Gladbeck. . Er war für Festnahmen unter erschwerten Bedingungen zuständig. In den Armen seines Kollegen starb Silke Bischoff beim Gladbecker Geiseldrama.
Sein Metier waren „Festnahmen unter erschwerten Bedingungen“. Wenn der Gladbecker von seinem Beruf erzählt, vergeht die Zeit wie im Flug. Der bald 65-Jährige gehörte mehrere Jahrzehnte zum „Spezialeinsatz-kommando“, gemeinhin unter der Abkürzung bekannt: SEK. Seine Initialen „GR“ müssen an dieser Stelle auch reichen, denn seinen vollen Namen möchte er aus Sicherheitsgründen nicht genannt wissen, und ebenso wenig möchte der Ex-Einsatzleiter fotografiert werden.
Erklärung: Seine Einsätze hatten oft mit gefährlichen Schwerstkriminellen zu tun. „Wir haben einmal einen Drogenkurier auf der Autobahn ´begleitet´. Auf der Bundesstraße 224 haben Uniformierte dann eine Verkehrskontrolle simuliert, und da haben wir ihn voll am Wickel gehabt“, erzählt GR von einen Einsatz im Gladbecker Stadtgebiet.
Telefonisch wurde ein Banküberfall mit Geiselnahme gemeldet
Hochgefährlich war auch ein Einsatz 1984. „Als uns per Anruf ein Banküberfall mit Geiselnahme gemeldet wurde, ahnten wir nicht, dass uns anderthalb Tag Einsatz bevorstand, 36 Stunden, in denen wir an unsere Grenze gehen und auch dem Tod ins Auge sehen mussten,“ lässt der Gladbecker einen seiner spektakulärsten Fälle noch einmal am geistigen Auge vorbeiziehen.
„Wir waren mit drei Gruppen à zehn Leute für den Notzugriff in Düsseldorf zuständig.“ Der Haupttäter, Roland-Martin Sassmannshausen, hatte mit einem Komplizen eine Sparkasse in Düsseldorf überfallen und Geiseln genommen. „Er hatte diverse Ultimaten verstreichen lassen, neben Bargeld forderte er ein Fluchtfahrzeug.“
Durch die Klimaanlage gelangten die SEK-Leute in die Bank
Vom Nachbarhaus her gelangte das SEK durch die Klimaanlage in die Bank. „Als wir dem Geiselnehmer auf der Kellertreppe begegneten, zog der sofort die Waffe und schoss.“ Die Schussweste verhinderte Schlimmeres, der Täter wurde durch Schüsse in den Unterleib unschädlich gemacht.“ Saßmannshausen überlebte, saß lange ein und wurde erst vor ein paar Jahren auf freien Fuß gesetzt.
Dieser Fall trug wesentlich zum guten Ruf der Essener SEK-Einheit bei. Die Parallelen zum Gladbecker Geiseldrama springen förmlich ins Auge. Zu der Zeit, im August 1988, weilte GR in Dänemark im Urlaub. „Unsere SEK-Einheit hatten damals den Plan, mit einem gepanzerten Fahrzeug durch die Schaufensterscheibe der Bankfiliale zu fahren und die Geiselgangster Rösner und Degowski so an die Wand zu drängen. Der Polizeieinsatzleiter aus Recklinghausen konnte diesem Vorhaben jedoch nichts abgewinnen“, erzählt GR.
Sie starb in den Armen seines besten Kollegen
Am Ende der 54 Stunden dauernden „Tournee des Schreckens“ und dem Schusswechsel mit Spezialeinheiten sei die Geisel Silke Bischof in den Armen seines besten Kollegen gestorben.
Ein Credo seiner Arbeit sei immer gewesen, „sich über den Schusswaffengebrauch intensiv Gedanken zu machen“, sagt GR. Und absolute Priorität habe für ihn und seine Kollegen die körperliche Unversehrtheit der Geiseln und der eigenen Leute gehabt. Trotz eines Schusswechsels ging der Überfall eines DiVi-Kaufhauses in Wattenscheid, der der Geldbeschaffung für RAF-Terroristen diente, so glimpflich über die Bühne.
„Schon zu Beginn des Studiums hatte ich eine Zusage der Polizei in der Tasche“
Bevor sich der gebürtige Schultendorfer für den Polizeidienst entschied, absolvierte er eine Maurerlehre beim Gladbecker Bauunternehmer Lohaus und studierte danach vier Semester Bauingenieurwesen. „Ich merkte schnell, dass nur statische Berechnungen anzustellen nicht so ganz mein Ding sind,“ so GR. „Schon zu Beginn des Studiums hatte ich eine Zusage der Polizei in der Tasche, danach ging alles schnell seinen Gang.“
Seine erste Wache war in Essen-Borbeck. Nach kurzer Zeit schickte er eine Bewerbung zum SEK. „Wegen meiner Vorkenntnisse in Mathematik und am Computer wurde ich gern genommen, auch die sportliche Fitness war vorhanden mit 45 kg weniger auf den Rippen als heute,“ lacht GR. Das harte Training sorgte dafür, dass dieser Zustand anhielt. „Einen Wahnsinns-Parcours in einem Steinbruch in Hemer mussten wir absolvieren, beim Umgang mit diversen Schusswaffen hatte ich als Sport-Schütze ohnehin einen guten Stand.“
Übung der Spezialeinheit im leer stehenden Möbelparadies
Die Spezialeinheit GSG 9 absolvierte seinerzeit eine Übung im leer stehenden Möbelparadies im Bramsfeld, seine Einheit übte intensiv Sprengungen von Hausöffnungen und Erklettern von Dächern in dem zum Abriss freigegeben Elisabeth-Krankenhaus in Ückendorf. Dass bei derart lauten Übungen das Gehör spürbar Schaden genommen hat, nimmt er achselzuckend hin.
Eine weitere Maxime seiner Arbeit: „Den Gedanken, was alles so passieren kann, muss man nach Möglichkeit ausblenden.“ Die Begeisterung, mit der das ehemalige Mitglied der Elite-Einheit SEK von seinem Beruf erzählt, macht deutlich, dass ihm dieses und vieles mehr gut gelungen ist...