GLADBECK. . Kurz nach dem Erstbezug der Häuser an den Straßen „Am Haarbach“ und „Goldbredde“ in Ellinghorst wurden 1933 die Siedlergemeinschaft gegründet.
Hübsch ist es hier. Und geradezu idyllisch. Die schmucken Häuschen sind tipptopp in Schuss, Hecken ordentlich gestutzt, Blumen ranken üppig, kein Fitzelchen Papier auf dem Asphalt stört das malerische Gesamtbild der Siedlung „Am Haarbach“/„Goldbredde“. Das Gefühl liegt geradezu in der Luft: Wer an diesen Straßen wohnt, lebt gerne hier. In der Siedlergemeinschaft Ellinghorst pflegen die Menschen ihre Gemeinschaft, greifen einander unter die Arme, wenn’s an Haus und Grund etwas zu richten gibt. Wie es eben seit jeher in diesem Quartier üblich ist. Wenn auch das Umfeld seinerzeit, in den Gründerjahren der Siedlung, alles andere als gemütlich und entspannt war.
Älteste Ortsgruppe in Gladbeck
„Unsere Siedlergemeinschaft ist die älteste Ortsgruppe in Gladbeck“, sagt der Vorsitzende Ludwig Uhlendorf. Und – wie sollte es in einer Revierstadt wie Gladbeck auch anders sein – war auch in dieser kleinen Siedlung der Bergbau Antrieb für den Bau der Häuseransiedlung.
Wir schreiben das Jahr 1932. Viele Menschen sind arbeitslos. Da kommt die „Bergmannssiedlung Bottrop-Buer-Gladbeck“ auf die Idee, „Kleinsiedlerstellen“ zu errichten. Ein ungewöhnliches Bauprojekt, das neuen Lebensmut schaffen und der Arbeitslosigkeit etwas entgegensetzen soll.
Bedingung: Arbeitslosigkeit
Der erste Spatenstich für die „vorstädtische Kleinsiedlung am Haarbach“ wird im Mai 1932 gesetzt. Wer sich samt Angehörigen in diesem Niemandsland zwischen Gladbeck und Bottrop mit eigener Hände Arbeit ein Dach über dem Kopf errichten möchte, hat eine Bedingung zu erfüllen: Der Familienvorstand muss arbeitslos sein.
In Gemeinschaftsarbeit – Hand in Hand – wurden 42 Doppelhäuser auf Ackerland errichtet, das die Stadt dem Bauern Wehling abgekauft und an die „Bergmannssiedlung Bottrop-Buer-Gladbeck“ verpachtet hatte. „Jeder musste nach seinen Fähigkeiten und Kräften seinen Anteil leisten“, so der 73-jährige Vereinsvorsitzende, dessen Vater auf Moltke seine Kohle verdiente. Bevor nicht sämtliche Häuser standen, durfte auch niemand einziehen. Nach gut einem Jahr zogen die ersten Bewohner ein, die sich bereits gegen Ende des Jahres zur „Siedlergemeinschaft Ellinghorst15/1“ zusammentaten. Zur „Erstausstattung“ gehörten ein Schwein, ein „eisenbereifter Bollerwagen“ und ein Hühnerstall. Uhlendorf: „Statt Ziergärten gab’s Nutzgärten.“ Und ein Plumpsklo, ja – das hatten die ersten Siedler auf diesem Fleckchen von Ellinghorst auch. „Die ursprüngliche Wohnfläche belief sich auf 50 bis 55 Quadratmeter, jeweils zwei Räume waren auf den beiden Etagen“, weiß Uhlendorf, der selbst als Obersteiger tätig war. Eltern mit fünf bis sechs Kindern als Bewohner waren eher die Regel denn die Ausnahme.
Zusammenhalt und Miteinander
Aber all das ist Geschichte, denn im Laufe der Jahrzehnte hat sich viel verändert in der „vorstädtischen Kleinsiedlung“. Die Besitzverhältnisse wechselten. Es wurde (mit Genehmigung) um- und angebaut, die Ausstattung – man denke nur an die Sanitäranlagen! – auf den Stand der Zeit gebracht.
Der Zusammenhalt spielte immer eine herausragende Rolle in der Siedlergemeinschaft. In Kriegszeiten und durch Unwetter wurden Häuser beschädigt – und mit Hilfe von Nachbar zu Nachbar repariert. Gemeinschaftlich kauften die Siedler Geflügel, Saatgut und Düngemittel für die eigene Viehhaltung und die Nutzgärten. So ist noch im Protokoll der Jahreshauptversammlung von 1949 nachzulesen: „...Die Hauptarbeit bestand in der Versorgung der Mitglieder mit Bedarfsgütern... Geliefert wurden: Kartoffeln. Hühnerfutter, Schweinemehl, Runkeln ... Obstbäume und Beerensträucher.“
Siedler haben immer schon gerne gefeiert
Uhlendorf: „Die Nachbarschaftshilfe als verbindendes Element ist geblieben.“ Man werde nicht per se Mitglied des Vereins, wenn man in die Siedlung ziehe, so der Vorsitzende, doch „die meisten wollen eintreten, um in die Gemeinschaft integriert zu sein.“ Es gebe noch immer viele Mitglieder, die handwerklich begabt seien und sich nicht lange um Hilfe bitten lassen. Und schon in den Anfängen haben die Siedler gerne gefeiert und Ausflüge unternommen. So wie heutzutage, beispielsweise beim Maibaumfest. Am Sinn und Zweck der Siedlergemeinschaft hat sich also nichts geändert.