Gladbeck. . Das Telefon ist für Menschen erreichbar, die mit ihren Sorgen nicht allein bleiben möchten. Das erlebt eine Ehrenamtliche im Dienst.

Menschen, die gerade ihren Partner verloren haben, Menschen, die schwer krank sind, Menschen, die unglaublich einsam sind und niemanden zum Reden haben: Sie alle rufen die Telefonseelsorge an, um für einige Zeit jemanden zu haben, der ihnen zuhört.

„Es hat mich ganz betroffen gemacht, dass es so viele Einsame gibt“, sagt Ursula, deren Nachnamen wir nicht veröffentlichen dürfen. Die Ehrenamtlichen müssen anonym bleiben – ebenso wie ihre Anrufer. Es soll schließlich keiner davon abgehalten werden, bei der Telefonseelsorge anzurufen.

Von Essen aus auch für Gladbeck zuständig

Zahlen und Fakten zur ev. Telefonseelsorge

Das Telefon der evangelischen Telefonseelsorge ist rund um die Uhr besetzt.

18 000 Gespräche gehen jährlich bei der Telefonseelsorge ein. Das entspricht zwei Gesprächen pro Stunde. Im Schnitt dauert ein Gespräch 18 Minuten.

Bei der evangelischen Telefonseelsorge sind 60 Ehrenamtliche aktiv.

Seit sechs Jahren sitzt die 65-Jährige rund 15 Stunden im Monat am Telefon der evangelischen Seelsorge. Von Essen aus ist sie auch für Ratsuchende aus Gladbeck da. „Man lernt zuzuhören und anders zu hören.“ Die meisten Menschen, die die Nummer der Telefonseelsorge wählen, hätten Alltagsprobleme.

„Das geht durch alle Schichten“, sagt Pfarrer Werner Korsten, Leiter der evangelischen Telefonseelsorge Essen. „Es ist Ihr Nachbar oder Ihr Arbeitskollege, der bei uns anruft.“ Lösungen präsentieren die Ehrenamtlichen nicht. Anrufer bringen oftmals allein durchs Reden Ordnung in ihr Leben. „Durch Nachfragen von uns klärt sich vieles.“

Gefühl vermitteln, da zu sein

Auf manches wissen aber auch Ursula und ihre Kollegen nicht zu reagieren. „Dann sagen wir auch mal ,das ist so schlimm, da weiß ich nichts zu zu sagen’“, sagt Korsten. Manchmal reicht auch einfach, das Gefühl zu vermitteln, da zu sein.

„Die Menschen, die bei uns anrufen, wissen, dass unser Angebot Hören und Sprechen ist“, sagt Korsten. Bei Bedarf vermittelt die Telefonseelsorge an psychologische Beratungsstellen oder an Selbsthilfegruppen.

Alle zwei Wochen ist Supervision

Meist schafft Ursula es, dass sie die Gespräche nicht emotional belasten. Alle zwei Wochen treffen sich die Ehrenamtlichen in Kleingruppen zur Supervision. „Da kann man loslassen und auch mit anderen darüber sprechen, wenn man der Meinung war, in einem Gespräch nicht gut reagiert zu haben.“

An ihre Grenzen kam die Gladbeckerin, als sie eines Nachts einen Mann am Hörer hatte, der ankündigte, sich umbringen zu wollen. „Er stand wohl schon am Bahnhof“, erinnert sie sich. Ursula fragte Werner Korsten in diesem Moment um Rat.

Hauptberufliche haben Bereitschaftsdienst

Die Hauptberuflichen der Telefonseelsorge haben Bereitschaftsdienst und sind da, wenn sich die Ehrenamtlichen nicht sicher sind.Was ist in einem solchen Fall also zu tun? „Wichtig ist dann, Zeit zu gewinnen und anzuerkennen, dass der Mensch keinen anderen Ausweg sieht“, sagt Korsten. So müsse der Betroffene seinen Gedanken nicht verteidigen und sich so noch weiter in seine Absichten hineinsteigern.

Helfen könne in einem solchen Moment, den Lebenswillen des Anrufers zu stärken. „Und sei es nur, an die Katze zu erinnern, die vielleicht versorgt werden muss“, sagt Korsten. Wenn ein solcher Anruf ernst zu nehmen ist, müsse man manchmal auch respektieren, dass sich jemand so entscheide. „Auch wenn das sehr schwer ist.“

Unwissen, wie Fälle ausgehen

Wie solche Fälle ausgehen, wissen die Mitarbeiter und Ehrenamtlichen nicht immer. „Wir gucken nach solchen Anrufen in die Zeitung und schauen nach, ob dort berichtet wird“, sagt die Gladbeckerin. Im Fall des nächtlichen Anrufers konnte sie keinen Artikel finden – sie war erleichtert.

>>>> Die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr erreichbar unter 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222. Für das Ehrenamt werden weitere Engagierte gesucht. Für sie gibt es einen Info-Abend am Mittwoch, 7. März, um 19 Uhr im Haus der evangelischen Kirche, III. Hagen 39, in Essen.