Gladbeck. . Astro-Fan Julian Weßel schickte einen Ballon mit Kamera in die Stratosphäre. Spannende Aufnahmen der Welt von oben im Film auf der Homepage.

Alle, die davon träumen, mal als Astronaut in den Orbit zu starten, können jetzt zumindest eine Ahnung davon bekommen, wie das wohl wäre. Leider nicht an Bord eines Weltraumfliegers, aber vor dem Bildschirm am Heim-Computer. Möglich macht das der Gladbecker Astro-Fan Julian Weßel. Mit Freunden startete der 24-Jährige am vergangenen Wochenende einen Wetterballon, der eine Spezialbox mit Kamera in den Himmel bis zur Stratosphäre auf gut 27 Kilometern Höhe transportierte. „Auch für uns eine aufregende Sache, da wir als Premiere einen Nachtstart und -flug durchgeführt haben“, erklärt der Astro-Fotograf. Der mitgefilmte Flug ist via Internet als Film, auf etwa 15 Minuten zusammengekürzt, abrufbar.

Astrofotograf Julian Weßel mit dem Teleskop, das er auf der Terrasse seines Elternhauses aufgebaut hat.
Astrofotograf Julian Weßel mit dem Teleskop, das er auf der Terrasse seines Elternhauses aufgebaut hat. © Oliver Mengedoht

Derlei Ausflüge in den Weltraum sind ein kostspieliges Hobby. Allein der Wetterballon habe 150 Euro gekostet, so Weßel, hinzu kamen die Styropor-Kapsel für die Kamera sowie weitere Materialien. Außerdem Benzinkosten und Gebühren für die Anmeldung bei der Flugsicherung plus Starterlaubnis der Luftfahrtbehörde. „Insgesamt rund 500 Euro“, rechnet der Student der Geophysik zusammen. Ganz zu schweigen von der hochauflösenden, in die Stratosphäre transportierten wertvollen Kamera selbst, die freilich wohlbehalten wieder auf den Erdboden zurückkehren sollte. „Dafür wird ein Fallschirm zwischen die Kamera-Kapsel und den Ballon gehängt“, erklärt Weßel.

Im Team, mit drei Freunden, sei die Nachtmission vorbereitet worden. Dafür gebe es spezielle Computerprogramme, die die aktuellen Windverhältnisse in Erdnähe sowie in der Stratosphäre berechnen, um die wahrscheinliche Flugroute und den ungefähren Landungspunkt zu berechnen. „Ungefähr“ bedeute, „dass man mit einer Abweichung von etwa 50 Kilometern rechnen muss“.

Aufregend: Man weiß nie, wo genau die Kapsel landen wird

Eine aufregende Sache, da man ja nicht genau wisse, „wo die Kamera-Kapsel landet“. In der Vorplanung versuche man daher immer unter Bedingungen zu starten, bei denen der Ballon in möglichst wenig besiedeltem Gebiet aufsteigt und niedergeht. Die Landung auf freiem Feld sei der Idealfall.Der Fallschirm mit seiner Fracht könne aber auch „in einen Privatgarten, ein abgesperrtes Industrie- oder Fabrikgelände oder in ein Gewässer fallen“.

Der Nachtstart am Wochenende erfolgte etwa 80 Kilometer von Gladbeck entfernt von einem Feld zwischen Goch und Kleve. Rund 7000 Liter Helium wurden in den hochelastischen Wetterballon geleitet, „der mit einem Durchmesser von zwei Metern startet und sich in der Stratosphäre bis zu zehn Meter Durchmesser ausdehnen kann, bevor er platzt“, erklärt der Astro-Experte. Bis zu 1000 Metern Höhe sei es möglich, das ausgesendete GPS-Signal der Kapsel, die mit rot blinkenden Lämpchen zur Warnung des Flugverkehrs ausgestattet ist, am Computer zu verfolgen, „dann bricht der Empfang ab.“

Rotes Lämpchen hilft bei der Suche

Ebenso spannend, fast wie eine Schatzsuche, sei es dann, das Gerät nach Stunden wieder aufzufinden. Weßel: „Man fährt mit dem Auto in den vorgegebenen Landebereich und schaltet auf Empfang, bis das GPS-Signal wieder auftaucht.“ Dann gelte es, sich diesem möglichst nah über Straßen und Wege anzunähern „und dann mit Taschenlampen die Kapsel zu suchen“. Vorteil bei Nacht: die auffällig blinkenden roten Lampen. Mit einem Landepunkt im Münsterland hatten die Hobby-Astronomen gerechnet, mussten aber satte zwei Stunden 177 Kilometer weit bis an die Stadtgrenze von Bielefeld fahren. Glückliche Fügung: Die Kapsel war genau auf einem Feld zwischen zwei Wohnsiedlungen gelandet.

Spannende Auswertung der Daten und der Bilder

Danach ging es an die spannende Auswertung der Daten und des Bildmaterials. Mit einer Steigrate von vier Metern und mehr pro Sekunde war der Ballon aufgestiegen und erreichte bei starken Winden eine Fluggeschwindigkeit von bis zu 108 km/h. Er flog mit 27 256 Metern bis in die Ozonschicht der Erde, damit höher als jedes Spionageflugzeug (ca. 20 km) und jeder normale Linienjet (10 km).

Die niedrigste Flugtemperatur betrug minus 40 Grad Celsius. Die Kamera an Bord filmte beeindruckende Bilder der sich immer weiter entfernenden Lichter der Städte, bis sich das Rund der Erdkugel immer mehr abzeichnet und glitzernde Sterne am tiefschwarzen Himmel zu sehen sind.

Nachtflug auf der Homepage

Der Nachtflug in die Stratosphäre iat auf der Homepage von Julian Weßel abrufbar: http://jwastronomy.com/Stratos/Stratos-at-Night