.
Ein Baby auf dem Arm seines Vaters begann zu weinen. Auch wenn die Worte des Spiel-Kommentators nicht der Grund gewesen sein können: Es spiegelte die Stimmung im Schlosshof wider. Traurige Mienen spätestens beim Spielstand 4:1.
Doch die Kroaten blieben tapfer. Zwar hatte der ein oder andere nach dem Schlusspfiff keine Lust zu reden und auf den Weg zum Parkplatz machten sich viele schnell auf. Aber: Schon wenige Minuten nach der Niederlage gab es dann doch die ersten Hupkonzerte. „Wir sind nicht traurig“, sagte der 19-jährige Josep in rot-weißem Trikot. „Das ist der größte Erfolg, den wir je hatten.“