Gladbeck. Der Heimatverein lud zur Besichtigung der Herz-Jesu-Kirche ein. Kirchenfenster, Altar und die Orgel sind Meisterwerke, erfuhren die 30 Gäste.
- Der Heimatverein setzte seine Kirchenführungen mit einem Besuch der gut 100 Jahre alten Zweckeler Kirche fort
- Gäste bewunderten viele verborgene Schätze, die ihnen Kirchenkenner Peter Rademacher zeigte
- Rundgang durch das Gotteshaus wurde durch manch amüsante Bemerkung aufgelockert
„Gladbeck braucht sich in Sachen Kunst nicht verstecken, wir haben sehr viele verborgene Schätze“, stellte Heinz Enxing am Sonntagnachmittag in Zweckel fest. Und da „die meiste Kunst in den katholischen Kirchen steckt“, hatte der erste Vorsitzende des Vereins für Orts- und Heimatkunde zu einem Besuch der Herz-Jesu-Kirche eingeladen.
Dreißig neugierige Bürger waren der Aufforderung gefolgt, „tatsächlich auch einige aus der Gemeinde“, schmunzelte Enxing. Mit der Architektur des Kirchenbauwerks begann der eineinhalbstündige Rundgang, durch ein kurzes Eintauchen in die Historie der katholischen Kirchengemeinden in Gladbeck und Umgebung in den geschichtlichen Kontext gesetzt. „Ein schnelles Anwachsen der Bevölkerung durch den Bergbau machte Neugründungen notwendig.“ Während vorher Kirchen „gotisch auszusehen hatten. Punkt“, konnte durch die Fürsprache von Seelsorger Johannes van Acken eine neo-barocke Architektur durchgesetzt werden, „eine Rarität damals“.
Führung durch das Gotteshaus mit Peter Rademacher
Enxing ließ sich bei der Führung von Peter Rademacher unterstützen, der 39-jährige war in der Gemeinde Messdiener und Küster, kennt Herz-Jesu in- und auswendig. „Was schätzen Sie wie groß die Uhr an der Fassade ist?“, ein paar Zahlen wurden in die Runde geworfen, aber die Dimension von 4,50 Meter Durchmesser erriet niemand. Auch die Betonstatue „Der gute Hirte“ erstaunte mit der Größe von 2,50 Metern. „Bei der Restaurierung wollten wir das Schaf schon schwarz anmalen“, witzelte Rademacher – der Rundgang wurde immer mal wieder durch Anekdoten oder lustigen Bemerkungen aufgeheitert.
Nach der Besichtigung der schlesischen Glocke aus dem Jahr 1754, ein Geschenk der Nachkriegszeit vom „Glockenfriedhof“ der nichteingeschmolzenen Metallkunstwerke, ging es in den Innenraum. „Fenster waren früher die Bibel der Armen“, erklärte Enxing. Die Menschen konnten weder lesen noch schreiben, die bunten Bilder erklärten die Geschichten der Evangelien und Heiligen. „Beim Auftrag für neue Scheiben nach dem zweiten Weltkrieg konnte der Künstler hingegen seinen Sinn für Metaphorik und Symbolkraft entfalten.“
Die Besucher bewunderten den barocken Altaraufsatz
In der Tat hat der aus Werl stammende Künstler Egbert Lammers 1964 hier wunderbare Meisterwerke erschaffen. Die sechs Sakramente Buße, Firmung, Taufe, Krankensalbung, Weihe und Ehe sind durch spezifische Farben und kleinen markanten Hinweisen dargestellt, die versteckt durch die gebrochenen Strukturen der Bleiverglasung zu genauem Schauen und Meditation einladen.
„Nicht allen gefiel das Kunstwerk damals, es kursierte der Witz, der Lastwagen hätte bei Anlieferung einen Unfall gehabt und man habe die Scherben trotzdem genutzt“, konnte Enxing berichten. Die Besucher bewunderten danach den barocken Altaraufsatz vom Niederrhein, die Darstellungen der vier Evangelisten in der Vierung, das kostbare Vortragekreuz von 1900 aus vergoldetem Messing mit den Sonnenstrahlen, Verkörperung des siegreichen Christus, und das Schlichte aus den 1980er Jahre aus Ebenholz mit Mineralsteinen.
Zum Abschluss erklang noch die Orgel
„An unseren liturgischen Gegenständen lässt sich der jeweilige Zeitgeist sehr gut ersehen“, erklärte Rademacher. Das zeigte er ebenfalls in der Sakristei anhand der verschiedenen feingefertigten Messgewänder und Kelchen.
Zum Abschluss ließ Rademacher die Orgel ertönen und bescherte den Besuchern einen Beweis der außergewöhnlich guten Akustik im Kirchenraum. Mancher musste noch schmunzeln, hatte Enxing doch eingangs erklärt, die Orgel sei aus Gelsenkirchen nach Gladbeck gekommen, und da sie größer sei als die Orgel in St. Lamberti, habe es dann süffisant geheißen, „in Zweckel gibt es die meisten Pfeifen“.
>> Hintergrund: Die liturgischen Gegenstände
Wertvollen liturgische Gegenstände wie das Messbuch für die hohen Feiertage, mit einem goldenen Einband und verziert mit blinkenden Mineralsteinen werden normalerweise im Tresor der Kirche aufbewahrt.
„Aber auch für die anderen Gegenstände lohnt sich ein Diebstahl nicht“, informierte Rademacher. Die Sanctus-Schellen haben einen Materialwert von vielleicht 30 Euro, ihr Wert für die Gemeinde ist symbolischer Natur. Alle Gegenstände sind mit der Gemeindegeschichte verwurzelt. Viele wurden von Mitgliedern der jährlichen Wallfahrten nach Kevelaer als Geschenke mitgebracht.