gladbeck. . Gabriele Anicker entschied sich nach dem Abitur fürs Theologiestudium. Sie hat diesen Schritt nie bereut und ist Pfarrerin in Rentfort/Zweckel.
In jungen Jahren hatte Gabriele Anicker (58) zwei Hobbys: Musik und Religion. Das eine hat sie zum Beruf gemacht, das andere ist Freizeitvergnügen geblieben. Die Tochter eines Militärseelsorgers, die nach eigenem Bekunden schon als Jugendliche gern im wahrsten Wortsinn „über Gott und die Welt diskutierte“ und zu deren Lieblingslektüre die Bibel gehörte, entschied sich nach dem Abitur 1977 für das Theologiestudium.
Wäre sie ein paar Jahre früher geboren worden, wäre ihre Entscheidung möglicherweise anders ausgefallen, denn echte Gleichberechtigung gab es in der evangelischen Kirche lange nicht. Bis 1975 verloren Pfarrerinnen, wenn sie heirateten, die Berechtigung zu taufen und das Abendmahl zu spenden.
Zahl der Theologiestudentinnen stieg an
Als diese Vorschrift in der evangelischen Kirche fiel, Frauen also ihren Kollegen gleichgestellt wurden, stieg die Zahl der Theologiestudentinnen rasant an. Gabriele Anicker wuchs in Münster auf. Sie studierte je vier Semester in ihrer Heimatstadt, in Tübingen und in Marburg, absolvierte ihr Vikariat in Berlin und wurde in Bocholt Pfarrerin im Hilfsdienst (heute Entsendungsdienst).
Im Ausland leben, Land und Leute kennenlernen
Nach einem Jahr ließ sie sich beurlauben, um das zu tun, was sie schon immer wollte: im Ausland nicht nur Urlaub machen, sondern leben, Land und Menschen kennenlernen und sich die Frage zu stellen, „was aus meinem Leben geworden wäre, wenn ich dort zur Welt gekommen wäre“. Sie entschied sich für die Philippinen, lebte auf Cebu, einer der großen südlichen Inseln. Nach 19 Monaten „mit sehr unterschiedlichen Erfahrungen“ musste sie dieses Praktikum aus gesundheitlichen Gründen beenden.
Ihre erste Pfarrstelle bekam Gabriele Anicker in Hervest-Dorsten, wo sie 18 Jahre blieb. Dann stand ihr der Sinn nach Veränderung und sie wechselte 2007 nach Gladbeck-Rentfort. An der Seite ihres Kollegen Dietmar Chudaska versuchte sie – bekanntermaßen vergeblich –, die schon beschlossene Aufgabe der Martin-Luther-Kirche zu verhindern.
Pfarrbezirke Rentfort und Zweckel arbeiten zusammen
Erreicht haben sie nur einen Aufschub. Die Kirche wurde 2011 entwidmet und an den Gladbecker Unternehmer Martin Schmidt verkauft, der daraus den „Kulturtempel“ machte und sie der Gemeinde für die sonntäglichen Gottesdienste vermietete. 2015 war endgültig Schluss mit der sakralen Nutzung. Seither sind die Pfarrbezirke Rentfort und Zweckel fusioniert, und „wir arbeiten super zusammen“.
Und was ist aus Gabriele Anickers zweitem Hobby, der Musik, geworden? Während ihrer Zeit in Münster war sie Organistin und leitete mehrere Chöre, in Gladbeck hat sie ein regelmäßiges offenes Singen im Gemeindezentrum an der Schwechater Straße in Rentfort-Nord ins Leben gerufen. Vier Mal im Jahr veranstaltet sie eine große Geburtstagsfeier für Senioren der Gemeinde, und natürlich wird bei dieser Gelegenheit viel gesungen, begleitet von der Pfarrerin mit der Gitarre.