Gladbeck. Stefan Wulfekotte hat zur Unterstützung der Ausbildung seiner Fahrschüler einen Simulator angeschafft. Ängste können gefahrlos abgebaut werden.

. „Fahren wir bei der ersten Fahrstunde schon richtig auf der Straße?“ Ein Frage, die Stefan Wulfekotte, besorgter Blick inklusive, von fast jedem seiner Fahrschüler kurz vor dem Einstieg in die Fahrpraxis hört. Jetzt kann der Chef von Stefan`s Fahrschule den Führerscheinaspiranten die Angst nehmen: „Bevor es auf die Straße geht, können wir gerne vorher am Simulator üben.“ Kein Witz, der Unternehmer hat als erster Fahrlehrer in Gladbeck dafür ein fast 20 000 Euro teures Spezialgerät angeschafft, das realitätsnah das Anfahren lernen und die ersten Kilometer hinterm Steuer im Straßenverkehr ermöglicht.

WAZ-Tester Hendrik Steimann durfte vor der Freigabe für die Fahrschüler den Simulator in Stefan’s Fahrschule ausprobieren.
WAZ-Tester Hendrik Steimann durfte vor der Freigabe für die Fahrschüler den Simulator in Stefan’s Fahrschule ausprobieren.

Der Simulator, der im Nebenraum der Fahrschule an der Horster Straße 62 steht, erinnert mit bequemem Schalensitz, Fußpedalen, Lenkrad, Cockpit und drei Monitoren auf den ersten Blick an einen Luxus-Rennwagensimulator wie ihn auch PC-Game-Enthusiasten für realistische Spielerlebnisse kaufen können. Wo dort aber schnelle Runden und Kurvendrifts im Vordergrund stehen, beschränkt die Software beim Fahrschulsimulator schnell den ungezügelten Tritt aufs Gaspedal, da das Einhalten und Erlernen der Verkehrsregeln ja Ziel der Computerfahrt ist.

Sechs Schwierigkeitsstufen sind möglich

„Sechs aufeinander aufbauende Fahrstunden mit stets komplexer werdenden Schwierigkeitsstufen sind möglich“, erklärt Wulfekotte. „In der ersten Simu-Stunde geht es um Einstellen der richtige Sitzposition und das Kennelernen von Rückspiegeln, Armaturenbrett und Fußpedalen“. Danach werden dann Anfahren und erste Runden im Straßenverkehr geübt. Die Erklärungen dazu gibt Wulfekottes neuer virtueller Kollege, der nicht neben dem Fahrschüler, sondern quasi in dessen Ohr sitzt, um über Kopfhörer mit freundlicher Stimme Kommandos zu geben.

Die Fußpedale sind wie bei einem richtigen Auto angeordnet, über eine bewegliche Platte werden Fahrzeugbewegungen simuliert.
Die Fußpedale sind wie bei einem richtigen Auto angeordnet, über eine bewegliche Platte werden Fahrzeugbewegungen simuliert.

Der niedrigschwellige Einstieg in die Autopraxis ist vielen Fahrschülern der Generation-Computer offenbar sympathischer als der Stress bei den ersten Fahrstunden im Realverkehr. Wulfekotte: „Schüler haben schon angefragt, ob sie zuerst mit dem Simulator weiterfahren können.“ Denn so falle zum Beispiel der erlebte Stress weg, wenn nach dem vierten Abwürgen die hinter dem Fahrschulwagen wartenden Autofahrer entnervt hupen.

Virtueller Fahrlehrer ist „ganz schön pingelig“

Fast 20 000 Euro kostet der Vogel-Fahrsimulator, der im Nebenraum von Stefan`s Fahrschule steht.
Fast 20 000 Euro kostet der Vogel-Fahrsimulator, der im Nebenraum von Stefan`s Fahrschule steht.

Apropos entnervt. Der virtuelle Fahrschullehrer bleibt immer cool, auch nach dem zigsten Abwürgen, erinnert aber auch gnadenlos, wenn seine Ansage missachtet wurde: „Da wollte ich nicht hin. Ich habe doch gesagt, rechts abbiegen.“

Das findet WAZ-Volontär Hendrik (26) beim Test „ganz schön pingelig“. Auch beim Schulterblick, beim Spur- oder Geschwindigkeithalten passt der Simu-Fahrlehrer genau auf. Wer Verkehrsregeln missachtet, Radfahrer oder andere Autofahrer gefährdet, wird sofort ausgebremst. Kontrolliert wird der Fahrschüler über eine Kamera. Letztlich lobt Hendrik (Führerschein seit acht Jahren) aber den Simulator-Lehrer: „Er bemerkt alle Fehler, korrigiert sehr genau, so dass man gut auf die Realität vorbereitet wird.“

Das sieht Fahrschullehrer Wulfekotte ähnlich. „Die Simulatorstunden erleichtern den Fahreinstieg und kosten die Hälfte einer realen Fahrstunde. Wir können via Simulator auswerten, wo die größten Schwächen sind und gezielt dazu weiter im Straßenverkehr üben.“

  • Interessierte Fahrschüler und deren Eltern können den Simulator diesen Samstag an der Horster Str. 62 von 14-18 Uhr ausprobieren!
Der virtuelle Kollege ist auch ein Sprachtalent 

Der Simulator kann uns auch in ganz besonderer Weise entlasten“, sagt Fahrlehrer Stefan Wulfekotte, „denn der virtuelle Kollege spricht viele Sprachen, auch Arabisch“. Sprachbarrieren sind so gerade bei den vielen Flüchtlingen aus Syrien oder Afghanistan, die sich zum Führerschein anmelden, kein Hindernis mehr. Denn gerade beim Einstieg zur Fahrpraxis sei es wichtig, „dass die Erklärung der deutschen Fahrregeln richtig verstanden wird“.

Vom Fahrlehrerverband anerkannt

Der Simulator der Firma Vogel, die auch Fahrschul-Unterrichtsmaterialien herausgebe, sei vom Fahrlehrerverband anerkannt. „Durch diesen verlässlichen Standard werden wir im Fahrlehrer-Team entlastet, da Grundlagen auch ohne uns eingeübt werden können.“ Fahrlehrer-Nachwuchs sei nicht leicht zu finden, „da viele die Arbeitszeiten ab dem Morgen und auch am Abend scheuen.“

Mit dem Simulator könnten ohne Risiko nahezu alle Gefahrensituationen geübt werden, die in der Realität vorkommen können, „auch der plötzliche Wildwechsel bei der Überlandfahrt, oder der plötzlich vorbeirasende Ferrari auf der Autobahn“, so Wulfekotte, „was den Fahrschülern mehr Sicherheit gibt.