Gladbeck. . Im Haus an der Friedrichstraße hatten die „Kaiserliche Post“, die Sparkasseund die VHS ihr Domizil. Heute ist es eine Anlaufstelle für Senioren.

In wenigen Wochen starten die Arbeiten zur energetischen Sanierung und zum weitgehend barrierefreien Umbau des Fritz-Lange-Hauses. Anlass für uns, einen Blick in die wechselvolle Geschichte des Gebäudes an der Friedrichstraße zu werfen. Sehr hilfreich dabei: „Hausherr“ Ulrich Hauska, Leiter der Abteilung Senioren und Gesundheit bei der Stadtverwaltung. Er hat 2015 in alten Akten gewühlt die Historie des stadtbildprägenden Gebäudes dokumentiert.

Grundstück taucht erstmals 1887 in Unterlagen auf

Das Grundstück „Flur XI No. 582/2 der Kataster-Gemeinde Gladbeck“ taucht in den Unterlagen der Stadtverwaltung erstmals 1887 auf: Am 23. Februar beantragt der Metzger Bernhard Gay den Bau eines Schlachthauses. Hauska: „Ob das Anliegen umgesetzt wurde, ist der Bauakte leider nicht zu entnehmen.“ Allerdings: Als im Jahr 2011 die Standsicherheit des Gebäudes überprüft wurde, stießen die Arbeiter bei Probebohrungen auf Tierzähne von Schweinen und Rindern – zumindest ein starkes Indiz dafür, dass dort tatsächlich einmal ein Schlachthaus stand.

1904 erteilte Amtmann Korte die Genehmigung zur Errichtung eines Postgebäudes

Wie es weiterging auf dem Grundstück Friedrichstraße 7, ist belegt: 1904 erteilt Amtmann Korte Heinrich Norpoth den Bauschein zur Errichtung eines Postgebäudes. Norpoth betreibt am Marktplatz eine Gaststätte. Die Räumlichkeiten, die er der Post dort zur Verfügung stellt, sind für die wachsende Stadt zu klein geworden. Der Gastwirt lässt auf seinem Grundstück an der Friedrichstraße einen Neubau errichten und vermietet ihn an die Post.

Ein historisches Foto vom Fritz-Lange-Haus: 1905 zog die Post an der Friedrichstraße 7 ein.
Ein historisches Foto vom Fritz-Lange-Haus: 1905 zog die Post an der Friedrichstraße 7 ein. © Stadtarchiv Gladbeck

Schon 1913 reicht der „Kaiserlichen Post“ auch diese Immobilie nicht mehr. Sie baut auf dem Grundstück zusätzlich ein „einstöckiges Holzgebäude – Baracke“. Ende der 1920er Jahre schließlich zieht das Postamt in seinen Neubau an der heutigen Humboldtstraße/Postallee.

Die Sparkasse blieb über Jahrzehnte, zog erst 1963 in den Neubau an der Friedrich-Ebert-Straße

Neuer Hausherr an der Friedrichstraße wird die städtische Sparkasse, die das Gebäude gekauft und kräftig umgebaut und erweitert hat. Einzug ist im September 1929. Die Stadtsparkasse bleibt Jahrzehnte an diesem Standort, lässt nach dem 2. Weltkrieg die Schäden beseitigen, stockt das Gebäude Anfang der 50er Jahre auf und verlegt erst 1963 seinen Sitz in den Neubau an der Friedrich-Ebert-Straße.

Die Schalterhalle in der Städtischen Sparkasse anno 1929.
Die Schalterhalle in der Städtischen Sparkasse anno 1929. © Stadtarchiv Gladbeck

An der Friedrichstraße zieht die Volkshochschule mit Geschäftsstelle und Unterrichtsräumen ein, und schon damals deutete sich eine Nutzung an, die sich inzwischen längst verstetigt hat: Die ehemalige Schalterhalle wird als „Altenstube“ genutzt.

Senioren geben seit 1988 endgültig den Ton an. Nach einer Komplettsanierung – überwiegend mit Mitteln aus dem Stadterneuerungsprogramm des Landes NRW – wird am 7. März 1988 die Begegnungsstätte Mitte feierlich eröffnet.

Das Gebäude erhält den Namen Fritz-Lange-Haus, benannt nach Gladbecks erstem Nachkriegs-Oberbürgermeister (im Amt 1946-58).

Seniorenbeirat hat heute ein Büro im ehemaligen Tresor

1990 zieht die städtische Altenhilfe vom Rathaus ins 1. Stockwerk des Hauses und wird zum Sachgebiet „Seniorenberatung“. Und schließlich findet 2012 auch der Seniorenbeirat – in Gladbeck seit 1979 aktiv – im Fritz-Lange-Haus Platz für ein Büro, und zwar im alten Tresorraum der Sparkasse. Dessen Schlüssel galten lange als verschollen und tauchten dann doch wieder auf. Nach mehr als 20 Jahren wurde die Tresortür wieder aufgeschlossen.

So farbenprächtig sah die Giebelfront zwischenzeitlich auch mal aus. Der üppige  Bewuchs musste allerdings entfernt werden, da er Dach und Fassade beschädigte.
So farbenprächtig sah die Giebelfront zwischenzeitlich auch mal aus. Der üppige Bewuchs musste allerdings entfernt werden, da er Dach und Fassade beschädigte. © Stadtarchiv

Ulrich Hauska erinnert sich an die medienwirksame Aktion: „Im Tresorraum fanden sich leider keine Schätze der Sparkasse, sondern Dinge aus Zeiten des Kalten Krieges: 1,2 Millionen Chlortabletten zur Desinfektion der 31 Trinkwassernotbrunnen, dazu Tausende Lebensmittelbezugsscheine, Benzingutscheine und andere Versorgungskarten.“

Das Fritz-Lange-Haus heute: Jetzt wird es barrierefrei und energetisch umgebaut.
Das Fritz-Lange-Haus heute: Jetzt wird es barrierefrei und energetisch umgebaut. © Thomas Schmidtke

Mit Ausnahme von Unterrichtsräumen der VHS ist das Fritz-Lange-Haus also in erster Linie ein Ort für Senioren, Grund genug, das Gebäude jetzt barrierefrei zu gestalten. 868 000 Euro fließen in die Baumaßnahme, die im April beginnt und im September abgeschlossen sein soll.