Gladbeck. . Heinz Enxing leitet den Verein für Orts- und Heimatkunde und engagiert sich dafür, den Gladbeckern ihre Stadt und die Geschichte nahe zu bringen.

„Mister Heimatverein“ wird er schon mal genannt: Heinz Enxing (81), Gesicht und der Motor des Vereins für Orts- und Heimatkunde. Es gibt fast nichts, was er nicht weiß über die Geschichte seiner, na klar, Heimatstadt Gladbeck. Was ihn antreibt, warum er es wichtig findet, sein Wissen weiterzugeben, und was er unter dem wieder populär gewordenen Heimatbegriff versteht – davon berichtet der gebürtige Gladbecker im WAZ-Gespräch.

Was ist für Sie Heimat?

Das ist da, wo ich mich zuhause fühle. Das muss nicht identisch mit dem Ort sein, an dem ich geboren wurde. Es ist eher die Mentalität der Menschen, die mir dieses Gefühl gibt.

Der Begriff „Heimat“ ist heute ja wieder populär.

Heimat ist wieder in. In den 70er Jahren war der Begriff noch ein Beispiel für Rückständigkeit. Damals wurde auch das Schulfach Heimatkunde umbenannt in Sachkunde. Ich fand das richtig, weil das Thema seitdem viel breiter gefasst ist, z.B. Erdkunde und Landeskunde dazu gehört.

Auch der Gladbecker Heimatverein änderte in der Zeit seinen Namen.

Ja, damals wurde der Verein, der sich 1911 gegründet hat, in Verein für Orts- und Landeskunde umbenannt. Man wollte nicht mit Heimattreuen und Vertriebenenverbänden verwechselt werden. Der Name galt aber nur fünf Jahre, dann fand man den heutigen.

Das Relief vor der Lambertikirche,das das ursprüngliche Dorf Gladbeck zeigt, ist für Heinz Enxing ein gutes Beispiel, wie man das Bewusstsein für die Geschichte der Stadt wecken kann.
Das Relief vor der Lambertikirche,das das ursprüngliche Dorf Gladbeck zeigt, ist für Heinz Enxing ein gutes Beispiel, wie man das Bewusstsein für die Geschichte der Stadt wecken kann. © Oliver Mengedoht

Was treibt Sie an, sich für Ihre Heimat in dieser Forum zu engagieren?

Ich möchte mithelfen, dass Erhaltenswertes und Gutes im Bewusstsein der Menschen bleibt und anderen davon Kenntnis geben. Deshalb zeige und erkläre ich den Leuten, was wir in Gladbeck haben. Denn man kann nur schätzen, was man kennt.

Setzt der Verein sich auch für die Bewahrung der Gladbecker Geschichte ein?

Ja, wir haben beratende Funktion, z.B. wenn es um die Neubenennung von Straßen geht. Oder wir geben Stellungnahmen bei Bauvorhaben und Denkmalfragen ab. Aber man muss nicht an allem festhalten, kann nicht jede Ruine retten.

Der Verein ist sehr aktiv, lädt zu 45 bis 50 Veranstaltungen im Jahr, die gut besucht sind. Wie schaffen Sie es, die Leute zu interessieren?

Wir gehen auf die Wünsche ein, Radtouren sind beispielsweise sehr beliebt. Oder bei den Stadtführungen, die ich für die VHS mache, erzähle ich auch Anekdoten zu den historischen Orten. Wie zum Jammerkrug, in dem früher an den Wänden gereimte Sprüche mit Bezug zu den Amtsgebäuden wie Finanzamt, Polizei und Gericht standen. Oder ich erzähle, dass ein Möbelstück des Gladbecker Tischlers Johannes Riesener bei einer Auktion 13 Millionen Pfund erzielt hat, und auch bei Elisabeth (der englischen Königin) in Windsor ein Möbel steht. Das behalten die Leute, das schafft einen Bezug.

Fehlt den Menschen das Bewusstsein für die Heimatgeschichte?

Ja, in den Industriegesellschaften ist das zu beklagen, das hat man ja an den Kahlschlägen in den 70er Jahren gesehen. In Städten, in denen viel Historisches erhalten blieb, ist das Bewusstsein größer. In Gladbeck wurde vieles wegsaniert. Dabei gibt es auch hier Dinge, die unverwechselbar sind.

Neuauflage „Gruß aus Gladbeck“

660 Mitglieder hat der Verein für Orts- und Heimatkunde, der neben vielen Vorträgen und Führungen in Gladbeck und in der Region auch an der Zeitschrift des Verkehrsvereins „Gladbeck unsere Stadt“ mitarbeitet.

Auch der Baumlehrpfad in der Innenstadt und über 100 Straßenlegendenschilder sind sein Verdienst. Das Buch „Gruß aus Gladbeck“ mit alten und neuen Ansichtskarten wird zum Stadtjubiläum 2019 neu aufgelegt

Wie sieht es bei Zuwanderern aus? Können Sie Interesse für die Heimatgeschichte bei ihnen wecken?

Definitiv nein. Wir erreichen manche Kreise nicht, weder Migranten noch Jüngere. Auch Kinder nicht. Das sehen wir ja an unseren Mitgliedern, die älter sind, und an denen, die unsere Angebote wahrnehmen. Es wäre wünschenswert, dass auch andere kommen, aber gegen die Mentalität der Leute kommen Sie nicht an.

Was wünschen Sie sich für Ihre Heimat Gladbeck?

Dass man sich der Identität in dieser Stadt bewusst wird und das schätzt, was die Stadt zu bieten hat.