Vest. . Die Last der offenen Stellen gefährdet die gute Entwicklung im Vest. Jedes dritte befragte Unternehmen im Kreis bemüht sich um neue Mitarbeiter.

Die Unternehmer im Kreis Recklinghausen sind mittlerweile genauso händeringend auf der Suche nach guten Mitarbeitern wie ihre Kollegen im Münsterland. Doch während jenseits der Lippe Vollbeschäftigung herrscht, der Arbeitsmarkt praktisch leergefegt ist, müsste es bei Arbeitslosenquoten von über zehn Prozent im nördlichen Ruhrgebiet eigentlich genug Aspiranten für offene Stellen geben. So weit die Theorie.

55 Prozent der Unternehmen im Kreis Recklinghausen betrachten nach einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer Nord-Westfalen (IHK) den Fachkräftemangel als Konjunkturrisiko Nummer eins (Münsterland: 59 Prozent). Die Sorge nimmt beständig zu. Im Januar 2016 hatten noch keine 40 Prozent den Fachkräftemangel auf dem Risikozettel.

4342 offene Stellen Ende September

In gleicher Weise steigt die Zahl der offenen Stellen, die die Arbeitsagentur Recklinghausen im Bestand hat. Ende September erreichte dieser einen Rekordwert von 4342. Das sind rund 830 Stellen mehr als zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres. Besonders gefragt, so die Agentur, seien Fachkräfte aus dem Handwerk, dem Gesundheits- und Pflegebereich, Berufskraftfahrer und Gastronomie-Mitarbeiter.

Warum können diese Stellen bei fast 33 000 Arbeitslosen nicht besetzt werden? IHK-Hauptgeschäftsführer Karl-Friedrich Schulte-Uebbing verweist auf den hohen Anteil an Langzeitarbeitslosen. 53 Prozent aller erwerbslos Gemeldeten im Kreis RE sind länger als ein Jahr ohne Job. Sie haben teilweise schwerwiegende Vermittlungshemmnisse. Arbeitsagentur und Jobcenter versuchen mit Qualifizierungsmaßnahmen gegenzusteuern. Doch der Sockel der Problemkandidaten ist einfach zu groß.

40,6 Prozent bezeichnen ihre Geschäftslage als gut

Der Zuwachs an offenen Stellen ist ein Beleg dafür, dass auch der Kreis Recklinghausen vom konjunkturellen Aufschwung erfasst worden ist. 40,6 Prozent der Unternehmen aus den Bereichen Industrie, Handel und Dienstleistung bezeichnen bei der jüngsten IHK-Umfrage ihre Geschäftslage als „gut“. Nur 7,8 Prozent der Betriebe sind nicht zufrieden. Auch die Chefin der Arbeitsagentur Recklinghausen, Anke Traber, spricht von „hervorragenden Wirtschaftsaussichten“ für das Vest.

Die Verhältnisse haben sich seit Beginn des Jahres komplett umgekehrt

Fatal wäre es allerdings aus der Sicht von IHK-Chef Schulte-Uebbing, wenn der Aufschwung dadurch gebremst würde, dass die Wirtschaft nicht genügend Personal findet, um die Aufträge abzuarbeiten. Jedes dritte befragte Unternehmen im Kreis (33,8 Prozent) bemüht sich laut IHK intensiv um neue Mitarbeiter. Nur eine Minderheit von 15,4 Prozent will sich von Personal trennen. Damit haben sich die Verhältnisse seit Beginn des Jahres komplett umgekehrt.

Die Unternehmen sind allerdings nicht danach befragt worden, wie sie die Chancen einschätzen, ihre offenen Stellen auch tatsächlich besetzen zu können.