Gladbeck. Die ehemalige Redaktionsleiterin Erna-Johanna Fiebig war in den 50er Jahren die erste Frau, die für die WAZ in Gladbeck tätig war.
Sie zählt zum journalistischen Urgestein in Gladbeck, gilt als erste WAZ-Frau am Ort und begleitete als Vertreterin der schreibenden Zunft die Entwicklung der Stadt über Jahrzehnte: Erna-Johanna Fiebig, langjährige WAZ-Redakteurin und ehemalige Redaktionsleiterin. Am kommenden Montag, 16. April, wird sie 90 Jahre alt.
Insgesamt arbeitete Erna Fiebig 43 Jahre bei drei örtlichen Zeitungen, begann ihre berufliche Karriere im kriegszerstörten Gladbeck und in einer männerdominierten Branche. Unmittelbar nach Kriegsende aber war sie 17-jährig zunächst als englisch-sprechende Schreibkraft bei der britischen Stadtkommandantur beschäftigt, dann bei der neu aufgebauten Stadtverwaltung in gleicher Funktion.
1950 begann ihre journalistische Karriere
1950 begann Erna Fiebig ihre journalistische Karriere, begleitete die spannende Zeit des Wiederaufbaus von Stadt und Demokratie. Zuerst arbeitete sie für die Westfälische Rundschau, wohin sie durch einen Tipp gelangt war. Der damalige WR-Lokalchef Moritz Grän, „ein Redakteur alter Schule“, wie sich erinnert, gab ihr eine Chance, lernte den Job von der Pike auf. 1955 kam sie erstmals zur WAZ. Der damalige Leiter der Lokalredaktion, Harald Neumann, hatte sie abgeworben.
Ihr früh ausgeprägtes Selbstbewusstsein und das in der Nachkriegszeit entwickelte Durchsetzungsvermögen halfen ihr, sich in der harten Konkurrenzzeit der 50er Jahre im Job zu behaupten. Und mit den vielen Männern, die damals im Zeitungsmetier tätig waren, „bin ich immer gut ausgekommen“, versichert sie. Nach einer „Babypause“ (den Begriff gab es damals noch nicht) arbeitete sie zunächst freiberuflich weiter, später als Redakteurin der Ruhrnachrichten. 1976 kehrte sie zur WAZ zurück, deren Leitung sie 1986 bis zu ihrer Pensionierung 1993 übernahm.
Sie war immer eine Gladbecker Lokalpatriotin
Hautnah erlebte Erna Fiebig den Niedergang des Bergbaus, die Glabotki-Zeit und das Ende des Siemens-Werkes. Als Lokalpatriotin fühlte sie sich stets ihrer Heimatstadt verpflichtet. Dabei behielt sie vor allem den sozialen Aspekt und die Belange des kleinen Mannes im Auge. Fiebig war Geburtshelferin sowohl des Volksradfahrens als auch des Appeltatenfestes. Wann immer es ging, setzte sie sich für Veränderung ein, etwa für den Umbau der denkmalgeschützten ehemaligen Berginspektion am Bernskamp zum viel gelobten Musikschulhaus. Auch eine Neunutzung der Maschinenhalle Zweckel hatte sie schon sehr früh angeregt. Fiebig war und ist Verfechterin des unabhängigen Journalismus’. „Wir sind nur dem Leser verpflichtet“, war ihr Credo.
Seit nunmehr fast 25 Jahren genießt sie ihren Ruhestand. „Mit Neugier und kritischem Interesse“, wie sie sagt, studiert sie nach wie vor literarisch Neues, liest vor allem Zeitungen, allen voran „ihre“ WAZ. „Und zuerst den Lokalteil“, wie sie versichert. Mitunter stöbert sie auch noch im Internet. Überhaupt ist sie – obwohl seit einigen Jahren gesundheitlich eingeschränkt – immer noch recht unternehmungslustig und aktiv.
Mit 78 Jahren zog sie noch einmal um
Seit 60 Jahren Mitglied im Journalistenverband
Erna-Johanna Fiebig ist seit jeher Mitglied im Deutschen Journalistenverband. Im vergangenen Jahr wurde sie für 60 Jahre Zugehörigkeit ausgezeichnet.
Die gebürtige Gladbeckerin ist seit vielen Jahren Trägerin der Stadtplakette in Silber. Sie bekam sie für ihr jahrzehntelanges ehrenamtliches Engagement für die Musikschule.
Natürlich nimmt sie regelmäßig einmal die Woche an ihrer Doppelkopfrunde teil und genießt ihre Vormiete im Essener Aalto-Theater. Und noch immer hegt sie Pläne, in ihr geliebtes Bad Füssing zu fahren. „Ich liebte meinen Beruf, aber es gibt auch ein interessantes Leben nach dem Job.“
Mit ihrem bekannten eisernen Willen lässt sich Erna Fiebig, die mit 78 noch einmal in die Innenstadt umgezogen ist, nicht unterkriegen und behauptet – wenn auch mit Hilfe und Unterstützung – bis heute ihre Selbstständigkeit in ihrer Wohnung. Und das soll auch so bleiben.