Gladbeck. . Die WAZ hat mit mehreren Trägern über die aktuelle Situation in ihren Einrichtungen gesprochen. Dem Beruf mangelt es auch an Anerkennung.
Für Jungen und Mädchen fehlen nicht nur Kita-Plätze in der Stadt, es mangelt auch an Erzieherinnen für deren Betreuung. „Das Personal ist knapp“, sagt Wilfried Allkemper, Geschäftsführer der Evangelischen Kirche. Sie betreibt in Gladbeck elf Kitas mit über 600 betreuten Kindern. Erzieherinnen seien so gefragt, dass sie sich heute ihren Arbeitsplatz aussuchen könnten.
In den zwölf städtischen Kitas sind derzeit sechs Stellen von insgesamt 85 Arbeitsplätzen unbesetzt. Die Stadt hat Schwierigkeiten, diese Stellen zu besetzen. Zumal es sich oftmals um Zeitverträge handelt, etwa als Ersatz für langfristig erkrankte Mitarbeiter.
Stadt hat Springerstellen eingerichtet
Drei Springerstellen hat die Stadt eingerichtet, um auf Ausfall durch Schwangerschaft oder Krankheit reagieren zu können. „Die Praxis zeigt, dass sie ständig eingesetzt sind, weil dann in den Kitas wirklich Not am Mann ist“, sagt Jugendamtsleiter Michael Freudiger.
Ein Grund für die Personalknappheit ist der Ausbau der Kita-Landschaft. „Die Schulen kommen mit der Ausbildung gar nicht so schnell hinterher“, sagt Freudiger. Dabei habe Gladbeck noch den Vorteil, dass die Johannes-Kessels-Akademie ihren Sitz in der Stadt hat, sagt Wilfried Allkemper. „Die Schüler der Akademie kommen meist aus dem näheren Umfeld und suchen sich dann auch hier eine Arbeitsstelle.“
Kita-Ausbau nutzt nichts ohne genügend Personal
Der Kita-Ausbau nutze nichts, wenn kein Personal da ist, das die Kinder betreuen kann, meint Allkemper. Er sieht die Landesregierung in der Verantwortung, ein Gesetz auf den Weg zu bringen, das den Trägern Sicherheit gibt, neue Kitas bauen und mehr Erzieherinnen einstellen zu können.
Hinzu kommt die mangelnde Wertschätzung für den Erzieherinnen-Beruf. „Lehrer werden viel mehr wertgeschätzt. Dabei bauen sie auf der Bildung auf, die wir vermitteln“, sagt Magdalena Stein, Leiterin der städtischen Kita Ringeldorfer Straße. Um die Attraktivität des Berufs zu steigern, sei auch eine bessere Bezahlung nötig, meint Michael Wichert, Leiter der katholischen Kita St. Marien. „Gut ausgestattete Kitas – auch personell – sind für einen guten Start ins Leben wichtig.“
Viele Kinder sprechen kein Deutsch
Während die Wertschätzung für den Erzieherinnenberuf in der Bevölkerung sehr gering sei, stiegen die Anforderungen an die Mitarbeiterinnen. Dazu zählt, dass immer häufiger Kinder in die Kita kommen, die kein Wort Deutsch sprechen. „Die Kommunikation läuft dann nonverbal ab, denn irgendwie müssen die Erzieherinnen ja mit den Kindern kommunizieren“, sagt Allkemper.
Auch der Anteil der Kinder aus armen Familien nimmt zu und stellt eine Herausforderung im Kita-Alltag dar. Über 50 Prozent der Eltern zahlen aktuell keinen Beitrag für die Unterbringung ihres Kindes in einer städtischen Kita. Das sind diejenigen, die aufgrund eines Bruttojahreseinkommens von unter 17 500 Euro von den Beiträgen befreit sind. Freudiger: „Darunter sind zwangsläufig auch Eltern, die nicht in der Lage sind, ihr Kind angemessen auszustatten.“
Im Winter mit Sommerschuhen in die Kita
So kommt es vor, dass Jungen und Mädchen ohne Frühstück oder passende Kleidung in die Kita gehen. „Da kommt ein Kind im Winter schon mal mit Sommerschuhen her“, sagt Allkemper. In den städtischen Kitas – die das Problem auch kennen – werden daher immer mal wieder Kleiderbasare- und börsen organisiert.