Gladbeck / Bottrop. . Mark Rosendahl: Lösung von Strukturproblemen und Maßnahmen gegen Langzeitarbeitslosigkeit sind wichtige Aufgaben in der Emscher Lippe-Region.
Die 38,5-Stunden-Woche? Die kann Mark Rosendahl (53) erst mal vergessen. 50 Stunden plus x, das ist die derzeitige Wochenarbeitszeit des neuen DGB-Regionsgeschäftsführers in der Emscher-Lippe-Region, der auf Josef Hülsdünker folgt. Ist doch das Feld, das der „Neue“ zu beackern hat, nicht gerade klein. 120 000 bis 130 000 Mitglieder vertritt der Deutsche Gewerkschaftsbund im Kreis Recklinghausen mit Gladbeck sowie in den Städten Gelsenkirchen und Bottrop. Da gibt es eine Menge Arbeit mit der Arbeit.
Mark Rosendahl hat seine Wurzeln am Niederrhein, ist in Moers aufgewachsen und lebt dort mit Frau und vier Kindern, drei eigenen und einem Pflegekind. Die Gewerkschaftsarbeit kennt er von der Pike auf: Hat sich nach dem Abi als Chemielaborant-Azubi schon in der Jugendvertretung der IG-Metall engagiert, war vor dem Wechsel in die Emscher-Lippe-Region sieben Jahre Organisationssekretär des DGB in Duisburg und im Kreis Wesel.
Als junger Vater kümmerte er sich um Haushalt und Kinder
Das Thema Arbeit kennt der Niederrheiner aber auch aus unterschiedlichen Perspektiven. Als junger Vater und Student der Sozialwissenschaften kümmerte er sich um Haushalt und die drei Kinder, während seine Frau arbeiten ging. Und nach dem Studium arbeitete Rosendahl zunächst zehn Jahre lang bei einem gewerkschaftsnahen Verein und Träger einer Arbeitsloseninitiative.
Gutes Miteinander ist eine Stärke der Region
Die DGB-Landeskonferenz wählte Mark Rosendahl am 8. Dezember zum Regionsvorsitzenden der Emscher Lippe Region. Nach einer Übergangszeit von 14 Tagen war der Wechsel von Vorgänger Josef Hülsdünker vollzogen. Letzterer hatte bei seinem Abschied die DGB-Region als „wunderbarste in der Welt“ gelobt. Nachfolger Rosendahl bestätigt, dass eine starke Vernetzung und ein gutes Miteinander eine Stärke der Region sei. Städte, Kreis, Kirchen und Wohlfahrtsverbände arbeiteten gut zusammen. Auch der Umgang mit Unternehmerverbänden sei gekennzeichnet von Respekt.
Ein wichtiges Thema in den kommenden Monaten werden die Betriebsratswahlen sein. Rosendahl: „Wir wollen auch weitere Betriebe dafür gewinnen und werben bei Unternehmern dafür, dass Mitbestimmung zum sozialen Frieden und guten Betriebsklima beiträgt.“
Dauerthemen werden die gewerkschaftlichen Forderungen nach einer gerechteren Steuerpolitik, Abschaffung prekärer Arbeit und befristeten Arbeitsverträgen sowie eine Kampagne für eine bessere Rentenpolitik sein. Auch die Probleme der Städte im Revier, die enorme Strukturprobleme zu bewältigen haben, nimmt der DGB in den Blick und fordert: Die hohen Soziallasten für Langzeitarbeitslose müssten vom Bund übernommen werden.
Auch in Sachen Kohle hat der neue DGB-Chef persönlich Erfahrungen gesammelt: Vor dem Studium hat er ein halbes Jahr unter Tage malocht. Am Niederrhein gab’s ja auch mal Zechen, in Kamp-Lintfort beispielsweise. 2012 hat er als Gewerkschafter die Schließung begleitet.
Mit der Schließung von Prosper Haniel beginnt eine schwierige Zeit
Beste Vorbereitung also für den neuen Wirkungskreis und das, was jetzt kommt. Rosendahl übernimmt die DGB-Führung just in einer Zeit, in der das Revier eine Zäsur erfährt. Mit der Schließung von Prosper Haniel in Bottrop ist der Bergbau bald endgültig Geschichte und es „beginnt eine schwierige Zeit“, sagt er. Leider bestätigten sich bereits erste Prognosen und Befürchtungen. „Es zeichnet sich b ab, dass die Zuliefererindustrie für den Bergbau, die auch anderswo noch Standorte hat, beispielsweise nach Osteuropa abwandert“, stellt Rosendahl fest. Ein Blick auf die konstant hohen Arbeitslosenzahlen zeige zudem, dass der Strukturwandel die Region fest im Griff hat.
Projekt für sozialen Arbeitsmarkt ist ein erster Schritt
Womit eine der dringlichen Aufgaben aus DGB-Sicht klar ist: Der Kampf für Arbeitsplätze und für die Menschen, die sie brauchen. Wichtig sei, den Kreislauf dauerhafter Langzeitarbeitslosigkeit zu durchbrechen. Dabei sei „das erste Projekt für einen sozialen Arbeitsmarkt mit 260 geförderten Arbeitsplätzen ein erster Schritt“. In Abstimmung mit der Wirtschaft und Verbänden müssten weitere Felder gefunden werden, aber „ohne reguläre Arbeitsplätze zu gefährden“.
Noch ein Problem der Region: Jugendliche ohne Schulabschluss und Abbrecher in der Ausbildung und im Studium. „Zu viele, 15 Prozent, brechen ab“, sagt Rosendahl. „Dieses Potenzial müsste genutzt werden. Niemand kümmert sich bislang, spricht sie an.“
Das könnte sich künftig ja ändern. Mit voller Kraft nimmt Rosendahl den neuen Job in Angriff, hat auch den SPD-Fraktionsvorsitz in Moers aufgegeben. „Die Region hat absolute Priorität, ich bin mit dem Kopf ganz hier.“