Gladbeck. . Zum Start in das neue Semester der Volkshochschule las die bekannte Autorin aus ihrem Buch „Alles kein Zufall“. Publikum fordert eine Zugabe.
„Sie ist Schriftstellerin, Literaturkritikerin, Kabarettistin, Moderatorin, Journalistin und Opern-Librettistin“, wie Dietrich Pollmann, Leiter der Volkshochschule Gladbeck, am Dienstagabend Elke Heidenreich vor vollbesetztem Saal im Martin Luther Forum Ruhr einführte. In Essen aufgewachsen, war der Abend in Gladbeck fast ein Heimspiel für sie. Die Veranstaltung war bereits Wochen vorher ausverkauft.
Zeit zu sortieren und zu schauen
Elke Heidenreich las aus ihrem Erzählband „Alles kein Zufall“, eine Sammlung von kurzen Geschichten und Miniaturen, das meiste selbst erlebt, manches erfunden, einiges von Freunden zugetragen. Mehr als 150 Stücke finden sich in dem Band, der im Hanser-Verlag erschienen ist. „Ich habe mein Leben lang Tagebuch geführt“, erzählt die inzwischen 73-Jährige.
Es sei nun an der Zeit, zu sortieren, zu schauen, was bleibt und was nicht: „Dabei sind mir so viele Notizzettel in die Hände gefallen, auf denen ich notiert habe, was mir auffiel, was ich festhalten wollte.“ Ihr Verlag habe daraus ein Buch gemacht. Für ihre Lesungen hat sie sich eine Kombination aus Text und Musik überlegt.
Am Piano sitzt Marc-Aurel Floros, Musiker, Komponist und seit einigen Jahren ihr Lebenspartner. „Ich habe festgestellt, dass dieses Lesen von kleinen Stücken sowohl das Publikum als auch mich anstrengt, da braucht es Pausen.“ Allerdings habe man kein starres Konzept bei diesen Lesungen. Sie entscheide spontan, was sie lese und er, was und wann er spielt.
Geschichten aus dem Alltag
Wenn sie einen Zettel zur Hand gehabt hätte – dies wäre sicher eine Notiz wert gewesen. Bevor Elke Heidenreich beginnen kann, eilt eine ältere Dame aus dem Publikum ans Piano und beklagt sich, dass ihr das Instrument die Sicht auf die Autorin versperre. „Ich kann doch jetzt nicht das Klavier verrücken“, sagt Floros.
Die kurzen Texte im Buch sind alphabetisch angeordnet und so geht Heidenreich auch bei der Lesung vor. Sie beginnt mit der Titelgeschichte „Alles kein Zufall“, die im Buch allerdings ganz hinten steht. Hier beschreibt sie ihr unterschiedliches Elternpaar, lakonisch pointiert: „Meine Mutter war ernst und sparsam, mein Vater warf das Geld mit vollen Händen aus den Taschen. Sie las, er stand an der Theke, sie hörte Opern, er lachte über Leute, die im Stehen sterben und dabei noch singen.“
Publikum erweist sich textsicher beim Mitsingen
Im Publikum gab es ebenfalls viel zu lachen an diesem Abend, aber auch den einen oder anderen still-melancholischen Part. Es sind Geschichten des Alltags, Beobachtungen am Rande und so mancher mag sich gedacht haben, dies sei ihm auch schon einmal so passiert. Elke Heidenreich und Marc-Aurel Floros werfen sich die Bälle zu. Er kommentiert ihre Texte mit der entsprechenden Musik.
Vier Mal habe sie für Kräche unter Brüdern gesorgt, in die sie sich verliebt habe, erzählt die Autorin, liest den entsprechenden Text und er spielt den Hochzeitsmarsch von Felix Mendelssohn Bartholdy. „Ganz Paris träumt von der Liebe“ wird nach einem Paristext angeschlagen, nach einem Stück über ihre Kindergartenzeit erweist sich sogar das Publikum als textsicher bei „Hänsel und Gretel“.
Nach dem nachdenklich stimmenden Stück „Yannick“, das Heidenreich zu ihrem Lieblingstext erklärt, ist Schluss – aber noch nicht ganz, denn das Publikum fordert eine Zugabe, die es im besten Ruhrgebietsslang bekommt. Ein Abend, der den Satz von Sven Regener, der am Ende des Buches steht, bestätigt. „Ganz leicht, ganz leicht muss es nicht sein.“
Drei Fragen an die Autorin
Vor ihrer Lesung stellte sich Elke Heidenreich den Fragen der WAZ.
Ihre Pläne für 2017?
Ich habe 40 Lesungen mit dem Buch „Alles kein Zufall“ hinter mir. Ich will unbedingt weniger machen und endlich lesen, was ich will und nicht mehr nur, was ich muss. Nach der heutigen Autofahrt von Köln hierher, die vier Stunden gedauert hat, habe ich beschlossen, nur noch zu Lesungen ins Ruhrgebiet zu kommen, wenn es eine vernünftige Zugverbindung gibt.
Else Stratmann ist Geschichte?
Die Else habe ich seit 1976 gemacht, zwei Mal bei den Olympischen Spielen. Das war für mich sehr wichtig, aber sie ist natürlich eine Kunstfigur. Es gibt ja mehr im Leben. 1988 habe ich entschieden, dass Schluss sein muss. Seither habe ich sie nie wieder gespielt.
Weitere Büchersendungen?
Ich hatte ja eine Sendung beim ZDF. Mit dem Sender habe ich mich zerstritten. Im „Literaturclub“ auf 3sat stelle ich jetzt Neuerscheinungen vor und in Köln machen wir den „Literarischen Salon Wolkenburg“