Gladbeck. . Die kleine Wohnstraße in Ost ist seit den 50er Jahren nach dem Mundartdichter mit „braunem“ Gedankengut benannt. Heimatverein ist für Aufklärung.
- Schon seit den 50er Jahren gibt es eine Wagenfeldstraße, die an den westfälischen Mundartdichter erinnert
- Seit einigen Jahren wird auch über die „braune“ Vergangenheit Wagenfelds diskutiert
- Der Heimatverein schlägt ein entsprechendes Zusatzschild zur Aufklärung vor, die Stadtverwaltung stimmt zu
Die Wagenfeldstraße, eine 160 Meter lange Sackgasse mit Mehrfamilienhäusern im Dreieck von Bülser Straße und Konrad-Adenauer-Allee, erinnert schon seit den 50er Jahren an den westfälischen Mundartdichter Karl Wagenfeld. Seit geraumer Zeit ist der Namenspatron allerdings mehr und mehr umstritten – wegen seiner Nähe als Dichter und Heimatforscher zu „braunem“ Gedankengut der Nationalsozialisten.
Wagenfeld, der 1869 in Lüdinghausen geboren wurde und 1939 in Münster starb, galt als „Triebkraft der westfälischen Heimatbewegung“ und war Begründer des Westfälischen Heimatbundes. Der Volksschullehrer widmete sich nach dem Ersten Weltkrieg dem Schreiben, machte sich dabei verdient um die Bewahrung der niederdeutschen Sprache. Zu den Werken Wagenfelds gehören zahlreiche Dramen (vornehmlich für die Bauernbühne), Erzählungen, vor allem aber auch Versdichtungen.
Wagenfeld war ein Repräsentant rassistischer Anschauungen
Zugleich aber war er Repräsentant fremdenfeindlicher und rassistischer Anschauungen, „die mit der nationalsozialistischen Ideologie übereinstimmten“, wie es heißt. Schon früh (Mitte der 20er Jahre) forderte er, „einen Schutzwall aufzurichten gegen das Vordringen einer volksfremden Kultur, die sich im Westen Deutschlands einnisten möchte“ und sprach sich in Publikationen für eine „Rassereinheit“ aus. Im April 1933 – unmittelbar vor der Aufnahmesperre – wurde Wagenfeld Mitglied der NSDAP.
Zahlreiche Straßen in westfälischen Städten – wie in Gladbeck 1955 – erhielten den Namen Wagenfelds, was inzwischen aufgrund seiner Rolle als „aktive Stütze des NS-Regimes“ an vielen Orten auf Widerspruch gestoßen ist und zu Umbenennungen führte – unter anderem in Gelsenkirchen-Buer. Eine Begründung aus Münster kann als repräsentativ gelten, nach der „Wagenfeld sich aus voller Überzeugung, nicht aus opportunistischen Gründen, dem NS-Regime angedient hat. In Bottrop wurde die Karl-Wagenfeld-Grundschule längst in Astrid-Lindgren-Grundschule umbenannt.
Noch 2016 gab es ein neues, unzureichendes Legendschild
In Gladbeck war die „braune Gesinnung“ Wagenfelds bislang kein Thema. Noch 2016 erhielt das Straßenschild ein neues Legendschild, das damals schon vier Jahr alt war und nur auf Wagenfelds Lebensdaten, seine literarische und heimatverbundene Tätigkeit hinweist.
Der Heimatverein, der zugibt, die „braune Verstrickung“ Wagenfelds bislang nicht diskutiert zu haben, schlägt nunmehr selbstkritisch vor, eine aufklärende Ergänzung am Legendschild vorzunehmen. Heimatvereinschef Heinz Enxing empfiehlt einen Schriftzusatz, wie er ihn im münsterländischen Drensteinfurt fand. Der lautet: „Seine Reden und Schriften offenbaren allerdings auch deutsch-nationales und völkisches Gedankengut, mit dem er der national-sozialistischen Propaganda dienlich war.“
Stadtverwaltung begrüßt das Anbringen eines Zusatzschildes
Die Stadtverwaltung, so heißt es in einer Antwort auf eine Anfrage, würde es grundsätzlich begrüßen, wenn ein weiteres Zusatzschild angebracht würde. Auch das Stadtarchiv spreche sich für ein aufklärendes Zusatzschild aus. Man setze dabei auf die Zusammenarbeit mit dem Heimatverein, der bislang immer Legendschilder anfertigen ließ.
Eine Umbenennung der Straße, wie in anderen Städten, scheint indes kein Thema zu sein: Eine komplette Umbenennung könne nur durch einen Beschluss des Haupt- und Finanzausschusses erfolgen, was derzeit wohl nicht geplant ist.