Gladbeck. . „Das war schon immer das Juwelier-Haus. Jetzt ist es das Punk-Haus.“ Alex Schwers bringt den Punk an die Horster Straße – und ins Revier.
- In einem Altbau in der Fußgängerzone lebt Schlagzeuger Alex Schwers mit seiner Familie
- In der zweiten Etage hat er sich ein Tonstudio eingerichtet und ein Büro
- Von dort aus organisiert er unter anderem die Festivals „Ruhrpott-Rodeo“ und „Punk im Pott“
Die innere Schönheit zählt. Das ist oft leicht dahingesagt. Im Fall des Hauses, für das sich Alex Schwers und seine Familie entschieden, ist das aber eindeutig so. Denn von außen ist der Altbau mit dem alteingesessenen Uhren- und Schmuckgeschäft im Erdgeschoss alles andere als schön.
Früher, sagt Mirja Nicolussi, sei das Haus, das Ende des 19. Jahrhunderts erbaut wurde, wunderschön gewesen. Aber die reich verzierte Fassade sei Modernisierungsarbeiten zum Opfer gefallen. Verkleidet mit metallisch anmutenden Platten, die vielleicht irgendwann mal modern waren, zählt es nun eben zu den Aschenputtelhäusern der Horster Straße.
Vom Juwelier-Haus zum Punk-Haus
Oder, wie Schwers es nennt: „Das war schon immer das Juwelier-Haus. Jetzt ist es das Punk-Haus.“ Nach anfänglichem Fremdeln ist seine Frau von dem historischen Bau überzeugt. „Ich liebe dieses Haus – es hat ja ganz viel Geschichte.“ Und nun bekommt es ein neues Kapitel dazu.
Im Innern hat sich einiges getan, seit die kreative Familie eingezogen ist. Helle Dielen, offenes Fachwerk – und in der zweiten Etage entsteht zurzeit ein Tonstudio. Dort will Alex Schwers, der unter anderem bei den Punkrockveteranen Slime Schlagzeug spielt, künftig Demoaufnahmen machen. Aber noch ist die Gesangskabine nicht fertig.
Hier wird das Ruhrpott-Rodeo geplant
Und außerdem gibt es zurzeit auch ein anderes Projekt, das seine Aufmerksamkeit braucht. In gut sieben Wochen steht das Ruhrpott-Rodeo an, ein dreitägiges Punkrockfestival auf dem Flugplatz Schwarze Heide in Bottrop, das Schwers vor elf Jahren ins Leben rief.
Seitdem pilgern sommers bunt-frisierte Menschen an den Rand des Ruhrpotts, um drei Tage lang neue Bands und alte Helden zu feiern. Damit sie das können, wird das Büro an der Horster Straße zur Schaltzentrale, die entsprechenden Knöpfe drückt der Gladbecker, unterstützt von einem Kollegen, der sich vor allem um Anträge kümmert. Und bewacht von seinen Kiss-Actionfiguren und einem Iggy Pop im Mini-Format.
Lagepläne zieren die Bürowand
An der Bürowand hängt der Lageplan für das Festivalgelände. Drei Campingplätze wird es rundherum geben und drei Parkplätze. Auf dem Gelände dann Bühnen, Gastronomie, Toiletten – und natürlich der elektrische Bulle, ohne den das Rodeo nur ein Musikfest wäre. Hinter der Hauptbühne Verpflegung für die Bands, das Materiallager. Alles Routine, und doch verändere sich der Aufbau in jedem Jahr ein wenig, sagt Schwers.
In diesem Jahr sind wieder einmal international bekannte Bands wie „Bad Religion“ und die „Irie Révoltés“ mit dabei, aber auch Stammgäste aus dem Ruhrpott wie „Die Kassierer“ und die „Lokalmatadore“ und Schwers’ eigene Band „Slime“. Noch ist das alles eher eine theoretische Angelegenheit, muss sich der Musiker mehr mit Papier als mit Noten befassen. Wer entsorgt den Müll, wer passt auf, dass nichts passiert, Fragen, mit denen sich die Feiernden nicht beschäftigen sollen.
Das Festival ist eine Familienangelegenheit
„Wir sollten auch bald mal wieder Müllsäcke falten“, sagt Mirja Nicolussi, die ihrem Mann bei seinen Festivals hilft. Nicht, weil Vater, Mutter und zwei Kinder so gerne Origami machen, will sie falten. Beim Ruhrpott-Rodeo gibt es ein Müllkonzept, und das funktioniert so: Camper zahlen an der Ticketausgabe fünf Euro Pfand, dafür bekommen sie einen Müllsack. Und wenn sie den am Ende des Festivals voll wieder abgeben, bekommen sie ihr Pfand zurück.
Damit beim Rodeo, und auch bei der Winter-Variante, dem Punk im Pott in Oberhausen, alles glatt geht, hilft die ganze Familie mit, samt der Oma, die seit Jahren an der Kasse sitzt und es herrlich findet, unter all den Punks als Exotin zu gelten. Denn auch, wenn am Ende die inneren Werte zählen: Der erste Eindruck ist eben auch entscheidend.