Gladbeck. . „Gladbeck“, der ARD-Film übers Geiseldrama, war der Straßenfeger in Gladbeck. Wie war’s? Das hat die WAZ am Tag danach gefragt.
„Gladbeck“, der ARD-Film übers Geiseldrama, war Mittwoch- und Donnerstagabend der Straßenfeger in Gladbeck. Wie war’s? Das hat die WAZ am Tag danach gefragt.
Geschäftsmann Adi Raible, für den der Filmabend Pflichtprogramm war – „als Gladbecker fühle ich mich quasi in Geiselnahme, diesen Film zu gucken“ - kamen beim Zuschauen immer größere Zweifel an der Entscheidung, Degowski vor wenigen Wochen in die Freiheit zu entlassen. Sein Fazit: Der Streifen ist realistisch und gut gemacht. „Die Macher haben sich viel Mühe gegeben.“
„Warum greift die Polizei nicht ein?“
Dennoch erging es Adi Raible wie wohl vielen anderen Fernsehzuschauern. Immer wieder fragte er sich: Warum greift die Polizei nicht ein? „Es war echt erschreckend, wie hilflos die Beamten waren“, sagt er. Der Geschäftsmann findet: Die Polizei kommt bei dem Spielfilm deutlich schlechter weg als die Stadt. Dennoch: Raible glaubt, dass Gladbeck dieses Verbrechen nie wieder loswerden wird. Ebenso wenig wie Duisburg die Loveparade, Bottrop den Apothekerskandal.
„Aufwühlend“, so beschreibt Bürgermeister Ulrich Roland seine Eindrücke. „Das war das erste Mal, dass Millionen Menschen Zeugen eines Verbrechens waren. Und bis heute ist die Frage unbeantwortet, warum der Staatsapparat zuschaute.“ Heute, glaubt Roland, würden Staat, Medien und Menschen sich so nicht mehr verhalten, wäre die Schwelle der Scham größer. Nach wie vor findet der Bürgermeister es in höchstem Maße „unanständig, dem Film den Titel „Gladbeck“ zu geben.“
Dem stimmt der ehemalige WAZ-Redakteur Detlef Kittler-Capredon, der das ganze Geiseldrama damals hautnah miterlebt hat,zu. „Dass wir belächelt werden, wenn wir uns als Gladbecker outen, damit müssen wir leben. Aber warum man ausgerechnet den Stoff über diese Vollidioten nach 30 Jahren für einen Film nimmt, verstehe ich nicht.“
„Die Verbrecher wurden nicht heroisiert“
„Unter filmischen Gesichtspunkten war’s richtig gut, inhaltlich und historisch entspricht es meinen Erinnerungen“, urteilt Peter Breßer-Barnebeck, Leiter der Kommunikation der Stadt Gladbeck. Insbesondere das Versagen der Polizei und die Grenzüberschreitungen der Medien seien gut herausgearbeitet worden. Positiv auch: „Die Verbrecher wurden nicht heroisiert. Sie wurden genauso schlicht und brutal dargestellt, wie sie waren.“ Richtig genervt habe aber der prollige Ruhrpottslang, den Rösner, Degowski und Löblich im Film sprechen. „Das war überzogen, habe ich hier noch nie so gehört.“ Dem Image der Stadt schaden werde der Film, „ein zeitgeschichtliches Dokument“, nicht. Dennoch: „Zwingend gebraucht hätte man ihn nicht.“
Viele Reaktionen auf Facebook
Kritik am hilflosen Agieren der Polizei und dem skrupellosen Vorpreschen der Medien hagelt es auch auf unserer Facebookseite. In vielen Kommentaren wird aber auch Mitleid bekundet mit den Opfern und deren Angehörigen, die durch den Film jetzt wieder an die schrecklichen Ereignisse erinnert werden.
Dennoch: Der Film wird nicht verrissen, vielmehr überwiegen Lob für das Drehbuch und auch die schauspielerische Leistung. Auch Rebecca Schwinning ist der Meinung, der Film sei gut gemacht. Erschreckend sei, schreibt sie in einem Kommentar, „dass so etwas überhaupt möglich war“.
Sezer Turcelton war zum Zeitpunkt des Geschehens noch nicht geboren. Er schreibt: „Der Film hat mich wirklich emotional gepackt, und die Ohnmacht der Polizei wurde mit zunehmender Dauer spürbarer.“ Für ihn sei es erschreckend gewesen zu erfahren, was wenige Kilometer von seinem Geburtsort entfernt passiert sei. Seine Überzeugung: „Emanuele und auch Silke hätten nicht sterben müssen...“