Gladbeck. Josef Wolters, Ex-RN-Redaktionsleiter, blickt auf eine Zeit mit journalistischer Konkurrenz zurück. Einst gab es sieben Zeitungen in Gladbeck.

Als Josef Wolters, journalistisches Urgestein in Gladbeck und lange Jahre Leiter der Ruhr-Nachrichten-Redaktion, sein Handwerk erlernte, gab es in der Stadt sieben Tageszeitungen. „Ich hab’ anfangs als freier Mitarbeiter für alle Zeitungen geschrieben“, erinnert sich Wolters, der im Juni 85 Jahre alt wird. Die Pressevielfalt – sie sei toll gewesen. „Das war für Journalisten damals eine sehr schöne, ergiebige Zeit.“

Lebhaft in Erinnerung ist ihm, bei aller Konkurrenz, die in den 50er und 60er Jahren zwischen den Zeitungstiteln herrschte, die kollegiale Freundschaft unter den Redakteuren geblieben. „Da gab es jede Woche ein Journalisten-Schwimmen, den Stammtisch im Café Siebeck und einmal jährlich den Pressekarneval bei Liedmann an der Bottroper Straße, später Poststation.“

Ende der 50er Jahre gab es nur noch drei Tageszeitungen

Die Nachkriegsjahre – es sei eine Zeit gewesen, in der die Menschen nach Informationen hungerten, Zeitungsverleger bei Null anfingen und neue Titel starteten. Es war eine Zeit, in der die Zeitungen nicht täglich erschienen, weil Papier fehlte, „es wurde zugeteilt“. Es gab auch kein Manuskriptpapier, kaum Stifte und nur wenig Geld für Mitarbeiter. „Kein Wunder, dass sich der Markt schnell selbst bereinigte“, so Wolters, „schon Ende der 50er Jahre gab es nur noch drei Zeitungen in Gladbeck“: Westfälische Rundschau, Ruhr Nachrichten und WAZ.

Die Rundschau, eine SPD-nahe Zeitung, war 1946 erstmals erschienen und hatte ihre Redaktion am Bahnhof Ost – im selben Haus wie das SPD-Parteibüro. Arthur Schirrmacher, der spätere SPD-Fraktionschef, war erster Lokalchef. Ab 1953 leitete Alfred Gottschalk die Redaktion, der spätere Chef des städtischen Presseamtes. Nach einem Umzug befand sich die Redaktion an der Rentforter Straße, gegenüber dem Rex-Kino. 1965 gab die WR die Ausgabe auf. Wolters: „Das war absehbar, die WR hatte nur einen Lokalteil für Gladbeck, Bottrop, Dorsten. Sowas wollen die Leute nicht.“

Wolters war mehr als 30 Jahre Redaktionsleiter

Eine Zeitung der Alliierten war das erste Nachkriegsblatt

Angefangen hatte die Nachkriegsgeschichte der Tageszeitungen in Gladbeck 1945, als die „Ruhr-Zeitung“ als erste Tageszeitung nach dem Krieg erschien – mittwochs und samstags. Ein Blatt, das von der britischen Militärbehörde herausgegeben wurde und nur 20 Pfennige kostete. Als 1946 die ersten deutschen Tageszeitungen erschienen, stellten die Alliierten die „Ruhr-Zeitung“ ein.

Von 1946 bis 1956 existierte die Neue Volkszeitung, herausgegeben von der KPD, die eingestellt wurde, nachdem die Partei verboten worden war. Auch das Erscheinen des Westfälischen Kuriers war nur von kurzer Dauer.

1946 war auch die Gladbecker Volkszeitung wieder erschienen – Gladbecks älteste Zeitung von 1888. Sie residierte im Haus neben dem heutigen Rathauscafé. Wolters erinnert sich: „Im Hof zur Barbara-straße standen Räume für Setzerei und Druckerei. In einem Teil der Setzerei war später lange der Getränkemarkt Kirschfink zuhause.“ 1951 wurde die Volkszeitung von den Ruhr Nachrichten übernommen, die erstmals am 1. März 1949 herausgekommen waren.

Vorher hatte die WAZ das Licht der Pressewelt erblickt – am 3. April 1948. Die übernahm 1954 die Morgenpost, ein Ableger der Essener Allgemeinen aus dem Hause Giradet. Die war Ende 1949 auf den Markt gekommen, residierte an der Postallee – dort, wo später die Ruhr Nachrichten einzogen. „Die Morgenpost schlug echt ein“, erinnert sich Wolters, „weil sie sieben Tage die Woche erschien.“ Mit Übernahme der Morgenpost habe die WAZ ihre Auflagenzahl gefestigt.

Schon 1960 Volontär bei den Ruhr Nachrichten

Wolters wurde 1960 Volontär bei den Ruhr Nachrichten Gladbeck – nach vier Monaten schon Redakteur. „Im Laufe der Jahre verschärfte sich die Konkurrenz, aber das war ein belebendes Element.“ Es seien gute Zeitungen gemacht worden. „Jeder freute sich, wenn er eine Geschichte vor einem anderen hatte.“ Als Wolters 1965 Chef der RN-Lokalredaktion wurde, war nicht nur die Morgenpost, sondern auch die WR Geschichte. Wolters löst Friedhelm Kölling ab, der zuvor Chef der Morgenpost war. Fortan gab es nur noch zwei Zeitungen in Gladbeck.

Den härtesten Schlagabtausch lieferten sie sich, so Wolters, in der Glabotki-Zeit. „Wir, die RN, waren gegen Glabotki, die WAZ dafür“, erinnert er sich, „die Redaktionen schenkten sich nichts.“ Als Glabotki Realität wurde, ging Wolters nach Gütersloh, leitete dort das Presseamt. Nach dem Glabotki-Aus kehrte er 1977 zur RN Gladbeck zurück, leitete sie bis zum Ruhestand 1998. Nachfolgerin wurde Elke Hautmann, heute WAZ-Mitarbeiterin. Als Rentner musste er zusehen, wie 2006 auch „seine“ RN schlossen. Seitdem bezieht er die WAZ: „Auf eine Zeitung kann ich nicht verzichten, auch wenn ich einen Zeitungsmarkt mit nur einer Zeitung für eine unbefriedigende Situation halte.“