Gladbeck. . Jeder Patient war ihm wichtig. Und als Ärztlicher Direktor hat der 65-Jährige die Entwicklung des Barbara-Hospitals entscheidend mitgestaltet.

„Der Dr. Brüstle kommt für jeden!“ So reden sie in Gladbeck und meinen: Dieser Chef im Krankenhaus hat keine Allüren, sieht immer auch den Menschen im Patienten. 2001 hörte Dr. Notger Brüstle (65), Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Allgemein- und Viszeralchirurgie, die lobende Bemerkung zum ersten Mal. Da fing er gerade neu an im St. Barbara-Hospital, war nach der Facharztausbildung und Jahre als Oberarzt am Essener Alfred-Krupp-Krankenhaus als Chefarzt nach Gladbeck gewechselt.

17 Jahre lang ist er seinem Anspruch, jedem gerecht zu werden, treu geblieben, hat die Patienten des Krankenhauses – und es waren wohl über Hunderttausend in all der Zeit – nicht enttäuscht. „Ich habe nicht jeden operiert, mir aber jeden Problemfall vorstellen lassen“, sagt er. Gut 10 000 Operationen werden es aber wohl gewesen sein. Dass die WAZ einst titelte „Gladbecker Chirurgen schneiden gut“, freut ihn bis heute.

Er hinterlässt ein wohl bestelltes Haus

Doch jetzt legt er das Skalpell aus der Hand, geht in den Ruhestand. Er hinterlässt, wie man so schön sagt, ein wohl bestelltes Haus.

15 Jahre hat Dr. Brüstle als Ärztlicher Direktor die Entwicklung des Krankenhauses mitgestaltet, wenn auch eher in beratender als entscheidender Position. Eine Rolle, die nicht immer leicht fiel im „Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit und dem Anspruch, den Patienten im Blick zu haben.“

Dass die turbulenten Zeiten der vergangenen zwei Jahre nun mit der St. Augustinus GmbH zu einem guten Ende gekommen sind, der Standort Gladbeck durch Erweiterungsbau und Verlagerung der Chirurgie von Horst sogar gestärkt wird, erleichtert dem Mediziner den Abschied. „Ich gehe mit der Hoffnung, dass alles gut weiter geht.“

Vorreiter bei Hygienestandards

Als Brüstle 2001 kam, brachte er sein spezielles Fachwissen mit: Die Schlüsselloch-Chirurgie, wie die Viszeral-Chirurgie der inneren Organe insbesondere im Bauchraum, Magen und Darm auch genannt wird. Damals war das ein Novum und ein Alleinstellungsmerkmal für das Gladbecker Krankenhaus.

Auch das Tumorzentrum ist in seiner Zeit entwickelt worden, ebenso wurde das Krankenhaus zum Vorreiter möglichst früher Überprüfung von MRSA-Keimen (so genannte Krankenhauskeime). Großen Wert legte der Chef in St. Barbara zudem auf das hohe Niveau der Einhaltung der Hygienestandards.

Der Umgang mit den Patienten war ihm immer wichtig

Besonders wichtig, das betont er im WAZ-Gespräch, war ihm aber immer auch die menschliche Seite des Berufs, der Umgang mit Patienten und miteinander im Krankenhausbetrieb. Erzogen und aufgewachsen in einem weltoffenen, freiheitlichen Sinne lebte der gebürtige Karlsruher seine Wertehaltung von Toleranz und Respekt auch im Berufsleben. So gesehen sei es gut gewesen, dass er in Gladbeck Chef geworden sei, sagt er. In dem Schmelztiegel verschiedenster Nationalitäten, sowohl der Patienten als auch der Krankenhausmitarbeiter, habe er „viel Menschlichkeit gelernt“ – und passte selbst gut zu den bodenständigen Menschen.

Die übrigens, auch das hat er festgestellt, sich als Angehörige gern um ihre Kranken kümmern. „Besonders die Frauen sind stark, sie gucken, dass alles gut läuft“, hat er beobachtet. Wenn aber ein Patient ein wenig abgehoben daher kam und darauf hinwies, dass er ja „privat versichert sei“, erhielt er mitunter diese Antwort vom Chefarzt: „Ach, das macht nichts, ich behandle sie trotzdem.“

Dr. Brüstle zieht mit seiner Frau nach München

Dennoch verlässt Dr. Brüstle, der bislang in Essen gewohnt hat, nun die Region. Er zieht mit seiner Frau nach München, um Tochter und Enkelkindern näher zu sein. Das Skalpell wird er nicht mehr in die Hand nehmen, eher als Gutachter in der Frage von Behandlungsfehlern tätig werden.