Gladbeck. . Der normale Abriss sei schon laut gewesen, so die Anwohner. Doch nun werde den ganzen Tag Beton zerkleinert. Und dieser Krach sei unerträglich!

  • In den Schränken klappert das Geschirr, so die Klage der Anwohner der Lambertistraße
  • Sie bezweifeln, dass eine solche Lärmquelle in der Nähe von Wohnbebauung erlaubt ist
  • Doch die Stadt und auch der Kreis machen wenig Hoffnung auf eine Lärm-Minderung

„Wir sind keine Nörgler und Querulanten, aber dieser Lärm ist nicht auszuhalten“, sagen Karin (72) und Wolfgang Rautenberg (76). Auch die Nachbarn seien genervt, „dass ihnen Teller und Gläser in den Schränken hüpfen und draußen alles zustaubt“. Das Ehepaar wohnt im Mehrfamilienhaus Lambertistraße 10 mit direktem, rückwärtigen Blick von Garten und Balkonen auf die Abrissbaustelle des Karstadt-Hertie-Hauses. Der normale Abriss sei ja auch laut, aber im Rahmen gewesen, so die Senioren. Seit etwa zehn Tagen laufe nun aber der große Betonschredder, teils bis in die Abendstunden, „und wir können uns nicht vorstellen, dass dieser Lärm in unmittelbarer Nähe von Wohnbebauung erlaubt ist.“

Die Stadtverwaltung ist für die Abrissgenehmigung zuständig, die auf Grundlage eines Abrisskonzeptes erteilt wird, das auch die einzelnen Arbeitsschritte auflistet. Bei der Stadt habe man sie auf Nachfrage informiert, berichten die Rautenbergs, „dass zum Abrisskonzept auch ein Lärmgutachten erstellt wurde, für das der Kreis zuständig ist“. Dort, beim Umweltamt, habe man sie telefonisch informiert, „dass alles seine Richtigkeit hat“.

Stadtverwaltung: „Das Lärmkonzept, das einzuhalten ist, ist genehmigt worden“

Das bestätigt Peter Breßer-Barnebeck, Kommunikationschef im Rathaus: „Das Lärmkonzept, das einzuhalten ist, ist genehmigt worden.“ Er merkt zudem an, dass die Platzierung des Betonzerkleinerers direkt auf der Baustelle den Vorteil habe, „dass Schwerlastverkehr von Hunderten Lastwagenfahrten durch die Innenstadt vermieden werden kann“. Denn der Beton aus dem Gebäude wird zerkleinert, um zum Auffüllen der alten Kellerräume und zur Herstellung des planen Baugrundes Wiederverwendung zu finden.

„Aber wir Bürger müssen doch auch Rechte haben, welcher Baustellenlärm zulässig ist und welcher nicht. Wir dürfen ja in der Mittagsruhe auch nicht laut den Rasen mähen“, sagt das lärmgeplagte Ehepaar.

In Wohngebieten sind 55 Dezibel zugelassen

Lärmgrenzen legt die „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen“ fest. Demnach sind als Immissionsrichtwerte zum Beispiel in Gebieten mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen (zu etwa gleichen Anteilen) tagsüber 60 Dezibel und in Gebieten, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind, 55 Dezibel zulässig.

55 Dezibel sind erlaubt, die Rautenbergers haben schon bis zu 96 auf ihrem Balkon gemessen.
55 Dezibel sind erlaubt, die Rautenbergers haben schon bis zu 96 auf ihrem Balkon gemessen. © Oliver Mengedoht

Der Betonschredder erreiche im Normalbetrieb mehr als 70 Dezibel „und wenn die dicken Betonbrocken reinkommen sogar mehr als 90 Dezibel“, sagt Karin Rautenberg. Das habe sie von ihrem Balkon mit dem Handy und einer Dezibel-App gemessen. „Das liegt doch deutlich über dem Grenzwert.“

Anlieger hätten sich eine frühe Information gewünscht

Jochem Manz, Sprecher der Kreisverwaltung, macht den Gladbecker Lärmopfern indes wenig Hoffnung. „In dem Lärmgutachten für den Karstadt-Abriss ist der 60-Dezibel-Richtwert zugrunde gelegt worden.“ Das Ganze werde aber „flexibel und in Betrachtung der gesamten Abrissumstände gehandhabt“, so dass auch höhere Werte über einen längeren Zeitraum von den Anwohnern hingenommen werden müssten. Um die Bürger bei solchen Projekten mitzunehmen, sei es sicher im Vorfeld sinnvoll, „möglichst früh und offen über die Arbeitsschritte zu informieren“, so Manz, „damit die Anlieger genau wissen, was auf sie zukommt“.

Genau dass mache sie besonders wütend, sagen die Rautenbergs, „dass wir Baustellenanlieger von der Stadt nicht vorher, zum Beispiel bei einer Infoveranstaltung, unterrichtet worden sind, was uns alles erwartet.“ Die zuständigen Herren von der Verwaltung könnten ja „gerne mal zum Kaffee im Garten beim Baustellenlärm vorbeikommen“.