Gladbeck. Am Donnerstag haben Rettungssanitäter der Feuerwehr in Rentfort ein Familiendrama verhindert. Sie erkannten früh, dass im Haus Kohlenmonoxid war.

Nur knapp ist eine Rentforter Familie am Donnerstagabend einer Tragödie entgangen. In ihrem Haus hatte sich Kohlenmonoxid (CO) ausgebreitet, ein giftiges Gas, das besonders tückisch ist, weil es geruch- und geschmacklos ist.

Es war wohl die Mutter (41), die ihrem Mann (47) und dem Sohn (9) das Leben rettete, indem sie gegen 19 Uhr den Rettungsdienst alarmierte. Von „Unwohlsein“ einer Person sei im Anruf die Rede gewesen, heißt es im Bericht der Feuerwehr. Rettungswagen und Notarzt rückten aus, um zu helfen.

Der Mann hatte wohl über akute Bauchschmerzen geklagt, als er aus dem Keller kam, und so gingen die Rettungskräfte zunächst von „akutem Abdomen“ aus. Doch beim Eintreffen im Einfamilienhaus an der Berkenstraße in Alt-Rentfort schlugen sofort die Kohlenmonoxid-Warngeräte der Rettungskräfte aus.

Sanitäter alarmierten sofort Verstärkung

In der Druckkammer der Düsseldorfer Uniklinik werden Patienten behandelt, die eine Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitten haben..
In der Druckkammer der Düsseldorfer Uniklinik werden Patienten behandelt, die eine Kohlenmonoxid-Vergiftung erlitten haben.. © Uniklinikum Düsseldorf/UKD

Sie alarmierten sofort Verstärkung, denn Kohlenmonoxid ist ein giftiges Gas, das sogar tödlich sein kann (siehe Infobox). Dann retteten sie die Familie aus dem Haus, der Mann musste sofort mit Sauerstoff versorgt werden. Die Notärzte entschieden, dass die zwei Erwachsenen und das Kind in einer Überdruckkammer behandelt werden mussten, um das Blut wieder mit Sauerstoff anzureichern. Sie wurden in die Universitätsklinik in Düsseldorf gebracht.

Parallel leitete die Feuerwehr die Lüftung des Hauses ein – zu ihrem Glück hatte die Familie bereits zuvor das Wohnzimmerfenster geöffnet. Die gemessenen CO-Werte seien extrem hoch gewesen, durch den erzeugten Durchzug konnte das Gas, das etwas leichter ist als Luft, nach draußen abziehen.

Schornsteinfeger legte die Heizungsanlage still

Thomas Schulz wurde als Bezirksschornsteinfegermeister für Alt-Rentfort alarmiert. Nachdem er das Haus freigemessen hatte, also ermittelt hatte, dass kein gefährliches CO mehr in der Luft war, legte er die Ölheizung still und sicherte sie gegen ein Wiedereinschalten. Die Polizei ermittelt nun, wie und an welcher Stelle das giftige Gas austreten konnte – der Verdacht liegt nahe, dass die Heizanlage defekt war.

„Wenn eine Vergiftung stattfindet, muss man ermitteln, wer die verursacht hat“, sagt Polizeisprecher Andreas Wilming-Weber. Kommt die Polizei bei ihren Ermittlungen zum Ergebnis, dass jemand fahrlässig gehandelt hat, oder gar mutwillig an der Heizungsanlage manipuliert hat, nimmt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf.

Schornsteinfeger wirbt für Melder

Bezirksschornsteinfegermeister Thomas Schulz rät zu Kohlenmonoxid-Warnern.
Bezirksschornsteinfegermeister Thomas Schulz rät zu Kohlenmonoxid-Warnern. © Dirk Bauer

„Ein CO-Melder für 35 Euro hätte diese Vergiftung verhindern können“, sagt Schulz. Rauchmelder sind ja mittlerweile verpflichtend – Kohlenmonoxidmelder sind es nicht. Dabei sind es nicht zwangsläufig Öfen oder Kamine, die gefährlich werden können, sondern auch ganz normale Öl- oder Gasheizungsanlagen – wenn sie defekt sind, wenn zum Beispiel die Ableitungen nicht dicht sind.

