Gladbeck. . Christiane Günthör kümmert sich um ihre demenzkranke Patentante Irmgard. Sie wäscht und kocht für sie und hält die Erinnerungen wach.

Als es mit der Demenz vor sechs Jahren langsam losging, begann Christiane Günthör alle Erinnerungen ihrer Patentante Irma aufzuzeichnen. Fotoalbum für Fotoalbum ging sie mit ihr durch, schrieb Namen der Abgebildeten und Andenken an Situationen neben die Bilder. „Ich wollte nicht, dass die Erinnerungen verloren gehen.“

Christiane Günthör erkannte früh die Anzeichen für die Demenz, früh holte sie sich Hilfe. Sie selbst übernahm die Betreuung, organisierte einen Pflegedienst zur Tablettengabe. „Indem ich die Pflegerinnen rechtzeitig involvierte, konnte Tante Irma sie noch bewusst kennenlernen.“

Sie ließ sich zunächst nicht helfen

Es dauerte lange, bis sie einen Zugang zu ihrer demenzkranken Patentante fand. Sie ließ sich zunächst nicht helfen, doch Günthör tastete sich langsam heran. „Für jemanden, der immer selbstständig war, ist es nicht leicht, wenn Alltägliches plötzlich fremd wird“, sagt die 50-Jährige.

Alltägliche Fähigkeiten– wie hier das Kaffee kochen – möchte Christiane Günthör bei ihrer Tante Irmgard erhalten.
Alltägliche Fähigkeiten– wie hier das Kaffee kochen – möchte Christiane Günthör bei ihrer Tante Irmgard erhalten.

Vor allem das Waschen machte Probleme. „Tante Irma stammt aus einer Generation, in der man sich nicht nackig gezeigt hat.“ Als Belastung empfindet die Gladbeckerin die Betreuung ihrer Patentante nicht. „Es wäre nur dann Arbeit für mich, wenn ich keinen Spaß daran hätte.“ Doch sie verbringt gerne Zeit mit der alten Dame.

Zum Mittagessen zum Patenkind

Jeden Tag geht Irmgard zu ihrem Patenkind zum Mittagessen nach Hause. Einen knappen Kilometer läuft die 90-Jährige dann zu ihr. „Ich lasse sie bewusst laufen, so bekommt sie Bewegung und kann draußen mit den Nachbarn plaudern.“ Körperlich ist die 90-Jährige topfit. „Sie war noch nie in ihrem Leben im Krankenhaus“, sagt Günthör. Doch da korrigiert ihre Patentante sie schnell: „Ich lag als Kind mit Scharlach im Hospital.“

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Vor allem aus der Vergangenheit weiß sie viel zu berichten. Immer wieder erzählt sie vom Fürst Bentheim, in dessen Schloss in Rheda-Wiedenbrück sie als junge Frau als Hausdame gearbeitet hatte. „Vor zwei Jahren waren wir gemeinsam dort“, sagt Günthör. „Sie erkannte alles wieder, als ob sie erst gestern da war.“

Die 90-Jährige lebt noch alleine in ihrer Wohnung

Dass ihre Schwester Leni seit kurzem nicht mehr lebt, das hat sie vergessen. „Sollen wir Leni mal eben anrufen?“, fragt sie ihr Patenkind. „Das machen wir gleich“, entgegnet sie – in dem Wissen, dass ihre Tante Irma das Telefonat „gleich“ schon wieder vergessen hat.

Trotz allem: Sie lebt noch alleine in ihrer Wohnung, nur von Elektroherd oder Waschmaschine nahm Günthör die Sicherungen heraus. „Ich habe ihr Umfeld so gestaltet, dass sie sich frei darin bewegen kann.“

Sie möchte mit der Betreuung ein Stück der Liebe zurückgeben, die sie ein Leben lang von ihrer Patentante und deren Mann Heinz bekam. „Auch meine Kindheitserinnerungen“, sagt die 50-Jährige „bleiben durch sie lebendig.“