Gladbeck. . Vor 100 Jahren gründete der US-Geschäftsmann Melvin Jones den Club. In Gladbeck gibt es die Lions seit 1968. Leitmotiv ist soziales Engagement.
Im Rampenlicht steht dieser Club eher ungern, im besten Ruhrgebietsdeutsch könnte man auch sagen: Sie machen nicht viel Bohei um sich. Dabei lässt sich gar nicht ganz vermeiden, hin und wieder kräftig die Werbetrommel zu rühren. Wenn es um gute Taten zum Wohle der Gesellschaft und das Sammeln von Spenden geht, gehen auch die Gladbecker Lions an die Öffentlichkeit. Denn genau das ist Sinn und Zweck ihrer Gemeinschaft im Sinne des Chicagoer Geschäftsmann Melvin Jones, der den Club zum Wohle der Gemeinschaft vor 100 Jahren gründete. Sein Motto „We serve“ (Wir dienen) befolgen weltweit 45 000 Clubs.
40 Mitglieder, das Durchschnittsalter ist 60 Jahre
Der Gladbecker Lions Club hat 40 Mitglieder. Es sind Geschäftsleute, Juristen, Ärzte, Lehrer und Banker darunter. Das Durchschnittsalter liegt bei 60 Jahren, der Jüngste im Club ist Anfang 30. Über ihr Selbstverständnis, Gründe für die Mitgliedschaft und Inhalte des Club-Programms sprachen Dr. Henning Keimer (47), Präsident, und Simon Terhardt (40), Vize-Präsident, mit der WAZ.
Was bedeutet es für Sie, bei den Lions zu sein?
Simon Terhardt; Die Grundidee hat sich seit Melvin Jones nicht verändert. Es geht darum, Verantwortung gegenüber der Gesellschaft zu übernehmen, Hilfe für Andere zu leisten. Für mich zählt auch: Mehr zu tun als den sprichwörtlichen Neun-zu-Fünf-Uhr-Job. Die Mitgliedschaft ist ja kein Selbstzweck. Es geht aber auch darum, den Austausch miteinander zu pflegen, sich weiterzubilden und das Bewusstsein für gesellschaftliche Themen zu schärfen. Wir haben eine wirklich offene Gesprächskultur.
Dr. Henning Keimer: Das soziale Engagement war für mich ausschlaggebend.
Aber man kann nicht einfach eintreten, oder?
Keimer: Nein, man wird vorgeschlagen, zwei Mitglieder müssen für den Kandidaten bürgen. Damit soll gewährleistet sein, dass derjenige auch wirklich Lust hat, sich einzubringen, man den karitativen, sozialen Gedanken nicht erst erklären muss. Erwartet wird auch eine Weltoffenheit.
Terhardt: Wichtig ist, dass die Mitglieder miteinander zurechtkommen, zueinander passen. Dass es funktioniert sieht man daran, dass es eigentlich keine Austritte gibt.
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Das Etikett, elitär zu sein, wird Ihnen aber öfter verpasst?
Terhardt: Ja klar, das hören wir schon mal. Auch, dass nur zahlungskräftige Mitglieder in Frage kämen. Das stimmt aber nicht, ist keine Einstiegsvoraussetzung. Es geht darum, dass Leute mit einem Netzwerk und gewissem gesellschaftlichen Stand zusammenkommen, um etwas für die Gesellschaft zu tun.
Wie verpflichtend ist denn das Engagement?
Keimer: Wir treffen uns alle vierzehn Tage im Wasserschloss Wittringen. Die Teilnahme ist keine Bedingung, aber es wird schon eine regelmäßige Präsenz erwartet.
Jeder zahlt einen Mitgliedsbeitrag?
Keimer: Ja, und dazu spendet jeder nach eigenem Ermessen einen Beitrag für das Hilfswerk. Daraus finanzieren wir unsere Projekte, können auch mal schnell und unbürokratisch Hilfe leisten. Beispielsweise als das Internationale Mädchenzentrum im vergangenen Jahr nach dem Trägerwechsel schnell Unterstützung brauchte, um weiter arbeiten zu können, konnten wir mit 3600 Euro einspringen.
Solche spontanen Hilfen sind aber nicht die Regel?
Terhardt: Nein, wir wollen nachhaltige Projekte entwickeln und fördern. Projekte, die es ohne die Lions nicht gäbe. Beispiel: Die Sprechzeit, besondere Sprachförderung für Kinder mit Migrationshintergrund in der Grundschule, die wir durch unsere Kalenderaktion seit zwei Jahren finanzieren. Oder das Heroes-Projekt gegen Unterdrückung im Namen der Ehre, in dem junge Männer mit türkischen Wurzeln für Werte wie Gleichberechtigung und Respekt sensibilisiert werden. Im Verlauf der vergangenen zehn Jahre haben wir insgesamt über 100 000 Euro gespendet.
Gibt es Anfragen mit der Bitte um Spenden?
Terhardt: Natürlich. Aber es geht, wie gesagt, immer um die Nachhaltigkeit und die einzigartige Hilfe, die wir leisten wollen. Die Mitgliederversammlung entscheidet über die Verwendung der Spendengelder.
Zu den Mitgliedern: Es gibt Lions Clubs, in denen Frauen Mitglied sind. In Ihrem ist das nicht der Fall?
Keimer: Nein. Es wird aber regelmäßig darüber diskutiert, durchaus auch kontrovers, ob der Club sich für Frauen öffnen sollte. Der Leitgedanke ist ja, dass die Mitgliedschaft geschlechtsunabhängig sein sollte. Aber es gibt dazu keine Entscheidung.
Terhardt: In Dorsten gibt es vier Clubs, darunter einen gemischten und einen reinen Frauenclub.
Präsident für ein Jahr – dann kommt der nächste
Herr Dr. Keimer, Sie wurden vor wenigen Wochen zum Präsidenten gewählt. Wie wird man Präsident?
Keimer: Man wird angesprochen. Weil es jemand machen soll, der es noch nicht war, sind das meistens die, die zuletzt gekommen sind.
In einem Jahr gibt es schon wieder einen Wechsel. Macht das Sinn?
Keimer: Das passt schon. Die gesamte Vorstandszeit dauert ja eigentlich vier Jahre. Im Vorstand beginnt man als 2. Vize, oder sogar vorab als Sekretär. Dann wird man Vize, danach Präsident und ist danach Past-Präsident. In der ganzen Zeit kann man mitbestimmen und -gestalten. Ich habe die Themen für dieses Jahr in den vergangenen zwei Jahren schon vorbereitet. Ein Jahr für die aktuelle Präsidentschaft ist ausreichend, man steckt viel Energie in die gesamte Organisation.
Setzen Sie eigene Schwerpunkte?
Keimer: Mir sind die Themen Natur, Umwelt und Sport wichtig, also habe ich dazu eine Reihe von Vorträgen organisiert, beispielsweise über die Renaturierung der Emscher, die Nutzung ehemaliger Bergbauflächen und zu Erneuerbaren Energien. Auch Helmut Kremers, Ex-S04-Spieler kommt und Sven Beckedahl, Chef von Bild-Sport.