Herten/Vest.. Beim Vergabeverfahren hat sich kein privater Anbieter gemeldet. Das wäre nach EU-Recht möglich. Geschäftsführung reagiert mit Erleichterung.


Der öffentliche Personennahverkehr im Kreis Recklinghausen bleibt in der Hand der Vestischen – zumindest bis Ende 2029. Im Vergabeverfahren hat bis zum Ablauf der Frist in der vergangenen Woche kein privater Anbieter seinen Hut in den Ring geworfen.

In der Geschäftsführung der Vestischen und bei den rund 1000 Mitarbeitern sei das mit großer Erleichterung aufgenommen worden, erklärten Geschäftsführer Martin Schmidt und Betriebsratsvorsitzender David Borek. Hätte sich ein Konkurrent gemeldet und nachgewiesen, dass er ohne öffentliche Zuschüsse auskommen kann, wäre die Vestische raus gewesen aus dem Nahverkehrsgeschäft. „Die Beschäftigten hatten sich in der letzten Zeit schon Sorgen um ihre Arbeitsplätze gemacht“, sagte Borek.

Die ländlichen Strukturen im Kreis machen das Netz für private Konkurrenten unattraktiv

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Vestische auch ab 2020 – und dann für die nächsten zehn Jahre – den Nahverkehr im Vest organisieren würde, war jedoch hoch. Denn die ländlichen Strukturen in Teilen des Kreises Recklinghausen machen das Netz für einen privaten Konkurrenten unattraktiv. Zwar gehören die Hertener im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) zu den drei Unternehmen mit den günstigsten Kostenstrukturen, bei den Einnahmen liegt die Vestische allerdings nur auf dem vorletzten Platz. Jährlich fahren die Busse ein Defizit von 21 Millionen Euro ein. Ausgeglichen wird das Minus von den öffentlichen Gesellschaftern Kreis Recklinghausen, Gelsenkirchen und Bottrop.

Dem Aufsichtsratsvorsitzenden der Vestischen, Landrat Cay Süberkrüb, und Geschäftsführer Martin Schmidt fehlt vor diesem Hintergrund die Fantasie, wie ein Privater das „weit verzweigte und komplexe Liniennetz“ ohne Subventionen betreiben wolle. Sich lukrative Linien herauszupicken, wäre für den Konkurrenten nicht möglich gewesen. Auch hätten die Vorgaben des Nahverkehrsplans – Linien, Taktdichte und Betriebszeiten – eins zu eins umgesetzt werden müssen. Es gibt erst eine Stadt in Deutschland, wo die Privatisierung tatsächlich erfolgt ist; nämlich in Pforzheim. In anderen Städten hätten private Anbieter ebenfalls Angebote abgegeben, berichtete Schmidt. Die Verfahren liefen aber noch.

EU-Verordnung zielt auf mehr Wettbewerb

Dass die kommunalen Träger des Nahverkehrs nicht mehr selbst bestimmen können, welchem Unternehmen sie die Mobilität anvertrauen, basiert auf einer EU-Verordnung, die auf mehr Wettbewerb abzielt. Bei der Überführung in deutsches Recht hat die Bundesregierung 2011 verankert, dass Anbietern, die ohne öffentliche Zuschüsse auskommen, Vorrang zu gewähren ist. Einen Entscheidungsspielraum gibt es nicht.