Gladbeck. Überforderte Ämter. Desaströse Arbeit mit schwierigen Kids. Der Gladbecker Werner Fiedler hat seine Erfahrungen in ein Buch einfließen lassen.

  • Im Buch „Kind im Brunnen“ bezweifelt Werner Fiedler den Nutzen der städtischen Jugendförderung
  • Die Hauptkritik zielt auf das Landesprojekt von Ministerpräsidentin Kraft „Kein Kind zurücklassen“ ab
  • Die gute Idee sei schlecht umgesetzt worden, so der ehemalige Abteilungsleiter im Jugendamt

Werner Fiedler (65), ehemaliger Abteilungsleiter der städtischen Jugendförderung, übt in einem in Kürze erscheinenden Buch des Recherchezentrums „correctiv“ harsche Kritik an der Wirksamkeit der Jugendhilfe allgemein in den NRW-Kommunen und in Gladbeck.

Unter dem Titel „Kind im Brunnen – wie Staat und Städte bei der Jugendhilfe versagen“ veröffentlicht correctiv.org bereits einzelne Kapitel vorab im Internet.

Werner Fiedler hat bis vor kurzen als Abteilungsleiter im Jugendamt der Stadt Gladbeck gearbeitet.
Werner Fiedler hat bis vor kurzen als Abteilungsleiter im Jugendamt der Stadt Gladbeck gearbeitet.

Den Impuls zu der Recherche soll laut Aussage des Autors Christoph Schurian (Ex-TAZ-Redaktionsleiter in NRW) Werner Fiedler, der am 31. Januar in den Ruhestand ging, selbst gegeben haben.

Fiedler sieht im Landesprojekt „ein politisches Schaulaufen“

Die Hauptkritik in den bisher im Internet veröffentlichten Kapiteln zielt auf das vor fünf Jahren gestartete Landesprojekt von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft „Kein Kind zurücklassen“ ab. Das sei, so lässt sich die Kritik des Autors zusammenfassen, zwar gut gedacht, aber schlecht umgesetzt worden. Auch Fiedler bezweifelt in seinen Aussagen den Nutzen, sieht darin ein politisches Schaulaufen.

Sein ernüchterndes Fazit zur Jugendhilfe generell: Die Zahlen der Fälle hätten sich seit Anfang der 90er Jahre verdreifacht, viele „Jugendämter seien überfordert und desorganisiert, die Ergebnisse der Arbeit mit abgehängten, schwierigen Kids desaströs“. Seiner Meinung nach fehle es jedoch nicht an Geld oder Personal, sondern am politischen Willen in vielen Rathäusern.

Sozialwissenschaftler Strohmeier zog seine Mitarbeit zurück

In dem Werk sollte auch der renommierte Sozialwissenschaftler Peter Strohmeier, der das Projekt „Kein Kind zurücklassen“ von Anfang an intensiv begleitet hat, ausführlich zu Wort kommen und es sollten vor allem Zahlen genannt werden. Weil das Buch jedoch unbedingt noch vor der Landtagswahl erscheinen soll, zog Strohmeier seine Aussagen zurück. Er fühle sich instrumentalisiert, lautet seine Kritik an der Vorgehensweise.

Das Recherchezentrum „correctiv“, das sich selbst als „gemeinnützig, unabhängig und investigativ“ bezeichnet, finanziert sich laut eigener Aussage durch Stiftungsgelder und Zuwendungen von Lesern und Nutzern. Recherchen und Geschichten reicht das Zentrum an Zeitungen und Magazine, ebenso an Radio- und Fernsehsender weiter.