„Messpflichtig sind alle Anlagen“, sagt der Schornsteinfegermeister. Einmal im Jahr kommt der zuständige Fachmann und misst die Abgaswerte von Heizungsanlagen. Allerdings: Ob die Anlage allgemein in Ordnung ist, kontrolliert er nicht. Sie regelmäßig warten zu lassen, falle in die Verantwortung des Eigentümers, sagt Feuerwehrchef Thorsten Koryttko.

Weil er um die Gefahr durch Kohlenmonoxid weiß, schütze er sich zu Hause mit CO-Meldern, sagt Thomas Schulz. „Ich habe sogar ein mobiles Warngerät, das ich zum Beispiel mit in den Urlaub nehme“, sagt er. Er sei schon öfter von der Feuerwehr hinzu gezogen worden, zum Beispiel nach Kaminbränden. „Aber so eine heftige Geschichte mit CO, dass Leute in die Druckkammer müssen, habe ich noch nicht erlebt.“

Gladbecker Sanitäter tragen immer CO-Warner

Einsatzleiter am Donnerstagabend war Brandamtmann Ralph Tasch. „Es war kein alltäglicher Einsatz“, sagt er. Zwei glückliche Umstände seien an diesem Abend zusammengekommen.

Natürlich habe in erster Linie die Mutter ihre Familie gerettet, indem sie Hilfe für ihren Man rief, der mit schweren Bauch- und Magenbeschwerden aus dem Keller kam – rückblickend klare Anzeichen für eine Vergiftung mit Kohlenmonoxid (CO) und ein Indiz dafür, dass das Gas im Keller austrat.

Warngeräte sind am Rettungsrucksack angebracht

Thorsten Koryttko, Leiter der Feuerwehr Gladbeck, zeigt  einen CO-Warner der Feuerwehr.
Thorsten Koryttko, Leiter der Feuerwehr Gladbeck, zeigt einen CO-Warner der Feuerwehr. © Oliver Mengedoht

Dass die Rettungskräfte sofort wussten, dass sie es nicht mit „akutem Abdomen“, sondern mit einer gefährlichen Vergiftung zu tun hatten, liegt an einer Besonderheit der Gladbecker Feuerwehr. Sie hat alle Mitarbeiter freiwillig mit kleinen CO-Warnern ausgestattet.

Als Anhänger sind sie an jedem Rettungsrucksack angebracht, „man kann sie gar nicht aus Versehen liegen lassen“, sagt Tasch. So wussten die Retter gleich: Im Haus besteht Gefahr für Leib und Leben.

Hohe Gaskonzentration im Wohnhaus gemessen

Wie Kohlenmonoxid entsteht

Kohlenmonoxid (CO) entsteht bei der unvollständigen Verbrennung kohlenstoffhaltiger Substanzen. Dazu gehören Gas, Öl, Holz oder Kohle.

Zu einer unvollständigen Verbrennung kommt es, wenn nicht genug Sauerstoff vorhanden ist, um Kohlenstoff zu Kohlendioxid und Wasserstoff zu oxidieren.

Das Gas unterbindet den Sauerstofftransport durch das Blut und kann so tödlich sein. Wenn eine Vergiftung rechtzeitig erkannt wird, wie im Fall der Gladbecker Familie, kann die Behandlung in einer Sauerstoffüberdruckkammer helfen.

Trotzdem retteten sie die Familie ohne Atemschutz, alarmierten aber sofort die Kollegen von der Feuerwehr, die mit 17 Leuten anrückten. Die Freiwillige Feuerwehr übernahm im Gerätehaus Rentfort-Nord die Bereitschaft.

Im Haus zeigten die Messgeräte der Feuerwehrleute maximalen Ausschlag, mehr als 500 ppm (parts per million, deutsch Millionstel). „Bei 500 ppm bekommt man innerhalb von zwei Stunden massive Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Unwohlsein“, sagt Ralph Tasch. Steigt die Konzentration des giftigen Gases noch höher, kann das innerhalb kurzer Zeit sogar zum Tod führen.