Gladbeck. . Das Kammerorchester spielte erstmals unter seinem neuen Leiter Tobias Sykora in der Stadthalle. Die Werke präsentieren die Laienmusiker brillant.

„Schon wieder ein Jahr vorbei“, konstatierte Joachim Böckmann am Samstagabend in der Mathias-Jakobs-Stadthalle. Der Vorstandsvorsitzende des Gladbecker Kammerorchesters e.V. freute sich zum traditionellen Jahreskonzert im November über 300 Gäste begrüßen zu dürfen.

Diese konnten bei seiner Feststellung „leider musste sich unser Bürgermeister entschuldigen, er hat einen anderen Termin“ zunächst herzlich lachen, denn Ulrich Roland saß natürlich in der ersten Reihe, verneigte sich demonstrativ vor dem Publikum. Die Stadt Gladbeck ist seit der Gründung des Orchesters 1993 auf Initiative des damaligen Musikschulleiters Günter Waleczek einer der Unterstützer des Orchesters und stolz auf die herausragenden Aktivitäten des Ensembles.

Das erste Werk ist gleich ein Hochkaräter

„Nichts ist so konstant wie der Wandel“ führte Böckmann weiter aus, nachdem sich die Ränge beruhigt hatten. 2017 brachte dem Kammerorchester unter den Musikern sechs Neuzugänge („allein vier Streicher aus der Musikschule“) und den neuen musikalischen Leiter Tobias Sykora. Das erste Werk unter der Führung seines Taktstockes „The Unanswered Question“ von Charles Ives, gleich ein Hochkaräter, ein kryptisches Meisterwerk des beginnenden 20. Jahrhunderts.

Tobias Sykora (links) dirigierte erstmals das Konzert. Das Bild zeigt ihn gemeinsam mit Joachim Böckmann bei der Ankündigung des Konzerts.
Tobias Sykora (links) dirigierte erstmals das Konzert. Das Bild zeigt ihn gemeinsam mit Joachim Böckmann bei der Ankündigung des Konzerts. © Oliver Mengedoht

Die bohrende Frage nach dem Sinn des Daseins begann in abgedunkelter Halle, der dichte Teppich des 3-fach-piano der Streicher schlich sich auf leisen Füßen in die Seele der Zuhörer. Vorne rechts der einsame Trompeter mit der wiederkehrenden Sequenz eines solitären Rufers, im Rücken des Publikums die verstört suchenden dissonanten Antworten der anderen Bläser. Der komplexe 6-Minüter professionell und eindrucksvoll dargeboten.

Musiker haben an Ausdruck gewonnen

„Warum ich mit dem Kammerorchester dieses Stück spiele ist schlicht und einfach, weil das Ensemble es kann“, bemerkte Sykora. Chapeau. Gerade die Streicher haben unter seiner Leitung an Kompaktheit und Ausdruck dazugewonnen. „Da er selbst Cellist ist, kann er unserer Sektion natürlich ganz besondere Hinweise geben“, bemerkte der in der Stimme der ersten Violinen aktive Böckmann.

Der Essener David Schumacher, guter Bekannter von Sykora aus Zeiten an der Folkwang Universität, ist ein noch junger Meister am Fagott. Runder, sanfter Klang, lange Melodiebögen von äußerster Präzision, vibrierende Sechzehntel. Im perfekten Dialog mit dem Orchester mal stolz schreitend, dann wieder klagend voller Wehmut, auch „Dur“ kann traurig sein.

Herausragendes Ensemble

Die „Romanze“ von Edward Elgar ist eher ein Lied, „gesungen“ vom Fagott, traumhaft begleitet durch das herausragende Ensemble. „Wir haben mit dem Solisten nur eine Hauptprobe und die Generalprobe gehabt“, sagte Sykora und unterstrich damit die Professionalität der 50 Laienmusiker.

Nach der Pause dann der orchestrale Höhepunkt, die Sinfonie Nr.2 D-Dur von Ludwig van Beethoven. „Klassische Musik, die aber schon andeutet, mit den Hörgewohnheiten der damaligen Zeit zu brechen“, der kurze musikwissenschaftliche Ausflug von Sykora. Tosender Applaus des Publikums für die reife Jahresleistung und unbändige Neugier, was der „Neue“ im nächsten Jahr mit dem Orchester bieten wird.

>>>> Kammerorchester verbindet Generationen

Das Kammerorchester Gladbeck besteht seit 1993. Die Mitspieler sind zwischen 18 und 80 Jahren alt und oftmals ehemalige Schüler der Musikschule.

Das Orchester probt jeden Freitag in den Räumen des Heisenberg-Gymnasiums und spielt überwiegend Musik aus Barock und Klassik.