Gladbeck. Gladbecker Autor Matthias Hilbert untersucht in seinem neuen Buch die Lebenswege prominenter Personen, die aus einem frommen Elternhaus stammten.

Matthias Hilbert ist ein tief gläubiger Mann. Ihn interessieren Themen, die mit dem Christsein zusammenhängen. Schon immer. Eigentlich kein Wunder, denn der evangelisch-freikirchlich geprägte 66-Jährige stammt aus einem frommen Elternhaus, sechs Geschwister inklusive. Der Vater war Pastor. „Das hat mich geprägt.“ Jetzt legt der Gladbecker sein zweites Buch vor. Titel: „Fromme Eltern – unfromme Kinder?“ Nachsatz: „Der Apfel fällt (nicht) weit vom Stamm.“

Auf 230 Seiten dringt Hilbert tief in die Glaubens- und Lebensgeschichten bekannter Personen aus einem frommen Elternhaus ein. Dabei versucht er neue Einblicke in das Leben „berühmter Zweifler“ zu geben. Wissensvermittlung nach Art eines Lexikons liegt ihm dabei fern. Er legt Wert auf das Entstehen von „sehr persönlichen Porträts“ der vorgestellten Personen. Sein Ziel: Herauszufinden wie das Elternhaus das Leben der Kinder geprägt hat. „Warum hat der eine weiter geglaubt und der andere dagegen rebelliert?“

Autor Hilbert war jahrzehntelang Hauptschullehrer

© Detlev Kreimeier

Seine Zweifler sind Heinz Horst Deichmann, Friedrich Dürrenmatt, Friedrich Engels, Hermann Hesse, Vincent van Gogh, John Grisham, Julien Green und Gudrun Ensslin. Diese acht Persönlichkeiten haben eins gemeinsam. Sie sind allesamt bekannte Pastorenkinder oder stammen aus einem frommen Elternhaus – wie Hilbert.

„Meine Eltern lebten ihren Glauben authentisch. Auch mir fällt es leicht, zu glauben“, sagt der gebürtige Hesse, der seine Jugend im ostfriesischen Leer verbrachte und 1976 nach Gladbeck zog. Engagiert ist er in der hiesigen Baptistengemeinde mit ihren 44 Mitgliedern, die ihr Gotteshaus in der Oberen Schillerstraße haben. Jahrzehnte unterrichtete Hilbert vor allem Religion, Deutsch und Geschichte an Haupt- und Grundschulen in Gelsenkirchen, bevor er Anfang 2000 aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand ging. „Das war der Zeitpunkt, als ich mit dem Schreiben begann.“ Als erstes verfasste er zum 75-jährigen Bestehen der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Gladbecks eine 100seitige Jubiläumsschrift.

Zunächst kam es zur Beschäftigung mit christlichen Dichtern

Über Hermann Hesse (1877-1962) schrieb Matthias Hilbert ein eigenes Buche „Hermann Hesse und sein Elternhaus – Zwischen Rebellion und Liebe“.
Über Hermann Hesse (1877-1962) schrieb Matthias Hilbert ein eigenes Buche „Hermann Hesse und sein Elternhaus – Zwischen Rebellion und Liebe“.

„Es fiel mir leicht, machte Spaß und ich erkannte: Mir liegt das Schreiben.“ Es folgte eine Beschäftigung mit sogenannten christlichen Dichtern wie etwa Tolstoi, Dostojewski und anderen. Ein geplantes Buch musste aber aus Verlagsgründen (wirtschaftliche Schwierigkeiten) gekippt werden.

Hilbert machte weiter, beackerte den Schriftsteller Hermann Hesse. Seine Arbeiten mündeten ins Buch „Hermann Hesse und sein Elternhaus – Zwischen Rebellion und Liebe“, das 2005 erschien. „Hesse hat eine hochinteressante Biografie. Die Eltern waren Missionare. Er selbst erlebte eine dramatische Pubertät mit Selbstmordversuch und Aufenthalt in einer Nervenanstalt.“

Auch Hesse hat nun wieder Eingang in sein neues Buch gefunden. Bei ihm und den anderen sieben Persönlichkeiten geht Hilbert auf die Suche nach einem sehr persönlichen Bild. „Ich möchte der Person und seinem Elternhaus gerecht werden.“ Und: „Ich will herausfinden, wie der Betreffende am Ende zu dem geworden ist wofür er steht und bekannt ist.“ Seine Suche als Autor in diesen Entwicklungsgeschichten bezeichnet er als „spannende und faszinierende Aufgabe“.

Zuwendung durch fromme Eltern

Sein Fazit: Auffallend sei, dass alle Eltern bemüht waren, ihren Glauben authentisch zu leben. In der Kindheit hätten die acht porträtierten Persönlichkeiten allesamt ein großes Maß an Liebe und Zuwendung durch ihre frommen Väter und Mütter erfahren. Aber: Alle haben sich mit dem Glauben ihrer Eltern auseinandergesetzt.

Hilbert: „Glaube ist doch nicht anerziehbar. Es kommt immer der Punkt, wo man sich selbst entscheiden mussten, wie man es mit dem Glauben nun hält.“ Wie auch immer die Entscheidung bei den Einzelnen ausgefallen ist, der Autor plädiert eindeutig für ein christliches Zuhause. „Eltern machen nie etwas verkehrt, wenn sie den Glauben vorleben.“

Hilbert berichtet von spannenden Entwicklungen

Überraschende Einblicke ins Leben berühmter Zweifler will Matthias Hilbert bieten. Und er legt gleich los. Denn wer wusste schon, dass Friedrich Engels, der später zum Missionar des Kommunismus wurde, als Jugendlicher gar flammende Gedichte auf Jesu verfasste? Oder dass der weltberühmte Maler Vincent van Gogh, dessen Vater Pastor war, eine Zeit lang als Laienprediger arbeitete?

Tragisch auch die Geschichte der Gudrun Ensslin: Sie wuchs in einem schwäbischen Pfarrhaus auf und warf dann alle christlichen Ideale über Bord, um im Namen der Rote Armee Fraktion (RAF) Angst und Schrecken zu verbreiten und zur Top-Terroristin zu werden – eine fromme Jugendliche, die ideologisch beeinflusst wurde.

Der Schriftsteller John Grisham wiederum positioniert sich für Hilbert als Christ, indem er in seinen Romanen christliche Elemente einbringt. Den Schriftsteller Julien Green habe eine sehr fromme Mutter stark geprägt. Wiedergefunden habe sich Green letztlich in einer „Polarität zwischen Wüstling und Heiligem“. Beim sehr sozial engagierten Unternehmer Deichmann wiederum habe ihn beeindruckt, wie „überzeugend Deichmann sein Christsein gelebt hat“. Das Elternhaus von Hermann Hesse sieht Hilbert zwischen Rebellion und Liebe angesiedelt. Pastorensohn Friedrich Dürrenmatt schließlich rebellierte heftig gegen den Vater – und wurde schließlich bekennender Atheist.